Der Nebel weicht
über die Schulter des Esels und beugte sich vor. Ein leichter, kalter Luftzug bewegte seinen dünnen, grauen Bart. „Ich bin einer von vielen“, fuhr er fort. „Mein Meister hat uns unterwiesen, und jetzt ziehen wir durch das Land, um andere zu lehren, und wir hoffen, daß einige von denen, die wir unterweisen, selbst einmal Propheten werden.“
„Nun, und was lehrt Ihr, Herr?“ fragte Wang Kao.
„Nur den richtigen Gebrauch des Geistes“, erwiderte Wu Hsi. „Mein Meister war ein Gelehrter in Fenchow, und als die große Veränderung kam, sah er, daß es eine Veränderung im Denken des Menschen war, und machte sich daran herauszufinden, wie die neuen Kräfte am besten zu nutzen seien. Es ist nur ein bescheidener Anfang, den wir hier machen, und doch glauben wir, daß wir damit der Welt einen Dienst erweisen könnten.“
„Jeder von uns kann jetzt freier und besser denken, Herr“, erwiderte Wang Kao.
„So ist es, ich befinde mich offensichtlich unter würdigen Menschen, und doch könnte es sein, daß meine armseligen Worte euch etwas Neues bringen. Bedenkt, ihr Leute, wie oft der Geist, der Wille, über die Schwächen des Körpers triumphiert hat. Bedenkt, wie oft die Menschen während Krankheit, Hunger und Erschöpfung überlebt haben, wo jedes Tier zugrundegegangen wäre. Und dann bedenkt, um wieviel größer die Kräfte jetzt sein müssen, wenn der Mensch sie nur benutzen könnte.“
„Oh ja.“ Wang Kao verbeugte sich. „Ich sehe, daß Ihr über die Kälte des Winters triumphiert habt.“
„Es ist heute nicht so kalt, um einem Menschen zu schaden, wenn er nur weiß, wie er sein Blut warm und in Bewegung halten kann. Das ist nur eine Kleinigkeit.“ Wu Hsi zuckte mit den Achseln. „Ein erhöhter Geist, ein kraftvoller Verstand kann sehr viel mit dem Körper tun; ich kann euch zum Beispiel zeigen, wie man einer Wunde befiehlt, nicht mehr zu schmerzen und zu bluten. Aber die Methoden, sich mit den Tieren zu verständigen und sie zu Freunden zu machen; sich an die kleinste Kleinigkeit zu erinnern, die man jemals gesehen oder gehört hat; der Weg, keine Gefühle und keine Wünsche zu haben, bis auf die, von denen der Verstand sagt, daß sie gut sind; die Fähigkeit, von Seele zu Seele mit einem anderen Menschen zu sprechen, ohne auch nur die Lippen zu öffnen; die Methode zu erkennen, wie die Welt wirklich ist, ohne sich in sinnlose Träumereien zu verlieren – das alles könnte, wie ich in aller Bescheidenheit glaube, auf lange Sicht von größerem Wert für euch sein.“
„O ja, das wären sie wirklich, ehrenwerter Herr, und wir sind dessen nicht würdig“, erklärte Wang Kao ehrfürchtig, fast erschreckt. „Wollt Ihr jetzt nicht hereinkommen und mit uns essen?“
Es war ein großer Tag für das Dorf, obwohl die Botschaft so leise und unauffällig gekommen war. Wang Kao dachte daran, daß es bald ein großer Tag für die ganze Welt sein würde. Er fragte sich, wie die Welt wohl in zehn Jahren aussehen würde, und selbst seine geduldige Seele konnte kaum erwarten, es zu sehen.
Draußen vor den Sichtluken war der Himmel – Eis und Schwärze, eine Million frostiger Sonnen verstreut in einer elementaren Nacht. Die Milchstraße ergoß sich als brillanter, strahlender Strom, Orion stand gigantisch vor der Unendlichkeit, und alles war kalt und lautlos.
Der Raum umgab das Schiff wie ein schweigender Ozean. Die irdische Sonne schrumpfte zusammen, als sie der Endlosigkeit zustrebten, und dann gab es nur noch Nacht und Stille und die titanische schimmernde Schönheit des Firmaments. Peter Corinth blickte auf die Sterne, jeder ein flammender Riese, spürte ihre schreckliche, unfaßbare Ein samkeit und fühlte, wie er innerlich erbebte. Das war das All, das alle Vorstellungskraft sprengte, Welten über Welten – und
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