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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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hoch­ge­wach­se­ner Mann mit hän­gen­den Schul­tern, mü­dem Ge­sichts­aus­druck und ru­hi­ger, ge­dul­di­ger Sprech­wei­se, sonst nichts. Auch die Bäu­me wa­ren im­mer noch grün, hin­ter ei­nem Ro­sen­strauch schimpf­te ein Vo­gel, und auf der Leh­ne der Bank saß ei­ne ko­balt­blaue Flie­ge.
    Brock er­in­ner­te sich un­deut­lich an die Pre­dig­ten, die er bei den sel­te­nen Ge­le­gen­hei­ten ge­hört hat­te, wo er in die Kir­che ge­gan­gen war. Das En­de der Welt … Wür­de sich der Him­mel über ihm auf­tun, wür­den die En­gel die Scha­len des Zorns auf die er­zit­tern­de Er­de aus­lee­ren, und wür­de Gott er­schei­nen, um über die Söh­ne der Men­schen Ge­richt zu hal­ten? Er lausch­te an­ge­strengt nach dem Ge­räusch schwe­rer ga­lop­pie­ren­der Hu­fe, hör­te aber nur den Wind in den Bäu­men.
    Das war das schlimms­te. Der Him­mel war gleich­gül­tig. Die Er­de dreh­te sich auch wei­ter­hin durch die dunkle und schwei­gen­de Un­end­lich­keit, und was sich in­ner­halb der dün­nen, wim­meln­den Schicht auf ih­rer Ober­flä­che ab­spiel­te, war un­wich­tig. Nie­mand ach­te­te dar­auf, es war be­deu­tungs­los.
    Brock blick­te auf sei­ne ab­ge­schab­ten Schu­he hin­un­ter und dann auf die star­ken, be­haar­ten Hän­de zwi­schen sei­nen Kni­en. Sie schie­nen ihm un­glaub­lich fremd, die Hän­de ei­nes an­de­ren. Herr Je­sus, dach­te er, ge­schieht dies al­les wirk­lich?
    Er pack­te Joe und drück­te ihn fest an sich. Ganz plötz­lich hat­te er das wil­de Ver­lan­gen nach ei­ner Frau, nach je­man­dem, der ihn fest­hielt, der mit ihm spre­chen wür­de, um ihn in die Ein­sam­keit des Him­mels zu ver­ban­nen.
    Er er­hob sich, kal­ter Schweiß be­deck­te sei­nen Kör­per, und ging zu Ber­gens Hüt­te. Es war jetzt sei­ne, nahm er an.
    Voss war ein jun­ger Bur­sche – ein Stadt­jun­ge, der nicht be­son­ders schlau war und kei­ne an­de­re Ar­beits­mög­lich­keit ge­fun­den hat­te. Er blick­te mür­risch von ei­nem Buch auf, als der an­de­re Mann das klei­ne Wohn­zim­mer be­trat.
    „Al­so“, mein­te Brock, „Bill ist weg.“
    „Ich weiß. Was ma­chen wir jetzt?“ Voss hat­te Angst; er war schwach und gern be­reit, sich lei­ten zu las­sen. Ber­gen muß­te das vor­aus­ge­se­hen ha­ben. Das Ge­fühl von Ver­ant­wor­tung wuchs.
    „Es wird uns gut­ge­hen, wenn wir hier­blei­ben“, sag­te Brock. „Ein­fach ab­war­ten und wei­ter­ma­chen – das ist al­les.“
    „Die Tie­re …“
    „Du hast ei­ne Pis­to­le, oder? Au­ßer­dem wis­sen sie, wann es ih­nen gut­geht. Sei ein­fach nur vor­sich­tig, schlie­ße im­mer die Gat­ter hin­ter dir, be­hand­le sie gut …“
    „Ich wer­de kein ein­zi­ges Viech be­die­nen“, ent­geg­ne­te Voss mür­risch.
    „Doch, ge­nau das wirst du tun.“ Brock ging zum Kühl­schrank, ent­nahm ihm zwei Do­sen Bier und öff­ne­te sie.
    „Hör zu, ich bin klü­ger als du und …“
    „Und ich bin stär­ker als du. Wenn es dir nicht paßt, kannst du ge­hen. Ich blei­be hier.“ Brock reich­te Voss ei­ne Do­se und setz­te die zwei­te an den Mund.
    „Sieh mal“, sag­te er nach ei­nem Mo­ment, „ich ken­ne die­se Tie­re, sie le­ben haupt­säch­lich nach ih­ren Ge­wohn­hei­ten. Sie blei­ben hier, weil sie nicht wis­sen, ob es ih­nen an­ders­wo bes­ser geht, und weil wir sie füt­tern und weil … äh … ih­nen der Re­spekt vor den Men­schen an­er­zo­gen wur­de. In den Wäl­dern gibt es kei­ne Bä­ren und Wöl­fe, nichts, was uns Är­ger ma­chen könn­te, mit Aus­nah­me der Schwei­ne viel­leicht. Ich für mein Teil hät­te mehr Angst da­vor, in ei­ner Stadt zu sein.“
    „Wie­so?“ Voss schi­en sei­nen Wi­der­stand schon auf­ge­ge­ben zu ha­ben. Er leg­te das Buch zur Sei­te und griff nach dem Bier. Brock blick­te auf den Ti­tel: „Nacht der Lei­den­schaft“, ein Schun­dro­man. Voss moch­te jetzt einen bes­se­ren Ver­stand ha­ben, aber das än­der­te ihn an­sons­ten über­haupt nicht. Er woll­te ein­fach nicht den­ken.
    „We­gen der Men­schen“, ant­wor­te­te Brock. „Gott al­lein weiß, was sie schon jetzt al­les an­stel­len.“ Er schal­te­te das Ra­dio an und stell­te Nach­rich­ten ein. Da­von hat­te er al­ler­dings nicht viel:

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