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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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machte.
    »Ich würde die Sache gerne wieder gutmachen, Herr Polizeipräsident.«
    »Wieder gutmachen? Wie wollen Sie so einen Schaden wieder gutmachen? Lächerlich!«
    Rath ahnte, warum Zörgiebel so aufgebracht war. Für die nächste Woche hatte die SPD in Magdeburg ihren Parteitag anberaumt.
     Und da würde der Berliner Polizeipräsident seinen sozialdemokratischen Parteifreunden Rede und Antwort stehen müssen zu den
     blutigen Maikrawallen und überhaupt zu Sicherheit und Ordnung in der Reichshauptstadt. Mit den Schlagzeilen, die er zuletzt
     gemacht hatte, konnte Zörgiebel bei seinen Genossen nicht viel Eindruck schinden. Und jetzt noch der Vorfall auf dem Friedhof!
     Eine Blamage sondergleichen, ein Autoritätsverlust! Zörgiebel hatte ganz einfach Angst, dass die Sozis über ihn herfallen
     würden.
    »Ich wollte damit nur sagen, Herr Polizeipräsident: Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, werde ich das tun. Geben Sie mir
     wenigstens eine Chance.«
    »Ich gebe Ihnen noch eine einzige Chance, lieber Herr Rath, und ich rate Ihnen, die auch zu nutzen: Schaffen Sie mir endlich
     den Schuldigen herbei, der diese grausamen Verbrechen zu verantworten hat und die Polizei so unverfroren an der Nase herumführt.
     Damit wir diesen Unmenschen endlich aus dem Verkehr ziehen können. Spätestens in fünf Tagen will ich Ergebnisse sehen!«
    »Das ist nicht viel Zeit, Herr Polizeiprä…«
    »Wenn Sie Ihren Schreibtisch in der Inspektion A behalten wollen, dann sollten Sie diese Zeit nutzen!«
    »Eigentlich hat Oberkommissar Böhm diesen Fall bearbeitet, und Kriminalrat Gennat …«
    »Wie Sie das anstellen, das ist mir herzlich egal! Wenn Böhm Sie nicht will, dann arbeiten Sie eben allein. Das können Sie
     doch so gut!« Zörgiebel stellte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und zeigte auf die Tür. »Und nun machen Sie, dass Sie
     hinauskommen! Gehen Sie an die Arbeit! Wenn Sie das nächste Mal durch diese Tür spazieren, sollten Sie mir etwas mitbringen.
     Einen Mörder. Und diesmal bitte mit stichhaltigen und gerichtsverwertbaren Beweisen! Haben wir uns verstanden?«
    Rath nickte und öffnete die Tür. Ja, er hatte verstanden. Und er war sicher, dass auch Dagmar Kling jedes Wort verstanden
     hatte.
    Dr. Schwartz hatte so zügig gearbeitet wie noch nie. Selbst der Obduktionsbericht im Fall Jänicke hatte nicht so schnell auf
     dem Tisch gelegen wie der im Fall Kardakow.
    Mit Mühe nur hielt Rath die Augen offen und quälte sich durch das Medizinerdeutsch. Es war schon spät. Er zündete sich noch
     eine Zigarette an, um wach zu bleiben, der Aschenbecher vor ihm auf dem kleinen Wohnzimmertisch in Gennats Büro quoll bereits
     über. Er und der Buddha waren die Einzigen, die noch in der Inspektion A saßen.
    Als Letzte war Trudchen Steiner gegangen. Die Sekretärin hatte ihnen noch die Abendzeitungen gebracht, bevor sie sich verabschiedete.
     Den Zwischenfall auf dem Georgenfriedhof hatten fast alle Blätter groß aufgemacht. Niemand hatte ein Foto der Leiche gebracht.
     Die meisten hatten das alte Porträt von Kardakow noch einmal ausgegraben und neben ein aktuelles Foto von Jänickes Begräbnis
     gestellt. Bei einigen Blättern schossen die Spekulationen wild ins Kraut, das hatte Rath erwartet. Der Buddha offensichtlich
     auch, die Berichte schienen ihn nicht aus der Ruhe zu bringen. Der Kriminalrat saß an seinem Schreibtisch und paffte nachdenklich
     an seiner Zigarre.
    »Wollen Sie nicht mal langsam nach Hause gehen, Herr Kommissar?«
    Gennat schien ernsthaft besorgt.
    »Nein, Herr Kriminalrat. Ich habe Mist gebaut, und das möchte ich wieder ausbügeln. Wenn es sein muss, arbeite ich die ganze
     Nacht.«
    »Ich muss nicht nach Hause, ich verfüge hier über ein Bett«, sagte Gennat, »aber das werde ich mit Ihnen nicht teilen!«
    Rath lachte. »Das wird auch nicht nötig sein, Herr Kriminalrat. Wenn Sie zu Bett gehen wollen, sagen Sie bitte Bescheid. Dann
     nehme ich ein Taxi und fahre ins Hotel.«
    »Wohnen Sie immer noch im Excelsior ?«
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir irgendwo ein nettes möbliertes Zimmer zu suchen.«
    »Erinnern Sie mich morgen mal daran. Vielleicht kann ich da was für Sie tun!«
    So feindselig ihm viele andere – insbesondere Böhm und Charly – in der Burg derzeit auch gegenüberstehen mochten, Gennat behandelte
     ihn gut. Er hatte deutlich gemacht, dass er Rath dabeihaben, seine Kenntnisse zur Person Kardakow nutzen wollte. Auch wenn
     das die Polizei einmal auf eine

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