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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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seit einer Woche nichts mehr von ihr gehört, aber beim letzten Anruf war sie wohl guter Laune und hat davon gesprochen zu heiraten.«
      »Zu heiraten?«
      »Genau. Ich habe Doris gebeten, im Büro nichts davon verlauten zu lassen und sich nichts daraus zu machen, wenn's keine Einladungen gäbe und sie den Hut nicht herumgehen lassen könnte, um für eine silberne Wärmeflasche zu sammeln. Ich hab' sie gefragt, was sie von einem Anruf bei der Polizei und der üblichen Vermißtenmeldung halten würde, aber sie fand das zu diesem Zeitpunkt ein wenig übertrieben. Sie glaubt, daß Sonia sich einfach für ein paar Tage mit ihrem Kerl verzogen hat. Ich hab' gesagt, das wäre untypisch für sie, aber Doris meinte, kein Mensch würde je untypisch handeln. Und wenn er es doch täte, würde er uns lediglich einen Teil seines Wesens zeigen, den wir vorher nicht gekannt hätten.«
      »Das klingt vernünftig.«
      »Unsinn. Das hat sie aus dem Psychologiekurs im Reader's Digest, den das Personalbüro abonniert hat.«
      »Ich meine, es klingt vernünftig, noch ein wenig zu warten, bevor wir die Polizei einschalten.«
      »Warte. Ich hab' dir noch nicht den Rest erzählt. Gestern abend hatte ich Spätschicht. Nach den Elf-Uhr-Nachrichten hab' ich ohnehin untätig in der Redaktion herumgesessen, um auf die Zwölf-Uhr-Nachrichten zu warten. Da hab' ich mir gedacht, Duffield, setz dich hin und stell' eine Liste zusammen, wie sie das immer in den gelben Krimiklassikern tun. Schreib alles hin, was wir über diesen Fenn wissen, alles, was relevant ist, alles, was wir über Sonia wissen -«
      »Aber Sonia hat mit der ganzen Sache nichts zu tun ...«
      »Laß mich bitte ausreden, mein Schatz. Sonia hat erst in den letzten Wochen davon geredet, daß sie einen Freund hat, oder?«
      »Ja. Ich bin immer davon ausgegangen, daß sie keinen hat.« Rosa fiel auf, wie herablassend das klingen mußte. »Aber natürlich könnte sie vorher auch schon einen gehabt haben.«
      Duffy schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Sie ist kein Mensch, der so etwas für sich behalten könnte.«
      »Aber sie hat ihre Heiratspläne für sich behalten.«
      »Vielleicht war die Sache ja noch nicht abgemacht. Sie hat ihn ja kaum fünf Minuten gekannt. Jetzt denk mal nach. Hast du Sonia deine neue Telefonnummer gegeben?«
      Rosa brauchte nicht lange zu überlegen. »Ja.« Sie saß regungslos da; langsam begannen sich die Vorfälle zusammenzufügen, formte sich ein Muster. »Das kann nicht wahr sein. Ich weiß, daß sie mich nicht mochte, aber ich glaube nicht, daß sie mir so etwas antun würde.«
      »Aber sie hat ja gar nichts gewußt. Verstehst du denn nicht? Eben weil sie nichts wußte, ist sie im Büro in Ohnmacht gefallen, als sie auf dem Band seine Stimme gehört hat. Er hat wahrscheinlich einfach ihre Tasche durchsucht, wenn sie nicht hingesehen hat. Hat ihr Adreßbuch gefunden.«
      »Wenn er Sonia gekannt hat, wäre es verständlich, daß er sich im Gebäude auskannte. Wußte, wo mein Büro und alles andere war. Sie muß ihn irgendwann herumgeführt haben.«
      »Sie hätte ihn an der Rezeption eintragen lassen müssen. Auf der Empfangsliste wird irgendwo sein Name stehen. So muß es gewesen sein, Rosa. Es gibt keine andere Erklärung.«
      Rosa fühlte den Boden fest unter ihren Füßen. Die leere Kaffeetasse fühlte sich immer noch warm an, ein Stückchen Butter zerschmolz auf einem warmen Brioche. Wirklichkeit. Und Fenn war ebenso an die Wirklichkeit gebunden wie all diese banalen Dinge. Kein Zauber, keine okkulte Macht, kein allwissendes Auge. Nur eine ahnungslose Komplizin: die arme, leichtgläubige Sonia.
      »Du verstehst, was ich meine, oder, Rosa?«
      »Ja.« Sie nickte. »Ich glaube, du hast recht.« Es war, als hätte Fenns Verbindung zu Sonia ihn weniger bedrohlich gemacht. Sie war so bemitleidenswert, daß einiges davon sich auf ihn zu übertragen schien.
      »Aber was machen wir jetzt? Ich meine, wir werden Fenn nicht finden, bevor wir Sonia nicht gefunden haben. Und immerhin ist es möglich, daß sie ihn jetzt, wo sie das Band gehört hat und weiß, daß sie mißbraucht worden ist, verpfiffen hat. Sie war unglaublich aufgeregt.«
      »Sie wird immer noch wissen, wo er zu finden ist. Wo er wohnt. Sobald sie zurückkommt, werden wir mit ihr reden.«
      »Was ist, wenn sie nicht mit uns reden will?«
      »Dann werden wir die Polizei bitten, mit ihr zu reden.«
      Rosa fragte: »Meinst du

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