Der Nautilus-Plan
Job nicht mehr länger machen«, sagte er. »Irgendwann habe ich mich in der Zeit beim MI6 selbst aus den Augen verloren. Mein Job war einfach nur noch langweilig, wirklich. Ich möchte mal sehen, was es sonst noch gibt.«
»Ich bin froh, dass du mitkommst. Wirklich sehr froh. Mir geht es übrigens genauso. Deswegen möchte ich an der Uni bleiben. Die Studenten machen mir Hoffnung.«
»Ich weiß.« Behutsam zog Simon an ihrer Hand, bis sie wieder dicht neben ihm stand. Inzwischen war die Sonne hinter den Hügeln untergegangen. Der Himmel war rot.
»Hast du das gesehen?«, fragte Liz.
»Nein. Was?«
»Auf dem Hügel dort drüben. Ein kurzes Aufblitzen. Jetzt ist es nicht mehr zu sehen.«
»Vielleicht ein Radfahrer oder ein Schafhirte mit etwas Metallischem an seinem Rucksack. Lass uns jetzt lieber fahren. Die Fahrt nach Cefalù dauert ziemlich lang.«
Sie nickte, und er legte den Arm um ihre Schulter, und gemeinsam gingen sie zum Pick-up.
Sie schlang ihm den Arm um die Taille, und ihr Körper passte sich dem Rhythmus seiner Schritte an. »Wusstest du übrigens, dass es in Gangi ein heidnisches Fest gibt? Die Kirche ist darüber natürlich nicht sonderlich begeistert. Die Sagra della Spiga ist eine Prozession der alten Fruchtbarkeitsgottheiten Pan, Bacchus und Ceres. Als ich im Bongiorno Palazzo von Gangi war, hat mir jemand erzählt, auf dem Monte Alburchia habe es möglicherweise einen von den Griechen erbauten Fruchtbarkeitstempel gegeben.«
»Die Griechen? Ich hatte ganz vergessen, dass sie auf ihren Eroberungszügen so weit vorgedrungen sind.«
»Interessant, nicht? Egal, wohin es uns Menschen verschlägt, nehmen wir – in der einen oder anderen Form – immer unsere Götter mit.«
Während sie sich weiter leise in vertraulichem Ton unterhielten, richtete sich auf dem Hügel, auf dem Liz den Lichtblitz gesehen hatte, ein Mann in die Hocke auf. Er hatte bisher unter einem Ölbaum auf dem Bauch gelegen und Liz und Simon mit einem leistungsstarken Richtmikrophon belauscht und mit einem Fernglas beobachtet. Einen Augenblick lang hatte er gefürchtet, von ihnen entdeckt worden zu sein. Aber seine Befürchtungen hatten sich als unbegründet erwiesen, weil Liz mit Simon und der Zukunft beschäftigt war. Das war gut so; es war ganz in seinem Sinn.
Er strich mit der Hand über die Haare, die auf seinem Kopf wieder zu sprießen begannen. Bald wäre sein Haar wieder voll, dicht und grau. Er unterdrückte das plötzliche Verlangen, bei seiner Tochter zu sein, packte seine Ausrüstung ein und wanderte in die Nacht davon.
ANMERKUNGEN
DER AUTORIN
Vor acht Jahren stieß ich bei Recherchen auf eine jener Meldungen, die das unverzichtbare Nahrungsmittel eines jeden Romanautors sind. Die Rede war von einem jährlichen Treffen mächtiger Wirtschaftsgrößen, die sich die Bilderberg Group nannten. Ich war fasziniert. Im Gegensatz zum extrem prominent besetzten Weltwirtschaftsforum, das normalerweise in Davos zusammentritt, und zu Allen & Co. das für seine ebenso diskreten wie hochkarätigen Gipfeltreffen in Sun Valley, Idaho, bekannt ist, waren mir die Bilderberger vollkommen unbekannt.
Aus gutem Grund. Wie sich herausstellte, meidet diese Eliteorganisation die Öffentlichkeit nicht nur, sie schließt sie sogar gezielt aus. Oder wie es die Toronto National Post am 24. Mai 2001 ausdrückte: »Die Konferenz findet unter strengster Geheimhaltung und Abschirmung statt, und jede Berichterstattung durch die Medien ist untersagt.«
1995 hatte ich jedoch noch keine Ahnung, womit ich es da zu tun hatte. Ich stürzte mich einfach auf dieses Thema, nistete mich in der Bibliothek ein, durchforstete tausende amerikanischer Zeitungen, Nachrichtenmagazine und Bücher. Ich bin gut im Recherchieren. Ich weiß, wie man die geheimsten Informationen findet, aber in diesem Fall biss ich mir die Zähne aus – bis ich auf Spotlight stieß, eine rechtsgerichtete, populistische Wochenzeitung mit Sitz in Washington, D.C. die behauptete, seit über zwanzig Jahren über die jährlichen Zusammenkünfte der Bilderberger berichtet zu haben. Indem ich die politisch extreme Ausrichtung von Spotlight außer Acht ließ und mich lediglich auf die vor Ort aufgenommenen Fotos, die Teilnehmerlisten und die Orte der seit 1954 jährlich stattfindenden Versammlungen konzentrierte, gelangte ich mehr und mehr zu der Ansicht, dass die Bilderberg Group nicht nur real existierte, sondern auch eine fantastische Grundidee für ein Buch abgeben müsste.
Die
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