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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Stube sitzen.«
    »Ich weiß schon, warum ich nie zu den Blauen wollte.«
    »Freu dich nicht zu früh, vielleicht muss die Kripo auch noch auf die Straße.«
    Der gesamte Berliner Polizeiapparat befand sich seit sieben Uhr morgens in höchster Alarmbereitschaft, alle Beamte waren im
     Dienst, Schutzpolizei wie Kriminalpolizei, gut sechzehntausend Mann, selbst von den Lehrgängen hatte man Polizisten geholt.
     Die berittene Polizei hatte sämtliche Parkanlagen gesperrt, um Ansammlungen dort unmöglich zu machen. In den BVG-Betriebshöfen
     zeigte die Polizei Präsenz, um einen Streik zu verhindern, mit dem die Kommunisten die Stadt lahmlegen wollten. Und an allen
     bekannten Aufmarschplätzen in den Arbeitervierteln hatte die Schutzpolizei starke Kräfte zusammengezogen.
    »Die Roten machen jedenfalls Ernst«, meinte Wolter. »Auf dem Alex geht’s schon los. Hat Schultes vorhin in der Kantine erzählt.
     Sein Büro ist ein Logenplatz, beide Fenster gehen zum Platz raus. Sollen wir uns das Schauspiel ansehen?«
    Sie waren nicht die einzigen Beamten, die es ins Büro des Kollegen Schultes gezogen hatte. Vor den beiden Fenstern war kaum
     noch ein Platz zu bekommen. Der Frischling war auch schon da.
    »Zu Aschinger würde ich an eurer Stelle heute nicht gehen«, begrüßte Jänicke seine Kollegen und zeigte aus dem Fenster.
    Im Baustellenchaos auf dem Alexanderplatz hatte sich einegroße Menschenmenge versammelt. Vor dem Warenhaus Tietz standen sie dicht gedrängt, und das sicher nicht wegen der Sonderangebote.
     Mehrere tausend Menschen. Eine Schalmeienkapelle in Marschordnung bog gerade von der Alexanderstraße auf den Platz, dahinter
     folgten die grauen Uniformen des Rotfrontkämpferbundes. Vereinzelt ragten Transparente aus der Menschenmenge. Rath erkannte
     die drei Konterfeis, die auch die Fassade der KPD-Zentrale am nah gelegenen Bülowplatz schmückten: Lenin, Liebknecht, Luxemburg.
     Die heiligen drei L. Seit er in Berlin war, hatte er sich über die Dreistigkeit der Kommunisten geärgert. Wie sie ihre Parteizentrale
     mit den Porträts von Staatsfeinden und ihren Parolen schmückten. Es lebe die Welt-Revolution , so stand es in großen Lettern an der Fassade. Eine einzige Provokation. Und nun trugen die da unten solche Parolen sogar
     direkt vors Polizeipräsidium. Nieder mit dem Demonstrationsverbot stand auf anderen Transparenten. Straße frei am 1. Mai! Auf ein riesiges rotes Tuch hatten sie geschrieben: Es lebe die Sowjetunion, erkämpft euch Sowjet-Deutschland! Links prangte ein Sowjet-Stern, rechts Hammer und Sichel. Und dazwischen immer wieder rote Fahnen, die über den Köpfen der
     Demonstranten flatterten. Sogar auf eine der Dampframmen am Alex hatte ein U-Bahn-Bauarbeiter eine rote Fahne gepflanzt. Auch
     hier oben in den Büros der Burg hörte man die Menge skandieren: »Nie-der mit dem Deee-monstrations-verbot!«
    Das Grau und Braun der Arbeitermützen war umzingelt vom Schwarz der Tschakos und dem Blau der Uniformen. Aus der Königstraße
     kam gerade ein weiterer Lastwagen, von dem ein Trupp Uniformierter absprang, die Kinnriemen festgezurrt. Die Schupos auf dem
     Platz bildeten zusammen mit der Verstärkung eine Kette und zückten die Gummiknüppel. Dann stürmte die blaue Reihe nach vorn.
     Die Sprechchöre kamen zuerst aus dem Takt und verstummten dann ganz, ein Raunen ging durch die Menge. Gummiknüppel sausten
     nieder. Die Demonstranten in der ersten Reihe duckten sich unter den Schlägen, einige stürzten. Ein paar wurden von den Schupos
     herausgezerrt und in eine Grüne Minna verfrachtet, darunter auch ein Mann mit einer roten Sturmfahne. Doch die Menge ließ sich nicht lange beeindrucken. Ein kurzes
     Zurückweichen, dann drängte sie wieder vor. Ein Transparentholz schlug einem Schupo den Tschako vom Kopf. Erste Steine flogen.
     Die Menge begann wieder zu rufen. »Nie-der mit dem Deee-monstrations-verbot!«
    »Haben wir da unten auch Feuerwehraufgaben übernommen?«, fragte Rath. An der Straßenbahnhaltestelle vor dem UFA-Kino hatten
     sich zwei Schupos an einem Hydranten zu schaffen gemacht und schlossen einen Feuerwehrschlauch an.
    »Neue Taktik«, erwiderte Wolter. »Wasser statt Knüppel. Pass auf, gleich werden die Demonstranten nass gemacht.«
    Er sollte Recht behalten. Kaum hatten die beiden Beamten den Schlauch angeschlossen, hieß es: Wasser marsch! Der Polizist
     am Strahlrohr hielt mitten in die Menge, die überrascht auseinanderstob. Einige wurden von der Kraft des

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