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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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zer­trüm­mert wor­den. Die Wirk­sam­keit ei­nes Zau­nes lag min­des­tens zur Hälf­te dar­in, daß die Tie­re zu un­wis­send wa­ren, um lan­ge ge­nug da­ge­gen an­zu­ren­nen. Nun, jetzt wuß­ten sie es, wie es schi­en.
    „Ich wer­de den Bur­schen mit ei­nem Bull­do­zer be­gra­ben müs­sen“, sag­te Brock. Es wur­de für ihn im­mer na­tür­li­cher, laut mit Joe zu re­den. „Wer­de ich mor­gen tun. Jetzt wol­len wir Abend­brot es­sen, Jun­ge, und dann wer­den wir le­sen und Mu­sik hö­ren. Von jetzt an sind wir al­lein, glau­be ich.“

 
6
     
    Je­de Stadt ist ein le­ben­der Or­ga­nis­mus, aber Co­rinth war sich über des­sen kom­ple­xes, schwie­ri­ges und la­bi­les in­ne­res Gleich­ge­wicht nie rich­tig klar ge­we­sen. Jetzt, da die­ses Gleich­ge­wicht nicht mehr exis­tier­te, trieb New York rasch auf den Zer­fall, auf den Tod zu. Nur we­ni­ge U-Bah­nen wa­ren noch in Be­trieb, ein Not­dienst, der von den­je­ni­gen auf­recht­er­hal­ten wur­de, die pflicht­be­wußt ge­nug wa­ren, um ei­ne völ­lig mo­no­ton und lang­wei­lig ge­wor­de­ne Ar­beit fort­zu­set­zen. Die Bahn­hö­fe wa­ren leer und dun­kel, und im Krei­schen der Rä­der lag qual­vol­le Ver­las­sen­heit. Co­rinth ging zu Fuß zur Ar­beit, folg­te schmutz­be­deck­ten Stra­ßen, de­ren Ver­kehr zu ei­nem arm­se­li­gen Rest des frü­he­ren Stroms ver­si­ckert war.
    Er­in­ne­rung, fünf Ta­ge alt: Die Stra­ßen ver­stopft und blo­ckiert, ei­ne Stahl­bar­ri­ka­de, über 16 Ki­lo­me­ter lang, schrill und laut hu­pend, bis selbst die höchs­ten Fens­ter klirr­ten, er­füll­te die Luft mit Aus­puff­ga­sen, die sich er­sti­ckend auf die Bron­chi­en leg­ten – blin­de Pa­nik, ein Mob, der aus ei­ner Stadt floh, die er für er­le­digt hielt, mit ei­ner Flucht­ge­schwin­dig­keit, die bei un­ge­fähr fünf Mei­len pro Stun­de lag. Zwei Wa­gen hat­ten ih­re Stoß­stan­gen in­ein­an­der ver­keilt, und die Fah­rer stie­gen aus und kämpf­ten, bis ih­re Ge­sich­ter blu­ti­ge Mas­ken wa­ren. Po­li­zei­hub­schrau­ber wa­ren ohn­mäch­tig dar­über hin­weg­ge­brummt wie mons­trö­se Flie­gen. Das Wis­sen, daß die ver­viel­fach­te In­tel­li­genz ei­ne der­ar­tig tier­haf­te Stam­pede nicht ver­hin­dert hat­te, stimm­te trau­rig.
    Die­je­ni­gen, die zu­rück­ge­blie­ben wa­ren – viel­leicht drei Vier­tel der Ein­woh­ner – mach­ten ir­gend­wie wei­ter. Gas, Was­ser und Elek­tri­zi­tät wa­ren streng ra­tio­niert. Noch tröp­fel­te Nah­rung vom Land her­ein, aber man muß­te ex­or­bi­tan­te Prei­se da­für zah­len. Aber das Gan­ze war wie ein bro­deln­der, zi­schen­der Topf, der sich dar­auf vor­be­rei­te­te über­zu­ko­chen.
    Er­in­ne­rung, drei Ta­ge alt: Der zwei­te Har­lem-Auf­ruhr – als die Furcht vor dem Un­be­kann­ten und Wut über jahr­hun­der­te­al­tes Un­recht sich zum Kampf er­ho­ben hat­ten, aus kei­nem an­de­ren Grund au­ßer dem, daß un­trai­nier­te Ge­hir­ne ih­re neu­en Kräf­te nicht kon­trol­lie­ren konn­ten. Das ge­wal­ti­ge Brül­len bren­nen­der Miets­ka­ser­nen, gi­gan­ti­sche ro­te Flam­men, die vor ei­nem win­di­gen Nacht­him­mel fla­cker­ten. Der zün­geln­de Schein, wie Blut auf tau­send dunklen Ge­sich­tern, Tau­sen­de schlecht ge­klei­de­ter Kör­per, die flu­chend, schrei­end und kämp­fend durch die Stra­ßen wog­ten. Ein Mes­ser schim­mer­te hell auf und stieß in ei­ne mensch­li­che Keh­le. Ein ge­bro­che­nes Heu­len un­ter dem Lärm des Feu­ers. Ein Schrei, als ei­ne Frau zu Bo­den fiel und un­ter Hun­der­ten von Fü­ßen zer­tram­pelt wur­de. Die Hub­schrau­ber schös­sen durch hoch­er­hitz­te Luft, dreh­ten ab, wen­de­ten, flo­hen vor den em­por­schla­gen­den Flam­men. Und am Mor­gen lee­re Stra­ßen, ein leich­ter Dunst bit­te­ren Qualms, ein dün­nes Wei­nen hin­ter zer­schla­ge­nen Fens­ter­schei­ben.
    Ja, noch gab es einen dün­nen, straff ge­spann­ten An­schein von Ord­nung. Nur … wie lan­ge noch?
    Ein in Lum­pen ge­klei­de­ter Mann mit ei­nem un­or­dent­li­chen, neu aus­se­hen­den Bart schwa­dro­nier­te an ei­ner Stra­ßen­e­cke. Un­ge­fähr ein Dut­zend Leu­te um­gab ihn, hör­te ihm mit

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