Der Nautilus-Plan
Probe aufs Exempel erfolgte ein Jahr später, als Spotlight ankündigte, die Bilderberg Group werde ihre nächste geheime Zusammenkunft in einem Luxushotel außerhalb Torontos abhalten. Ich bestellte den Toronto Star und hielt den Atem an. Am 6. Juni 1996 lag mir endlich eine Bestätigung seitens einer etablierten Nachrichtenquelle vor: »Unter strenger Geheimhaltung findet die diesjährige Bilderberg-Konferenz statt, an der 120 Größen aus Wirtschaft und Politik teilnehmen«, berichtete der Star. Versammlungsort war das Fortbildungszentrum der Canadian Imperial Bank of Commerce auf der ehemaligen King City Ranch.
An diesem Abend genehmigte ich mir zur Feier des Tages ein großes Glas hervorragenden Pinot noir.
Während ich über die Jahre hinweg mehrere andere Romane schrieb, setzte ich dennoch meine Recherchen über die Bilderberger fort – ein Hobby, vielleicht auch eine fixe Idee von mir. Das hatte zur Folge, dass die Nautilus Group in diesem Buch in ihren Grundzügen der Bilderberg Group nachempfunden ist. Beider Hauptsitz befindet sich in Den Haag, beide sind nach den Hotels benannt, in denen sie zum ersten Mal offiziell zusammentraten, und beide leisten sich strengste Sicherheitsvorkehrungen, Ansteckausweise in unterschiedlichen Farben und Suchhunde. Aber damit hören die Ähnlichkeiten auf. Zum Beispiel liegen mir keine Informationen vor, dass innerhalb der Bilderberg Group ebenfalls ein harter Kern wie die Schlange existiert.
Zu meiner Genugtuung kann ich berichten, dass dank der Hartnäckigkeit einiger Journalisten und Demonstranten sowie der schier unerschöpflichen Möglichkeiten des Internets die Berichterstattung über die Organisation zusehends ausführlicher wird. So bezeichnet zum Beispiel die Londoner Sunday Times die Bilderberg-Zusammenkünfte etwas spöttisch als »die weltbeste Gelegenheit, Beziehungen zu knüpfen«, während in der portugiesischen Noticias allen Ernstes davon die Rede ist, dass die Mitglieder und Gäste der Gruppe »die ungewählten Führer der Welt« sind.
In einem ironischen Artikel des Guardian für England und Wales steht: »Laut Aussagen mancher Personen handelt es sich dabei um eine unselige Schattenweltregierung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Weltwirtschaft unter ihre Kontrolle zu bringen. Warum also … findet sich über dieser Kolumne das Bild Lord Carringtons? Er steht zusammen mit Henry Kissinger und David Rockefeller, milliardenschwerer Besitzer der New Yorker Chase Manhattan Bank, an der Spitze der Bilderberg Group … Worüber sie sprechen werden? Keine Ahnung. Es gibt keine Presseerklärungen, keine Tonaufnahmen, keine Fototermine …«
Die Atlanta Constitution scheint sich für besser informiert zu halten: »… laut Aussagen der Bilderberger dient die von den Delegierten erbetene Zusage, über die Treffen Stillschweigen zu bewahren, lediglich dem Zweck, eine entspannte, ungezwungene Atmosphäre zu schaffen, in der sich diejenigen, die weitreichenden Einfluss auf Landespolitik und weltpolitische Entwicklungen haben, kennen lernen und unbefangen über ihre gemeinsamen Probleme sprechen können.«
Da jedoch an diesen Treffen Leute wie der Mediengigant Donald Graham von der Washington Post , der Bankier Edmond de Rothschild, DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp und Politiker vom Kaliber eines James D. Wolfensohn von der Weltbank und des US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld teilnehmen … bleibt mein Interesse an den Bilderbergern ungebrochen.
Sie mögen ja nur aus dem Nähkästchen plaudern, aber der geheime Charakter ihrer Zusammenkünfte reizt zu allen möglichen Spekulationen. Wie es die Financial Times einmal ausdrückte: »Wenn die Bilderberg Group nicht eine Art von konspirativem Geheimbund ist, ist sie zumindest so organisiert, dass sie eine bemerkenswert gute Nachahmung abgibt.«
Ihr gegenwärtiger Generalsekretär, Martin Taylor von WH Smith, hat laut Sunday Times erklärt, sein Bestes getan zu haben, um die Öffnung nach außen zu intensivieren. Andererseits sind die Protokolle ihrer Treffen seit einem halben Jahrhundert geheim, was dieser Absicht eindeutig entgegensteht. Als das Time Magazine in seiner Ausgabe vom 20. Juli 1998 die sechs führenden »Power Business Camps« durchleuchtete, bewertete es unter anderem auch deren exklusiven Charakter. Zehn Punkte standen für besondere Exklusivität. Nur eine Gruppe erhielt diese Wertung – die Bilderberger.
Allen, die sich weiter zu diesem Thema informieren wollen, empfehle ich zwei
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