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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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weil ihr
der Atem stockte. Was würde sie tun? Sie hatte keine Waffe, und selbst wenn sie
ein Schwert besessen hätte – was würde es nützen? Sie konnte nicht damit umgehen.
An die Mauer gelehnt biss sie auf ihren Daumennagel. Sie könnte sich ein großes
Messer aus der Küche holen. Aber die Vorstellung, sich damit auf den Wolf zu
stürzen, war gleichzeitig lächerlich und ließ sie vor Angst erstarren. Wie
konnte sie hoffen, gegen den mächtigen Nebelkönig auch nur einen Atemzug lang
bestehen zu können?
    »Weiter«, befahl sie sich.
»Wenn es so weit ist, werde ich wissen, was ich zu tun habe.«
     
    Der Gedanke war so tröstlich,
wie er dumm war. Sie würde es wissen. Es musste einfach so sein.
    Am Ende des Ganges tauchte die
schwere Bibliothekstür auf. Nebelschwaden zogen daran vorüber und ließen die
große Drachenkopfklinke verschwinden und wieder erscheinen. Die Augen des
Drachen schienen ihr zuzublinzeln.
    Sallie winkte ihm wie einem
alten Freund und lief auf die Tür zu. Das Gefühl der Dringlichkeit und Eile
wurde mit jedem Schritt stärker. Schließlich rannte sie und streckte die Hand
nach der Klinke aus, als wie aus dem Boden gewachsen eine dunkle Gestalt vor
ihr stand.
    »Halt«, befahl der Apotheker
und hob seinen Stock mit dem grinsenden Wolfskopf, um ihr den Weg zu
versperren. »Du solltest nicht weitergehen.«
    »Lasst mich durch«,
protestierte Sallie.
    »Du wirst hier nicht finden,
was du suchst«, sagte Korben. Der Nebel ließ sein Gesicht bleich und düster
erscheinen.
    »Dann sagt mir, wo ich suchen
soll«, gab Sallie zurück. Er neigte den Kopf. »Nein.«
    »Ich will nichts von Euch.
Wenn Ihr mir nicht helfen könnt oder wollt, dann lasst mich wenigstens passieren.«
    »Nein!«, wiederholte er und
zeigte mit seinem Stock auf sie. Der Wolf, der zwischen seinen Fingern hindurchschaute,
knurrte laut. Aus dem silbernen Ende des Stockes löste sich ein helles Licht,
das gemächlich auf Sallie zutrieb.
    Sallie neigte sich zur Seite,
um ihm auszuweichen, aber das Licht folgte ihr und berührte ihre Schulter. Eine
unsichtbare riesige Hand packte Sallie, sodass sie taumelte und rückwärtsstolperte.
    Sie stemmte sich mit aller
Kraft dagegen und ließ sich nicht weiter von der Tür wegschieben. »Lasst mich
durch«, keuchte sie. »Ihr könnt mich mit Eurem Hexenwerk weder vertreiben noch
aufhalten.«
    »Das kann ich nicht?«, fragte
er spöttisch. Er warf den Stock in die Luft, fing ihn an seinem unteren Ende
wieder auf und stieß ihn Sallie entgegen. Der silberne Wolf heulte triumphierend
und schnappte nach ihr, aber sie wich nicht zurück.
    »Lasst mich durch«, schrie sie
und hob mit einer gewaltigen Anstrengung die Hand, um nun selbst auf den Magier
zu zeigen. »Ich befehle es Euch!«
    Er lachte und stieß ihr wieder
den Stock entgegen. Geifer von den Zähnen des silbernen Kopfes sprühte in ihr
Gesicht. »Fort«, rief sie und wehrte das schnappende, heulende Ding mit den Händen
ab. Spitze Zähne rissen ihr die Finger auf. »Fort mit dir, du hässliches, böses
Ding. Ich befehle es!« Die letzten gebieterischen Worte sagte eine andere
Stimme, eine ältere, befehlsgewohnte und selbstsichere Stimme. Sallie erkannte
sie voller Erleichterung. Die Katzenkönigin war gekommen, um ihr beizustehen!
    Der silberne Wolf zuckte
zurück und schlug gegen die Hand seines Gefolgsmannes. Er heulte und knurrte,
dann griff er erneut an. Er zuckte in Sallies Gesicht, schnappte nach ihren
Augen, ihren Wangen, und die Stimme der Katzenkönigin schrie: »Zurück und dorthin,
wo du warst!« Es blitzte und donnerte, und der Apotheker stand wie erstarrt,
zielte mit seinem verhexten Stock immer noch in Sallies Richtung. Aber statt
des tückischen Wolfskopfes zierte nun der weise alte Drachenkopf von der
Bibliothekstür den Stockknauf. Er blinzelte ihr zu und sagte mit einer Stimme
wie fernes Glockengeläut: »Gut gemacht, meine Tochter. Nun zur Tür.«
    Sallie löste sich aus ihrer
Erstarrung und blickte hin. Von der Tür starrte sie nun der Wolfskopf an, riesengroß
und böse. Er geiferte schäumend vor Wut und schnappte nach ihr, heulte und
knurrte und seine Augen funkelten tückisch und wild.
    Sallie wich unwillkürlich
zurück, aber da war der Drachenknauf des Stockes, sacht stieß er sie in die
Seite und deutete zur Tür.
    Sallie näherte sich und hob
zögernd die Hand. Der Wolfskopf war so groß, dass sein Maul sie ohne Anstrengung
verschlucken konnte. Der Wolf knurrte und heulte, dass ihr beinahe die

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