Der Nebel weicht
biß sich auf die Lippen.
(„Ja, es wäre sehr gut für Ihre Frau – glaube ich –, wenn Sie an dieser Expedition teilnehmen würden, Dr. Corinth. Sich um Sie zu sorgen wird gesünder für sie sein, als über die Phantome zu brüten, die ihr verwirrter Geist gebiert. Es wird ihr dabei helfen, ihre psychische Orientierung nach außen zu wenden, wohin sie gehört. Sie ist nicht von Natur aus introvertiert …“)
Ein Schneeschauer verhüllte sie einen Augenblick und entrückte die Welt. Er küßte sie und wußte, daß er sich während all der kommenden Jahre daran erinnern würde, wie kalt ihre Lippen waren und wie sehr sie unter den seinen gebebt hatten.
Ein tiefes, hohles Dröhnen ging durch den Boden, als ob der Planet selbst vor Kälte schauderte. Über ihren Häuptern flammte die Transatlantikrakete auf ihrem Weg nach Europa vorüber – in irgendeiner Mission der neugeborenen Weltordnung. Corinths Augen ruhten auf Sheila. Er strich den Schnee von ihren Haaren. Ein kleines, trauriges Lachen klang in ihm auf.
Mit fünf Worten und seinen Augen, Händen und Lippen sagte er zu ihr: „Wenn ich wieder zurück bin – und was für eine Rückkehr das sein wird, Liebling! –, wünsche ich mir, daß du, gesund und munter wie früher, dabei bist, einen Hausmädchenroboter zu erfinden, damit du mehr Zeit für mich hast. Nichts im Universum soll uns dann noch stören.“
Und was er meinte war: Oh, mein über alles Geliebtes, sei für mich da, so wie du es immer gewesen bist, denn ich kann ohne dich nicht leben. Es soll nichts mehr zwischen uns stehen, wir wollen wieder zueinanderfinden, sonst wird das Leben für uns nur noch leer sein.
„Ich werde es versuchen, Pete“, flüsterte sie, hob die Hand und berührte sein Gesicht. „Pete“, sagte sie dann und sah ihn verwundert an.
Lewis Stimme klang rauh und vom Wind zerrissen, von der anderen Seite des Schiffes: „Alles an Bord, was an Bord gehört!“
Corinth und Sheila ließen sich Zeit, und die anderen respektierten das. Als der Physiker in der Luftschleuse stand und zum Abschied winkte, befand er sich hoch über dem Boden, und Sheilas Gestalt war nur noch ein kleiner Umriß vor dem schmutzigen Schnee.
Sol war jetzt in der Höhe der Saturnbahn – nicht viel mehr als der hellste Stein in ihrem Kielwasser – und verlor sich fast in der Vielzahl der Sonnen. Die Konstellationen hatten sich trotz der zurückgelegten Entfernung nicht verändert. Der gewaltige Halbkreis der Milchstraße und die fernen, geheimnisvollen Spiralen der anderen Galaxien schimmerten genauso entlegen, wie sie es getan hatten, als der erste Halbmensch seinen Blick himmelwärts hob und staunte. Es gab keine Zeit, keine Entfernung, nur eine ungeheure Weite, die Kilometer und Jahre aufhob.
Die Sheila drang weiter vorsichtig mit Unterlichtgeschwindigkeit vor. Am Rand des Hemmungsfeldes präparierten Lewis und Corinth die telemetrischen Raketen, die in den Bereich höherer Intensität geschossen werden sollten.
Lewis kicherte in einer Art freundlicher Boshaftigkeit, als er die Käfige mit den Ratten bereitstellte, die in einem der Torpedos losgeschickt werden sollten. Ihre Perlaugen erwiderten seinen Blick, als wüßten sie, was ihnen bevorstand. „Arme kleine Viecher“, sagte er. „Manchmal komme ich mir wirklich wie ein Schuft vor.“ Und er fügte mit einem Grinsen hinzu: „Sonst natürlich auch, aber dann nur aus Spaß.“
Corinth gab keine Antwort; er sah nach draußen auf die Sterne.
„Das Problem mit dir“, sagte Lewis, während er seinen Körper in den Kontursessel fallen ließ, „ist, daß du das Leben zu ernst nimmst. Das hast du schon immer getan, und nach der Veränderung hast du diese Gewohnheit nicht abgelegt. Ich dagegen –
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