Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
Vom Netzwerk:
sie ihn an sich, und sie stiegen in den Wagen. Mit einem Frösteln, dem ersten Anzeichen aufkommender Verzweiflung, entschied sie, daß er ihre Suche ebenfalls für fruchtlos hielt. Doch seine nächsten Worte straften ihre Vermutung Lügen.
      »Wir Idioten. Wir hätten zuerst zum Städtebauamt fahren sollen. Sie müssen ein Verzeichnis der Geschäftsräume haben. Und der Imbisse und der Restaurants. Wir hätten uns die Hälfte der Zeit sparen können.« Er klang immer noch schlechtgelaunt, aber auf zuversichtliche, leicht aggressive Weise.
      »Sollen wir das jetzt tun?«
      »Wir haben nicht mehr so viel Zeit, wenn du um Viertel vor vier an der Schule sein mußt. Laß uns diesen Abschnitt noch zu Ende machen, dann können wir morgen früh mit frischer Kraft weitermachen.«
      »Morgen habe ich eine Sendung.«
      »Dann eben direkt danach. Können deine Kinder nicht irgendwo Kaffee trinken gehen oder sonstwas machen?«
      Es klang, als seien sie für ihn nichts als eine störende Plage, dachte Rosa. Das machte sie wiederum ärgerlich, und sie erwiderte scharf: »Ich werd's versuchen. Es kommt ziemlich plötzlich.«
      »Guck, da ist ein griechischer Imbiß. Sie machen auch Kebabs. Wenn man dem Neonschild glauben darf, kommen die Fische frisch aus dem Meer.«
      Offensichtlich bemühte er sich, das enge, freundschaftliche Gefühl wiederherzustellen, das vorher zwischen ihnen bestanden hatte. Rosa lächelte und las ihm das Ladenschild des Nachbargeschäfts vor. »Do-rocee. So-gut-wie-neu.«
      »Ich wette, das ist sie tatsächlich«, murmelte Duffy, als sie aus dem Wagen stiegen. Eine außerhalb des Gebäudes angebrachte Eisentreppe führte zu einer darüberliegenden Wohnung und endete vor einer schäbigen, kastanienbraunen Tür. Sie hörten das gedämpfte Rattern von Maschinen. Als sie gerade klopfen wollten, sahen sie, daß die Tür offen war und drückten sie auf. Sie kamen auf einen kleinen Flur, von dem eine zweite Tür abging. Daran hing ein Filmplakat mit einem griechischen Titel, auf dem ein Autorennen und eine vollbusige hellenische Schönheit mit Blumen im Haar und einem trägen Schmollmund abgebildet war. Duffy klopfte.
      Eine gedrungene, schwarzgekleidete Frau öffnete weit die Tür, um sie sofort darauf bis auf einen Spalt zu schließen. In dem Augenblick hatte Rosa drei oder vier Mädchen gesehen, die sich über Nähmaschinen gebeugt hatten. Der kleine Raum quoll über von Stoffen in leuchtenden Farben; er war bis zur Decke vollgestopft.
      »Was wollen Sie? Ich nähe nur ein Kleid für meine Freundin. Das hier ist kein Geschäft.« Als Duffy die übliche Frage stellte, sagte sie nur: »Ich vermiete keine Zimmer.« Dann war nur noch ein unverständlicher Schwall griechischer Wörter zu hören, die sie teilweise in den Raum hinter sich rief, als die Maschinen wieder zu rattern begannen. Sie schlug die Tür zu.
      »Der heutige Tag ist für mich in vielerlei Hinsicht lehrreich gewesen«, murmelte Rosa, als sie wieder in den Citroen stiegen. »Ich habe noch nie einen illegalen Kleinbetrieb gesehen.«
      Duffy fuhr einige Minuten weiter und bog dann in die letzte Straße ihrer markierten Zone ein. Packington Street. Er fuhr langsam und sah immer wieder aus dem Fenster.
      »Nichts ... nun, Rosa... ich glaube, das war's für heute. Wenn du möchtest, mache ich morgen früh allein weiter. Ich werde mir beim Bauamt eine Liste besorgen.«
      »Warte mal! Am anderen Ende der Straße ist ein Wendehammer.«
      Duffy wies mit dem Kopf auf ein Straßenschild. »Es ist eine Sackgasse. Kaum wahrscheinlich, daß dort ein Imbiß ist.«
      Sie sah, wie er sich entschloß, ihr ihren Willen zu lassen. »Einverstanden, Rosamunda. Wenn du die Sackgasse überprüfen willst, sollst du die Sackgasse überprüfen.«
      Er lenkte den Wagen nach rechts und bog in den Lucy Place ab. Sie kamen auf einen geschlossenen, gepflasterten Hof, der auf beiden Seiten von den Hintergängen einer dreistöckigen Textilfabrik umgeben war, deren teilweise zerbrochenen oder mit Pappe bedeckten Fenster rußverschmiert waren. Im Vergleich dazu sahen die vier kleinen Geschäfte auf der gegenüberliegenden Straßenseite schmuck aus. Da war ein hellrot und weiß gestrichener Druck- und Kopierladen, durch dessen große Schaufensterfront man die Maschinen bei der Arbeit sehen konnte. Ein Fensterputzer fuhr mit einem T-förmigen Schieber über die Scheiben, wobei er kleine Rinnsale von einer Seite zur anderen schob.

Weitere Kostenlose Bücher