Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der neue Daniel

Titel: Der neue Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
Vom Netzwerk:
Alte ist Irländer. Da kann man schon von vornherein 'ne gewisse Deutschfreundlichkeit voraussetzen. Also auf in den Kampf und bleiben Sie politisch. Richten Sie sich nach mir, beobachten Sie uns beide, und Sie werden sehen, Sie kriegen Ihre Reisepapierchen, müßte doch mit dem Teufel zugehen. Reiben Sie ihmnur das Internationale Recht fest unter die Nase. Die Leute wissen nicht, daß es das gibt, aber Sie wissen's; Sie haben das genau nachgelesen, und Sie sagen, Sie können's ihm beweisen und dann geniert er sich, daß er Marshall Attorney ist und noch nichts davon gehört hat.«
    Mit einem leichten aufmunternden Klaps schob er Erwin voran. Man stieg die breite Steintreppe hinauf. Zuerst kam man in einen Raum in dem nur einige mißgelaunt aussehende Männer an großen Bureautischen vorhanden waren. Nachdem Zuckschwerdt in fast unverständlich hervorgeschnaubtem, sehr nasalem Englisch erklärt hatte, wen er sprechen wolle, wies der eine von den Männern mit dem Daumen nach links, wo eine weitere Tür war. Man ging dort hinüber und kam in ein ebensolches Zimmer, wo wiederum einige Herrschaften hinter Bureautischen vorhanden waren, diesmal jedoch nicht so schläfrig, sondern mit sehr lebhaften Augen, die mit zwei schnellen Drehungen schwarzer Pupillen eine erschöpfende Charakteristik der beiden Besucher in sich aufnahmen und dann hinter herabsinkenden Lidern formulierten und verdauten.
    Man sah in diesen Augen die Gewohnheit, Menschen nach kleinen äußerlichen Merkmalen erschöpfend abzuschätzen, wenigstens so weit sie für gewisse Zwecke in Betracht kamen.
    Da waren zwei mäßig feiste Beamte; der einediktierte mit Schnellzugsgeschwindigkeit vor sich hin und unterhielt eine Schreibmaschine in der anderen Ecke dadurch in wirbelnder Tätigkeit; der andere brannte mit seiner Zigarre ein Loch durch seine Zeitung und beobachtete, wie die Funken liefen, so als ob er in Gottes weiter Welt nichts besseres zu tun fände.
    Hinten war ein verdächtig aussehender Aufbau bemerkbar, der einem der Käfige glich, in denen Händler, die für zoologische Gärten sammeln, ihre lebenden Waren zu verschicken pflegen; in diesem Aufbau befand sich ein Stühlchen. Die nackte Bedeutsamkeit des Arrangements hatte einen Effekt auf Erwin, als schiebe man ihm eine längst erkaltete Wärmflasche, die er noch heiß geglaubt, plötzlich auf den Magen.
    »Hier machen,« erklärte Zuckschwerdt ihm laut auf deutsch (was eine tolle Waghalsigkeit bedeutete), »hier machen die Kerle ihre Verhöre. Da steckt man ein armes Luder in den Drahtkäfig und feuert von allen Seiten Fragen in sein Trommelfell, bis er ganz dumm ist. Die Finger kann er nicht in die Ohren stecken, weil er solche kleinen Schmuckstücke trägt.« Und er wies auf ein paar Knöcheleisen aus blankem Nickel, die auf dem Fensterbrett lagen. »Heute ist zufällig niemand da. Deswegen brennt auch dieser Herr seine Zeitung kaput.«
    Ein fortwährendes Gehen und Kommen herrschte in einer Ecke. Aufgeweckt aussehende Herren,die Hutkrempen etwas im Gesicht, erschienen und nahmen beschriebene Papierchen mit oder legten solche auf ein Pult zurück, wo sie der diktierende Beamte schläfrig musterte und zerknüllte. Zuweilen streckte auch nur jemand seinen Kopf herein, wie etwa ein Fuchs in den Gänsestall, machte rätselhafte Zuckbewegungen des Halses, die irgendwelche Bedeutung hatten, schnippte mit den Fingern oder übte ähnliche Zeichensprache.... Dabei schien es, als kümmere sich im ganzen Bureau kein Mensch darum, was für private Scherze diese kleine fixe Gestalt für sich vollführe. Um Zuckschwerdt und seinen Begleiter kümmerte sich noch niemand.
    »Detektive«, murmelte Zuckschwerdt. »Nun aber wird's Ernst. Jetzt nur das beste Englisch.«
    Er hatte seine Karte in der Hand, diejenige nämlich, auf der er sich als Maschineningenieur legitimierte, und legte sie, stramm und doch bescheiden vortretend, auf den Tisch. Der Mann mit der mißbrauchten Zigarre blickte schnell auf, als ob er ihn das erstemal bemerke, und wies ein Maschinenfräulein, das zauberhaft schnell auf einen Klingeldruck erschien, mit knarrender Stimme an, die Beiden vor den Allgewaltigen zu bringen. Das Fräulein schlüpfte mit der Karte voran; nach einer Weile öffnete sich die Tür und sie winkte ihnen, hereinzukommen.
    Der dritte Raum, den sie jetzt betraten, war der größte. Man sah durch gotisch zugespitzte Fenster auf den Platz hinunter. Hinten in derEcke in einem Ledersessel, über dessen eine niedrige Lehne er

Weitere Kostenlose Bücher