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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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Gläser beschlugen sofort. »Ich habe Kirschsuppe bestellt.«
      »Servieren sie immer noch Kirschsuppe?«
      »Spezialität des Hauses.«
      Das Restaurant machte einen gemütlichen, fast heimeligen Eindruck. Die Vorhänge schlossen das graue Herbstlicht aus, und etliche Kellner waren damit beschäftigt, dampfende Schüsseln auf schneeweiße Tischdecken zu stellen. Das Licht war gedämpft. Rosa sog genüßlich den Duft ihres Weins ein. Der erste Gang wurde serviert. Zunächst war sie ein wenig verwundert, daß Duffy an einem solchen Tag eine kalte Suppe bestellt hatte, doch die Kombination aus Kirschen und saurer Sahne schmeckte köstlich, und der leicht herbe Geschmack wurde durch den blumigen, honigähnlichen Wein abgemildert.
      Duffy schien sich wohl zu fühlen. Sie war so daran gewöhnt, ihn in sportlicher Kleidung oder in Cordhose und Pullover zu sehen, daß ihr der dreiteilige Anzug mit den schmalen, grauen Nadelstreifen wie eine Art Offenbarung vorkam. Sein Hemd war aus weichem Baumwollmaterial und ebenfalls in einem blassen Ton gehalten. Sie konnte nicht entscheiden, ob es weiß oder grau war, und fragte ihn danach.
      »Der Verkäufer bei Turnbull & Asser meinte, es wäre blau. Halt's also, wie du willst, mein Schatz.« Ein Lächeln überzog sein Gesicht, dessen hagere, gebräunte Wangenknochen durch das gedämpfte Licht weicher wurden.
      Rosa lächelte zurück. »Ich hasse Nylonhemden, du auch?«
      »Mein Gott, ja. Sie scheinen zu Netzunterhemden, Krawatten und Taschentüchern zu passen.«
      »Und zu Männern, die zu Sandalen Socken tragen.« Doch hätte sie sich vorher jemals überlegt, welche Hemden Duffy trug, wäre sie davon ausgegangen, daß sie aus Nylon waren. Für einen alleinstehenden Mann waren sie praktisch, man brauchte sie nur mit der Hand durchzuwaschen und im Badezimmer zum Trocknen aufzuhängen. Vielleicht wohnte er nicht allein. Vielleicht gab es ein oder sogar mehr als ein Paar Hände, das nur allzu bereitwillig seine Turnbull & Asser-Hemden wusch und bügelte. Ihr wurde bewußt, daß sie für ihn kein Mitleid mehr empfand. Ein gefährliches Zeichen.
      »Ich nehme Gulasch. Und du?«
      »Ein Omelette, bitte. Während des Tages esse ich nie sehr viel. Wir essen ... na ja, später.« Plötzlich wurde sie schüchtern, als habe sie einen Fauxpas begangen, indem sie ihr Familienleben in die Unterhaltung einbezogen hatte.
      Aber Duffy fragte nur: »Welches Omelette?«
      »Ein Eieromelette.« Sie lachten beide herzlicher, als der schwache Witz verdient hatte.
      Das Omelette, das dann serviert wurde, war üppig, locker und mit Mohn bestreut. Dazu aß sie einen Salat. Duffys Gulasch roch nach Paprika und zartem Fleisch und wurde mit Reis und Okra serviert. In freundlichem Einvernehmen begannen sie zu essen.
      Nicht nur Duffys Kleidung war anders als sonst. Im Studio hatte sie immer das Gefühl gehabt, daß er sich in Pose warf. Den rauhen, aber herzlichen Sportreporter spielte, der auf Rosa Gilmour ein Auge geworfen hatte. Es war ihr vorgekommen, als seien seine Annäherungsversuche und Einladungen zum Mittagessen lediglich ein Teil dieses Spiels gewesen. Jetzt hatte er diese Rolle abgelegt, und obgleich sie das grundsätzlich als angenehm empfand, war sie verwirrt. Sie stellte fest, daß sie begierig war, ihm Fragen zu stellen. Seinen Hintergrund auszuleuchten, von dem sie so wenig wußte, und herauszufinden, auf welchem Wege er zu City Radio gekommen war. Und wie seine Zukunftspläne aussahen.
      Sie versuchte sich sein Zuhause vorzustellen. Wahrscheinlich lebte er in einer Appartementwohnung. Sie fragte sich, welche Bücher und Gemälde er wohl hatte - wenn überhaupt. Dann fiel ihr auf, wie herablassend dieser Zusatz war. Warum sollte ein Sportreporter keine Gemälde besitzen? Duffy war ein ausgezeichneter Journalist. Wahrscheinlich hatte er eine Bibliothek, die die ihre in den Schatten stellte. Vielleicht würde er sie nach dem Mittagessen bitten, mit in seine Wohnung zu kommen. Natürlich würde sie ablehnen. Sie hoffte, er würde ihr kein solches Angebot machen. Es war so angenehm, in ihm einen Freund und Verbündeten zu haben. Mit allem anderen wollte sie einfach nichts zu tun haben.
      »Keine Angst.«
      »Wie bitte?« Sie wurde rot.
      »Du weißt, was ich meine.«
      »Nein, wirklich nicht.«
      »Komm schon, Liebling. Ich kann dich lesen wie ein offenes Buch. Schau her -« Er hob seine Hände auf Schulterhöhe und wandte ihr die

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