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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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und mit dem Personalbüro reden. Sie haben die nächsten Anverwandten in ihren Akten aufgeführt - wahrscheinlich ihre Eltern. Vielleicht ist sie zur Erholung nach Hause gefahren. Ich werde das nachprüfen und dich später anrufen.«
      »Das ist eine gute Idee. Du scheinst alles für mich zu tun. Ich stehe nur untätig dabei und sehe zu.«
      »Das würde ich nicht sagen. Schließlich - hoppla.«
      Rosa war mit ihrem Absatz in der zerrissenen Fußmatte hängengeblieben. Als sie nach vorne stolperte, fing Duffy sie in seinen Armen auf. In dem Moment machte der Lichtschalter ein klickendes Geräusch, und das Licht ging aus. Er hielt sie einen Moment fest und stieß dann einen langen Seufzer aus. Er barg sein Gesicht in ihrem Haar.
      »Oh, mein Gott... davon habe ich schon so lange geträumt... du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft.« Er umschloß sie fester. »Stoß mich nicht zurück, Rosa. Bitte, stoß mich nicht zurück.«
      Es war schlimmer, schöner, wunderbarer, schrecklicher, als sie es sich je vorgestellt hatte. Ihre Angst war berechtigt gewesen. Als sie reagierte, ihre Lippen auf seinen Mund preßte, fuhr er mit der Hand unter ihren Mantel, streichelte sie und drückte sie fester an sich. Sie legte ihre Arme um seinen Hals. Sie fühlte sich leicht und schwerelos, ihr Körper schmiegte sich vollkommen an den seinen, als wären sie miteinander verschmolzen. Der Kuß dauerte eine Ewigkeit. Sie wollte nicht, daß er je zu Ende ging. Dann bediente jemand im unteren Stockwerk den Lichtschalter. Sie fuhren auseinander. Duffy glücklich und erregt; Rosa wie betäubt.
      »Ich muß schon bitten.« Eine korpulente Frau kam, beladen mit einer schweren Einkaufstüte, die Treppe hinauf. Sie traten auseinander, um sie passieren zu lassen, und die Spannung ließ unvermittelt nach. Rosa fühlte, wie sich der innere Aufruhr legte und ihr Blut wieder ruhig zu kreisen begann. Als Duffy auf sie zutrat, hielt sie die Hand hoch, um ihn abzuwehren.
      »Nicht, Duffy ... Ich ... ich komme nicht damit zurecht. Nicht im Moment. Nicht mit all den anderen Dingen, die ich im Kopf habe.«
      Er drängte sich nicht weiter auf, doch das glänzende Leuchten seiner blauen Augen ließ nicht nach. Sie spürte sein neues Selbstvertrauen und bemerkte, daß es sie gleichermaßen abstieß und erregte.
      Aber wie echt waren ihre Gefühle? Es war eine so extreme Situation. Die Morddrohung schien alles soviel intensiver werden zu lassen. Sie fühlte sich wie die Hauptperson in einem Melodrama. Sämtliche Zwischentöne hatten sich in ein Nichts aufgelöst. Ihre Reaktion auf Duffys Kuß war heftig gewesen, ihre Enttäuschung über Leo bitter. Sie schien von einem Gefühlszustand in den nächsten zu taumeln, ohne sich eine Atempause zu gönnen.
      Plötzlich erinnerte sie sich an einen Moment, der Jahre zurückzuliegen schien, als sie rundum zufrieden in ihrem Arbeitszimmer gesessen und sich zu der harmonischen Ordnung ihres Lebens beglückwünscht hatte. Die Wehmut, die in dieser Erinnerung lag, rührte sie fast zu Tränen. Sie wandte ihr Gesicht von ihm ab.
      »Wir sollten jetzt lieber die Kinder abholen.«
     
    Die neue Putzhilfe hatte etwas Essen aus dem Kühlschrank geholt und es zum Auftauen in der Küche liegenlassen. Seezunge und Garnelen in einer Sahnesauce, umgeben von Blätterteig. Einige Brokkoli-köpfe, italienische Speisekartoffeln. Apfelsinencreme. Rosa legte ein Stück Gloucester dazu. Da es Freitag war, würden die Kinder länger aufbleiben und mit ihnen zu Abend essen.
      Wie im Traum deckte sie den Tisch. Die Gefühle, die Duffys Umarmung hervorgerufen hatten, waren verblaßt und ließen sie in einem Zustand der Trägheit zurück. Sie stellte zwei Weingläser und für die Kinder zwei Bechergläser auf den Tisch, die sie mit einem giftrot gefärbten Erdbeersaft füllte. Leo kam ein wenig früher als sonst nach Hause, gab ihr einen leichten Kuß und öffnete eine Flasche Meur-sault.
      »Fühlst du dich heute besser, mein Schatz?«
      »Ja. Mir geht's gut.«
      »Wie ist die Sendung gelaufen?«
      »Wie soll sie schon gelaufen sein? Wie immer hat's alle zwei Minuten einen Lacher gegeben.«
      »Tut mir leid.« Erstaunt über den Gleichmut in ihrer Stimme, warf er ihr einen kurzen Blick zu. »Hier. Trink etwas von diesem himmlischen Gesöff.«
      Der Wein schmeckte tatsächlich hervorragend. Erfrischend, zunächst ein wenig bitter, doch mit einem vollen, goldenen Nachgeschmack. Sie sah Leo an

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