Der Nebel weicht
eigentlich zuzuhören. Sie verstand nicht das geringste von seiner Arbeit. Er glaubte oft, daß sie in einer Art Kinderwelt lebte, die nicht sehr komplex, aber in allen Punkten hell und freundlich war.
„Ich versuche seit einiger Zeit, einen Phasenanalysator für intermolekulare Resonanzverbindungen in Kristallstrukturen zu konstruieren“, sagte er. „Aber das ist nicht so wichtig. Die Sache ist folgende: In den vergangenen paar Wochen habe ich versucht, eine Schaltung zu entwickeln, die meinen Vorstellungen entspricht, und es klappte nicht. Und jetzt wache ich diesen Morgen mit einer Idee auf, die funktionieren könnte. Mal sehen …“ Seine Augen blickten durch sie hindurch, und er aß, ohne sich des Geschmacks bewußt zu werden. Sheila lachte sehr sanft.
„Es könnte spät werden, heute abend“, sagte er an der Tür. „Falls meine neue Idee funktioniert, würde ich die Arbeit ungern unterbrechen, bis … der Himmel weiß wann. Ich werde dich anrufen.“
„Gut, Liebling. Viel Erfolg.“
Als er gegangen war, stand Sheila noch einen Moment lang da und lächelte ihm nach. Pete war ein … nun, sie hatte einfach Glück gehabt, das war alles. Ihr war nie klar gewesen, wieviel Glück, aber dieser Morgen schien irgendwie anders zu sein. Alle Dinge traten klar und deutlich hervor, als ob sie sich in den westlichen Bergen befände, die ihr Mann so liebte.
Sie summte leise vor sich hin, als sie das Geschirr spülte und das Apartment aufräumte. Dabei stiegen Bilder aus ihrer Vergangenheit in ihr auf: ihre Kinderzeit in der pensylvanischen Kleinstadt, die Hauswirtschaftsschule, die vier Jahre zurückliegende Übersiedlung nach New York, um im Betrieb eines Familienfreundes als Bürokraft zu arbeiten. Mein Gott, wie schlecht sie sich für ein solches Leben geeignet hatte! Eine Party und eine Liebschaft nach der anderen, alle redeten schnell, waren immer auf dem Sprung, gaben sich vorsichtig, berechnend und durchtrieben, eine teure und sich marktgerecht verhaltende Bande, bei der sie ständig auf der Hut sein mußte.
… Nun ja, sie hatte Pete eigentlich nur aus Trotz geheiratet, nachdem Bill herumgelaufen war und sie eine Idiotin genannt hatte, aber sie hatte den etwas schüchternen, unauffälligen Mann immer schon gut leiden können – und außerdem war sie dabei gewesen, sich von einer bestimmten Lebensweise abzunabeln.
Jetzt bin ich also spießig, sagte sie sich, und ich bin glücklich dabei.
Ein ganz gewöhnliches Hausfrauenleben, nichts Außergewöhnliches außer der Familie, die ab und zu zu einem Bier herüberkam. Hin und wieder ein Kirchenbesuch, während Pete, der Agnostiker, sich ausschlief; Urlaubsreisen nach Neuengland oder in die Rocky Mountains, Pläne für ein Kind, das sie bald haben wollten … was konnte man sich mehr vom Leben wünschen?
Ihre früheren Freunde waren immer bereit gewesen, sich über die Langweiligkeit des Spießbürgerlebens zu amüsieren, betrachtete man die Dinge aber genauer, dann erkannte man, daß sie nur ein Verhaltensmuster gegen ein anderes ausgetauscht hatten und bei diesem Geschäft einen Teil der Wirklichkeit verloren zu haben schienen.
Sheila schüttelte verwundert den Kopf. Es war gar nicht ihre Art, so in den Tag hineinzuträumen. Ihre Gedanken schienen sogar irgendwie anders zu klingen.
Sie beendete ihre Hausarbeit und sah sich um. Normalerweise pflegte sie sich vor dem Mittagessen eine Weile mit einem der spannenden Schmöker zu entspannen, die ihr liebstes Laster waren. Danach mußte sie dann einkaufen, machte vielleicht einen kurzen Spaziergang durch den Park oder einen Besuch bei einer Freundin oder hatte selbst Besuch, und dann war es Zeit, das Abendessen zu
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