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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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doch war je­de in all ih­rer Pracht nichts ge­gen das Mys­te­ri­um, das es selbst dar­stell­te.
    „Viel­leicht mußt du Gott fin­den.“
    Nun, es moch­te sein, daß er ihn ge­fun­den hat­te. Zu­min­dest hat­te er et­was ge­fun­den, das grö­ßer, be­deu­ten­der war als er selbst.
    Seuf­zend wand­te Co­rinth sich wie­der der me­tal­le­nen Wär­me der Ka­bi­ne zu, dank­bar für ih­re End­lich­keit, ih­re Be­grenzt­heit. Le­wis saß vor den An­zei­gen, be­ob­ach­te­te sie und kau­te an ei­ner kal­ten Zi­gar­re. In sei­nem run­den, fri­schen Ge­sicht war von Ehr­furcht nichts zu se­hen, und er summ­te ir­gend­ein Lied vor sich hin, aber Co­rinth wuß­te, daß die un­er­meß­li­che Käl­te auch nach ihm ge­grif­fen und ihn be­rührt hat­te.
    Der Bio­lo­ge nick­te kaum merk­lich. (Ar­bei­tet phan­tas­tisch. Der Psi-An­trieb, die Bild­schir­me, die Gra­vi­ta­ti­on, Kli­ma­an­la­ge, die Ser­vo­me­cha­nis­men – ein hüb­sches Boot ha­ben wir da!)
    Co­rinth such­te sich einen Ses­sel, setz­te sich, sei­ne schlak­si­ge Ge­stalt zu­sam­men­fal­tend, hin­ein und ver­schränk­te die Hän­de über ei­nem Knie. Un­ter­wegs zu den Ster­nen – es war ein Tri­umph, viel­leicht die größ­te Er­run­gen­schaft der Mensch­heits­ge­schich­te. Ga­ran­tier­te sie doch, daß es im­mer ei­ne Ge­schich­te ge­ben wür­de, ein Nach-drau­ßen-ge­rich­tet-sein des Men­schen, so daß er nicht auf sei­nem klei­nen Pla­ne­ten sta­gnie­ren muß­te. Nur daß er, als In­di­vi­du­um, ir­gend­wie nicht die Er­re­gung der Er­obe­rung spür­te. Das hier war zu be­deu­tend für schmet­tern­de Fan­fa­ren.
    Oh, in­tel­lek­tu­ell hat­te er im­mer ge­wußt, der Kos­mos war so rie­sig, daß er das Be­grei­fen über­stieg, aber es war ein to­tes Wis­sen ge­we­sen, ein farb­lo­ser, quan­ti­ta­ti­ver Be­griff, nicht mehr. Jetzt war es Teil sei­ner selbst. Er hat­te es er­fah­ren und konn­te nie mehr auch nur un­ge­fähr der glei­che Mensch sein, der er ein­mal ge­we­sen war.
    Ge­trie­ben von ei­ner Kraft, die grö­ßer war als die al­ler Ra­ke­ten, be­freit von den re­la­ti­vis­ti­schen Ge­schwin­dig­keits­be­schrän­kun­gen, rea­gier­te das Schiff ge­gen die Ge­samt­mas­se des Uni­ver­sums und hat­te, ob­wohl es sich schnel­ler als das Licht be­weg­te, kei­ne Ge­schwin­dig­keit im ei­gent­li­chen, stren­gen Sinn. Sei­ne Wahr­schein­lich­keits­po­si­ti­on ver­schob sich in ei­ner rät­sel­haf­ten Wei­se, de­ren Be­schrei­bung einen völ­lig neu­en Zweig der Ma­the­ma­tik er­for­dert hat­te. Es er­zeug­te sein ei­ge­nes, in­ter­nes Pseu­do­gra­vi­ta­ti­ons­feld, sein Treib­stoff war die Mas­se selbst – je­de Mas­se, die in Ener­gie ver­wan­delt wur­de, in ei­nem Ver­hält­nis von neun mal zehn hoch zwan­zig Ergs pro Gramm. Sei­ne Bild­schir­me, die den Dopp­ler­ef­fekt und die Ab­er­ra­ti­on kom­pen­sier­ten, zeig­ten den nack­ten Glanz des Weltalls, den die Au­gen un­be­wehrt nie­mals wür­den se­hen kön­nen. Das Schiff trans­por­tier­te, schütz­te und er­nähr­te sei­ne Fracht aus schwäch­li­chem or­ga­ni­schen Ge­we­be, und die, die Göt­tern gleich in ihm reis­ten, er­kann­ten ih­re Sterb­lich­keit mit über­wäl­ti­gen­der und selt­sam er­he­ben­der Klar­heit.
    Trotz­dem wirk­te das Schiff ziem­lich un­fer­tig. In ih­rer Ei­le, die Ar­beit von tau­send Jah­ren in we­ni­gen Mo­na­ten zu vollen­den, hat­ten sei­ne Er­bau­er viel von dem weg­ge­las­sen, was sie sonst hat­ten ein­bau­en kön­nen, ins­be­son­de­re Com­pu­ter und Ro­bo­ter, die das Schiff völ­lig au­to­ma­ti­siert hät­ten. Die Män­ner an Bord konn­ten mit ih­ren ver­än­der­ten Ge­hir­n­en so gut und so rasch rech­nen wie je­de Ma­schi­ne, die man bis­her ge­baut hat­te – sie lös­ten par­ti­el­le Dif­fe­ren­ti­al­glei­chun­gen ho­her Ord­nung, nur um ei­ne der Kon­trol­len rich­tig ein­zu­stel­len. Das Pro­jekt war mit ei­ner fast ver­zwei­fel­ten Hast vor­an­ge­trie­ben wor­den, in der va­gen Er­kennt­nis, daß die neue Mensch­heit ein Ziel, ei­ne neue Gren­ze, fin­den muß­te, auf die sie zu­stre­ben konn­te. Das nächs­te Schiff wür­de sich von dem

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