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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er sich dem Thron näherte. Und um noch eins draufzusetzen schlug er auch noch die Zeichen Yissous-des-Beschützers und Dawinno-des-Zerstörenden. Die waren zwei Hauptgötter der Koshmar. (So etwas ist stets nützlich, wenn man es mit Gemischtrassischen zu tun hat!)
    Husathirn Mueri war insgeheim überzeugt, daß alle Welt mit derartigen Segenssprüchen und Gestenritualen viel zuviel Zeit vergeude, und antwortete mit einer Andeutung des Yissou-Zeichens. Dann sprach er: »Was gibt’s denn, Curabayn Bangkea? Ich muß mich da mit diesen erzürnten Bohnensäcken herumplagen, und ich habe eigentlich nicht vor, mir heut nachmittag noch mehr Ärger zuzumuten.«
    »Vergebung, Throngnaden. Man hat einen Fremdling arretiert, direkt vor der Stadtmauer.«
    »Einen Fremden? Was für einen Fremden?«
    »Das weiß ich ebensowenig wie du«, sagte der Hauptmann und schüttelte so heftig den Kopf, daß ihm fast der klirrende Riesenhelm davongeflogen wäre. »Es ist ein sehr fremder Fremdling, ja, das ist er. Ein Jüngling noch, sechzehn, siebzehn, dünn wie eine Zaunlatte, als wie wenn er sich sein Leben lang bis jetzt durchgehungert hätte. Und dann kommt der aus dem Norden hier angeritten und sitzt auf dem größten Zinnobären, den man je gesehen hat. Ein Haufen Bauern hat ihn aufgespürt, weil er ihnen draußen im Emakkis-Tal die Felder zertrampelt hat.«
    »Soeben, sagst du?«
    »Vor zwei Tagen, oder so etwa. Also, zwei und einen halben, um genau zu sein.«
    »Und er ritt auf einem Zinnobären?«
    »Ja, so groß wie anderthalb Häuser«, sagte Curabayn Bangkea und breitete die Arme aus. »Doch warte, es kommt noch besser. Das Zinnobär trägt am Hals eine Hjjk-FIagge, und seine Ohren sind mit Hjjk-Abzeichen bestickt. Und der Kerl hockt da droben und gibt Laute von sich – genau wie ein Hjjk.« Curabayn Bangkea legte beide Pranken an den Hals und stieß trockne rasselnde Kehllaute aus: »Khkhkh, Sjsjsjsss, Ggggggggjjjjk. Du weißt schon, was die für einen gespenstischen Lärm machen. Seit die Bauern ihn abgeliefert haben, haben wir ihn ununterbrochen verhört, aber mehr ist einfach nicht aus ihm rauszukriegen. Ab und zu stottert er ein Wort, das wir mehr oder weniger verstehen: Frieden, sagt er… Liebe, sagt er… die Königin, sagt er.«
    Husathirn Mueri verzog nachdenklich die Stirn. »Was ist mit seiner Schärpe? Irgendein Stamm, der uns bekannt ist?«
    »Er trägt keine Schärpe. Und auch keinen Helm. Überhaupt nichts, was darauf schließen lassen würde, daß er aus Yissou City kommt. Natürlich kann er auch aus einer der Städte im Osten gekommen sein, aber ich bezweifle das stark. Ich denke, es ist ziemlich klar, was er ist, Herr.«
    »Und das wäre?«
    »Ein Flüchtling der Hjjks.«
    »Ein Entflohener…«, sagte Husathirn Mueri nachdenklich. »Ein entsprungener Gefangener? Meinst du das?«
    »Na, das ist doch einleuchtend, Herr! Alles an ihm riecht nach Hjjk! Nicht bloß das Gekrächze, das er von sich gibt. Er trägt auch ein Armband, das aussieht, wie wenn es aus geglättetem Hjjkpanzer gemacht ist – leuchtendgelb, ja so ist es, und mit ‘nem schwarzen Band… und einen Brustpanzer aus dem gleichen Zeug. Weiter hat er nichts an, nur die zwei Stücke aus Hjjk-Panzer. Was sonst, deine Gnaden, könnte er denn andres sein als ein Flüchtling?«
    Husathirn Mueri zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Die Augen waren bernsteingolden, ein Merkmal seiner Mischrassigkeit, und sehr scharf.
    Hin und wieder geschah es, daß ein umherwandernder Trupp von Hjjks auf ein streunendes Kind stieß, das sich an einem Ort aufhielt, an dem es nicht sein sollte, und sich dann mit dem Streuner aus dem Staub machte. Niemand wußte zu sagen, warum. Aber es war nun einmal die abgründige Besorgnis eines Elters, daß die Hjjks ihr oder ihm ein Kind stehlen könnten. Von den meisten dieser Kinder vernahm man nie wieder etwas. Aber hin und wieder gelang es doch einem, nach Tagen, Wochen oder sogar Monden der Abwesenheit zu entfliehen und zurückzukehren. Dann wirkten diese Heimkehrer zutiefst verwirrt und auf unglaubliche Weise verwandelt, als hätten sie in der Zeit der Gefangenschaft unvorstellbar Entsetzliches durchlitten. Nicht einer der Zurückgekehrten hatte sich jemals bereit gefunden, auch nur mit einem Wort zu schildern, was für Erfahrungen er bei den Insektenleuten durchleben mußte. Und es galt als grob taktlos, sie danach zu fragen.
    Allein schon der Gedanke an Hjjks erregte Übelkeit in Husathirn Mueri. Die Vorstellung, unter

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