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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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falsche Fährte geführt hatte. Dennoch glaubte der Buddha, dass Rath ihnen in Sachen Kardakow
     eine wertvolle Hilfe sein könnte. Auch wenn das Böhm nicht passte.
    Rath vertiefte sich wieder in den Obduktionsbericht. Ein seltsamer Bericht: Eigentlich hatte er ein ähnliches Ergebnis wie
     im Fall Möckernbrücke erwartet, und es gab auch viele Parallelen, einiges aber war überraschend anders.
    Wie bei Boris hatten die Misshandlungen auch bei Kardakow nicht zum Tod geführt. Wahrscheinlich waren bei beiden Russen dieselben
     Folterexperten am Werk gewesen. Profis, die wussten, wie sie wehtun konnten, ohne tödlich zu verletzen. Und die Drogen ganz
     bewusst einsetzten. Quälen und Aufpäppeln im steten Wechsel. Bei richtigen Antworten eine erlösende, schmerzstillende Spritze
     versprechen, erst das entlockte dem Opfer Antworten, nicht der Schmerz allein. Auch in Kardakows Körper konnte Schwartz Spuren
     von Heroin nachweisen, zudem hatte er ähnlich wie bei Boris Injektionsstellen gefunden. Allerdings hatte die Droge bei Kardakow nicht zum Tod geführt.
    Gestorben war der Mann offensichtlich an einer Zyankali-Vergiftung. In seinem Mund hatte Dr. Schwartz Reste des Giftes gefunden,
     zudem dünne Glassplitter, die darauf schließen ließen, dass Kardakow die Giftkapsel selbst zerbissen hatte. Also Selbstmord?
     Oder hatten seine Folterknechte ihm die Kapsel unter Zwang in den Mund geschoben? Hatten sie das auch mit Boris vorgehabt?
     War der Herointod ein Unfall? Eine zu hohe Dosis aus Versehen?
    Zwei fast identische Todesfälle. Nur dass ein Opfer an einerÜberdosis Heroin gestorben war, das andere an einer zerbissenen Zyankali-Kapsel.
    Der Fall erschien ihm rätselhafter denn je.
    Gennat hatte die Zeitungen beiseite gelegt und studierte noch einmal den Bericht des Erkennungsdienstes.
    »Was meinen Sie, wo unser Freund begraben war, bevor man sich entschloss, ihn wieder auszubuddeln?«, fragte er, dabei auf
     seiner Zigarre kauend.
    Auch Rath hatte das Papier vorhin gelesen. In den Erdkrumen an der Kleidung des Toten hatten Kronbergs Leute Fichtennadeln
     gefunden. Auf dem Georgenfriedhof gab es keine Fichten.
    »Das deutet auf einen Waldboden hin, meinen Sie nicht?«
    »Genau das habe ich auch gedacht. Wir sollten uns mal eine Liste sämtlicher Fichtenwälder rund um Berlin kommen lassen. Vielleicht
     finden wir ja sein altes Grab.«

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    29
    D ie Stadt erwachte gerade, da saß Rath bereits wieder in der Burg, zurückgezogen in seinem kleinen Büro wie in einer Einsiedelei.
     Gennat hatte tatsächlich im Präsidium übernachtet, Rath hatte ihn beim Rasieren gestört, als er vorhin die Vernehmungsprotokolle
     aus dem Büro des Buddhas holen wollte. Außer ihnen war noch kein Mensch in der Inspektion A auf den Beinen. Rath hatte kaum
     geschlafen; er nahm Zörgiebels Drohung ernst. Zeit war kostbar in diesen Tagen.
    Er hatte die Protokolle der gestrigen Vernehmungen Seite für Seite noch einmal durchgeackert. Kaum verwertbare Beobachtungen.
     Die Aussage des Mannes aus der Heinrich-Roller-Straße 19, ein Karren, den zwei Männer über die Friedhofsallee zogen. Der habe
     ausgesehen wie der normale Leichenkarren, hatte der Zeuge gesagt, das könne er beurteilen, schließlich sehe er so etwas vonseinem Fenster aus schon mal öfter. Dummerweise hatten die Kollegen nicht gefragt, was auf dem Karren gelegen hatte. Klar
     war, dass es niemand vom Friedhofspersonal gewesen sein konnte. Der Friedhofsgärtner hatte erzählt, dass sie alle, nachdem
     die Vorbereitungen für das Jänicke-Begräbnis erledigt waren, zur Trauerfeier in die Georgenkirche gegangen seien. Ein feierliches
     Polizistenbegräbnis, das erlebten diese Leute auch nicht jeden Tag. Dann hätten die zwei Unbekannten also in die Friedhofskapelle
     eindringen müssen, wo der Leichenkarren normalerweise stand. Die Kapelle aber war abgeschlossen, und Einbruchsspuren hatte
     die Spurensicherung nicht gefunden.
    Ein Zeuge aus der Greifswalder Straße wollte zwei Männer beobachtet haben, die einen Teppich über die Straße geschleppt hatten.
     Einmal ein Karren, einmal ein Teppich – vielleicht hatte man die Leiche ja umgeladen. Jeweils ein Transportmittel gewählt,
     das in der entsprechenden Umgebung nicht auffiel. Beide Zeugen hatten sich bei ihren Beobachtungen nichts gedacht – bis sie
     ein paar Stunden später plötzlich die Fragen der Polizisten hörten. Nur konnte keiner von ihnen die beiden Unbekannten beschreiben.
     Sie seien zu weit weg

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