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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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biß sich auf die Lip­pen.
    („Ja, es wä­re sehr gut für Ih­re Frau – glau­be ich –, wenn Sie an die­ser Ex­pe­di­ti­on teil­neh­men wür­den, Dr. Co­rinth. Sich um Sie zu sor­gen wird ge­sün­der für sie sein, als über die Phan­to­me zu brü­ten, die ihr ver­wirr­ter Geist ge­biert. Es wird ihr da­bei hel­fen, ih­re psy­chi­sche Ori­en­tie­rung nach au­ßen zu wen­den, wo­hin sie ge­hört. Sie ist nicht von Na­tur aus in­tro­ver­tiert …“)
    Ein Schnee­schau­er ver­hüll­te sie einen Au­gen­blick und ent­rück­te die Welt. Er küß­te sie und wuß­te, daß er sich wäh­rend all der kom­men­den Jah­re dar­an er­in­nern wür­de, wie kalt ih­re Lip­pen wa­ren und wie sehr sie un­ter den sei­nen ge­bebt hat­ten.
    Ein tie­fes, hoh­les Dröh­nen ging durch den Bo­den, als ob der Pla­net selbst vor Käl­te schau­der­te. Über ih­ren Häup­tern flamm­te die Trans­at­lan­ti­kra­ke­te auf ih­rem Weg nach Eu­ro­pa vor­über – in ir­gend­ei­ner Missi­on der neu­ge­bo­re­nen Welt­ord­nung. Co­rinths Au­gen ruh­ten auf Shei­la. Er strich den Schnee von ih­ren Haa­ren. Ein klei­nes, trau­ri­ges La­chen klang in ihm auf.
    Mit fünf Wor­ten und sei­nen Au­gen, Hän­den und Lip­pen sag­te er zu ihr: „Wenn ich wie­der zu­rück bin – und was für ei­ne Rück­kehr das sein wird, Lieb­ling! –, wün­sche ich mir, daß du, ge­sund und mun­ter wie frü­her, da­bei bist, einen Haus­mäd­chen­ro­bo­ter zu er­fin­den, da­mit du mehr Zeit für mich hast. Nichts im Uni­ver­sum soll uns dann noch stö­ren.“
    Und was er mein­te war: Oh, mein über al­les Ge­lieb­tes, sei für mich da, so wie du es im­mer ge­we­sen bist, denn ich kann oh­ne dich nicht le­ben. Es soll nichts mehr zwi­schen uns ste­hen, wir wol­len wie­der zu­ein­an­der­fin­den, sonst wird das Le­ben für uns nur noch leer sein.
    „Ich wer­de es ver­su­chen, Pe­te“, flüs­ter­te sie, hob die Hand und be­rühr­te sein Ge­sicht. „Pe­te“, sag­te sie dann und sah ihn ver­wun­dert an.
    Le­wis Stim­me klang rauh und vom Wind zer­ris­sen, von der an­de­ren Sei­te des Schif­fes: „Al­les an Bord, was an Bord ge­hört!“
    Co­rinth und Shei­la lie­ßen sich Zeit, und die an­de­ren re­spek­tier­ten das. Als der Phy­si­ker in der Luft­schleu­se stand und zum Ab­schied wink­te, be­fand er sich hoch über dem Bo­den, und Shei­las Ge­stalt war nur noch ein klei­ner Um­riß vor dem schmut­zi­gen Schnee.
    Sol war jetzt in der Hö­he der Sa­turn­bahn – nicht viel mehr als der hells­te Stein in ih­rem Kiel­was­ser – und ver­lor sich fast in der Viel­zahl der Son­nen. Die Kon­stel­la­tio­nen hat­ten sich trotz der zu­rück­ge­leg­ten Ent­fer­nung nicht ver­än­dert. Der ge­wal­ti­ge Halb­kreis der Milch­stra­ße und die fer­nen, ge­heim­nis­vol­len Spi­ra­len der an­de­ren Ga­la­xi­en schim­mer­ten ge­nau­so ent­le­gen, wie sie es ge­tan hat­ten, als der ers­te Halb­mensch sei­nen Blick him­mel­wärts hob und staun­te. Es gab kei­ne Zeit, kei­ne Ent­fer­nung, nur ei­ne un­ge­heu­re Wei­te, die Ki­lo­me­ter und Jah­re auf­hob.
    Die Shei­la drang wei­ter vor­sich­tig mit Un­ter­licht­ge­schwin­dig­keit vor. Am Rand des Hem­mungs­fel­des prä­pa­rier­ten Le­wis und Co­rinth die te­le­me­tri­schen Ra­ke­ten, die in den Be­reich hö­he­rer In­ten­si­tät ge­schos­sen wer­den soll­ten.
    Le­wis ki­cher­te in ei­ner Art freund­li­cher Bos­haf­tig­keit, als er die Kä­fi­ge mit den Rat­ten be­reit­stell­te, die in ei­nem der Tor­pe­dos los­ge­schickt wer­den soll­ten. Ih­re Per­lau­gen er­wi­der­ten sei­nen Blick, als wüß­ten sie, was ih­nen be­vor­stand. „Ar­me klei­ne Vie­cher“, sag­te er. „Manch­mal kom­me ich mir wirk­lich wie ein Schuft vor.“ Und er füg­te mit ei­nem Grin­sen hin­zu: „Sonst na­tür­lich auch, aber dann nur aus Spaß.“
    Co­rinth gab kei­ne Ant­wort; er sah nach drau­ßen auf die Ster­ne.
    „Das Pro­blem mit dir“, sag­te Le­wis, wäh­rend er sei­nen Kör­per in den Kon­tur­ses­sel fal­len ließ, „ist, daß du das Le­ben zu ernst nimmst. Das hast du schon im­mer ge­tan, und nach der Ver­än­de­rung hast du die­se Ge­wohn­heit nicht ab­ge­legt. Ich da­ge­gen –

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