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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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hättest halt nicht berühmt werden sollen, Liebling.« Ein kurzer, zärtlicher Kuß. »Mach' dir keine Sorgen. Wahrscheinlich meldet er sich jeden Tag bei einer anderen Berühmtheit. Weißt du - montags ist halt Gilmour dran.«
      »Es war nicht am Montag!«
      Leo schwang die Füße vom Sessel, stand auf und zog sie an sich. Er strich ihr Haar zurück und fuhr mit dem Finger die angespannten Falten auf ihrer Stirn und ihren Schläfen nach. »Du bist vollkommen aufgelöst. Ich mach' dir einen Drink. Vorm Schlafengehen sollte man nicht weinen.«
      Sie hatten aneinandergeschmiegt in ihrem großen, weichen Bett gesessen, Kakao getrunken, sich dann langsam und zärtlich geliebt, und die Welt hatte sich verflüchtigt, wie es in Leos Armen immer geschah. Danach war sie in einen traumlosen, zufriedenen Schlaf gesunken, nur um mitten in der Nacht aufzuwachen und auszurufen: »Leo, wir sind in Sicherheit, oder? Was immer auch geschieht, wir sind in Sicherheit?«
      Er hatte nicht die Augen geöffnet, sondern seinen Arm um ihre Schultern geschlungen, und den Rest der Nacht hatte sie mit dem Kopf auf seiner Brust, unangenehm träumend, vor sich hingedöst.
      Jetzt erwiderte sie in Antwort auf seine Frage: »Nichts, Liebling. Ich bin nur ein bißchen müde.«
      Als er zusammen mit den Kindern, die die Treppe hinunter gepoltert kamen, das Haus verlassen hatte, nahm Rosa den Kaffee mit in ihr Arbeitszimmer. Sie wollte sich dort in Sicherheit bringen, bevor Mrs. Jollit eintraf. Zwischen ihnen galt es als abgemacht, daß sie dann arbeitete und nicht gestört werden wollte. Sie setzte sich an den Schreibtisch und sah ihre Notizen vom Vortag durch. Sie hatte bereits drei Seiten gelesen, als ihr auffiel, daß sie nichts davon behalten hatte. Deshalb schob sie die Arbeit beiseite.
      Im ganzen Raum verteilt stapelten sich auf verschiedenen Stühlen Textilmuster, Farbtabellen, Tapeten- und Teppichbücher. Sie ging zum nächstgelegenen Stapel und sah sich die Vorhangskollektion von Warner an. Eigentlich hatte sie das nicht vorgehabt. Sie wollte schreiben; sich in die vernünftige, aufgeklärte Welt des achtzehnten Jahrhunderts hineinversetzen, doch sie konnte sich nicht konzentrieren. Die disziplinierte Energie, auf die sie sich sonst so mühelos und unhinterfragt verließ,"wollte sich heute nicht einstellen.
      Sie stand am Fenster und blätterte durch die Baumwoll- und Chintzmuster. Sie hielt sie gegen das Licht, um zu sehen, wie die Farben bei Tageslicht wirkten. Am besten gefiel ihr ein Stoff mit großen Blumentupfern. Kräftige, leuchtende und aggressive Farben. Sie hatte genug von den zarten Farben und den kleinen, süßen Müsterchen. Sie nahm ein paar Farbproben in die Hand. Das zarte, hochglänzende Mimosengelb gefiel ihr besonders gut. Sie wollte einen Sofabezug aus einfarbigem Segeltuch und Massen von Kissen in leuchtenden Farben. Mit bestickten Hüllen oder Gobelinbezügen, oder sollte sie sich für diese hübschen Applikationen aus wattierten Satinwolken und kleinen, lustigen Schäfchen entscheiden? Ja. »Raff dich auf, Gilmour«, sagte sie sich und begann nach dem Bandmaß zu suchen.
      Unten hörte sie das Schlagen der Haustür. Mrs. Jollitt. Rosa stand auf einem Stuhl, um den Faltenwurf des Vorhangs auszumessen. Auf einem Stück Papier notierte sie sich die Maße. Aus der Küche drangen klappernde Geräusche, ein Knall und dann eine schrille Sopranstimme, die der Welt verkündete, daß die dazugehörige Sängerin es auf ihre Weise machte.
      Rosa wandte sich wieder den Wandfarben zu. Weiß würde zu kalt wirken, andererseits müßte die Farbe wegen der gelblackierten Tür, der Holzarbeiten und des Vorhangs, den sie ausgewählt hatte, ziemlich dezent sein. Grautöne kamen aus demselben Grund nicht in Frage. Vielleicht ein helles Braun ... oder Eierschale. Ocker wäre zu dunkel, blaßgelb zu gewöhnlich, und die Wandflächen waren ein wenig zu groß, als daß Beige gewirkt hätte. Schließlich entschied sie sich für Eierschale mit einem Stich Gelb. Ihre bedrückte Stimmung ließ fast unmerklich nach. Jetzt zum Teppich.
      Das Dunkelbraun des jetzigen Teppichbodens war viel zu bedrückend. Zunächst hatte sie Grün ins Auge gefaßt, entschied dann aber, daß es zusammen mit den Blumen und den Wänden den Eindruck erwecken könnte, als arbeite man in einem öffentlichen Park. Es gab da ein helles Schokoladenbraun mit cremefarbenen Tupfen. Aus einem tweedähnlichen Material. Sie kniete sich und maß

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