Der neue Frühling
den Hjjks angegriffen.
Dann: Ihre Übermacht ist zu groß.
Und dann… Stille.
»Bereits zum zweitenmal«, verkündete Salaman von seinem Pavillon auf der Mauer den Bürgern von Yissou, die sich in gewaltiger Zahl auf dem Platz unter ihm versammelt hatten, »hat das Volk der Hjjks – ohne Provokation – unser Volk angegriffen. Zuerst wurden die unschuldigen Kolonisten abgeschlachtet, die Zechtior Lukin in ein unbesiedeltes Gebiet geführt hatte. Und nun haben sie die Armee massakriert, die wir zur Rettung Zechtior Lukins und seiner Leute entsandt hatten. Von jetzt an kann es für uns nur noch eine Politik geben!«
»Krieg! KRIEG!« ertönte des Gebrüll aus tausend Kehlen.
»Ja, den Krieg«, erwiderte Salaman. »Den totalen Krieg aller vom VOLK gegen diesen unversöhnlichen Erzfeind. Die Hjjks bedrohen von frühester Zeit an unablässig die Existenz dieser unserer Stadt! Aber jetzt werden wir mit dem Beistand unsrer Bündnispartner aus Dawinno das Feuer in ihr eigenes Reich tragen… Wir werden sie zu Hackfleisch verarbeiten… Wir werden ihre abscheuliche Königin hervorzerren ans Licht des Tages… und ihrer Scheußlichkeit und ihrem Leben ein Ende machen!«
»KRIEG! KRIEG!« brüllte die Menge wieder.
Später aber, am Nachmittag selbigen Tages, nachdem Salaman in seinen Palast zurückgekehrt war und auf dem Thron Harruels Platz genommen hatte, trat sein Sohn Biterulve vor ihn und sprach: »Vater, ich will mit dem Heer ziehen, wenn es ins Land der Hjjks aufbricht. Ich ersuche dich pflichtgemäß um deine Erlaubnis. Aber ich flehe dich an, versage sie mir nicht.«
Salaman spürte, wie eine Hand sich um sein Herz krallte. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Du?« Er stierte den blassen schlanken Knaben verblüfft an. »Was verstehst du schon vom Kriegshandwerk, mein Biterulve?«
»Ich habe befürchtet, daß du das sagen wirst. Aber, weißt du, ich reite schon lange regelmäßig mit meinen Brüdern ins weitere Land um die Stadt. Und ich habe von ihnen auch einige Fertigkeit im Kämpfen erlernt. Du darfst mir diesen Krieg nicht vorenthalten, Vater!«
»Aber die Gefahren…«
»Willst du mich zu einem feigen Weib machen, Vater? Ja, schlimmer noch als ein Weib, denn ich weiß genau, daß in deinen Kampfbrigaden auch Frauen mitziehen. Und ich soll daheim hockenbleiben? Mit den Tattergreisen und greinenden Säuglingen?«
»Aber du bist kein Krieger, Biterulve.«
»Doch, das bin ich.«
Die ruhige Beharrlichkeit des Jungen verriet eine Stärke, die Salaman nie vordem an ihm bemerkt hatte. Und er sah den funkelnden Zorn und den verletzten Stolz in Biterulves Augen. Und der König erkannte, daß dieser sein sanftmütiger, eher zur Gelehrsamkeit neigender Sohn ihn in eine unmögliche Lage manövriert hatte. Verweigerte er Biterulve die Teilnahme am Krieg, dann beraubte er ihn für alle Zeit seiner Fürstennatur. Und der Junge würde es ihm nie verzeihen. Ließ er ihn aber ziehen, dann würde ihm womöglich der Knabe von einem scharfen Hjjk-Speer aufgespießt und getötet. Und eine derartige Vorstellung vermochte Salaman nicht einmal als Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
Es war eine unmögliche Situation. Und er spürte, wie schon wieder der Zorn in ihm herauf quoll. Wie konnte das Kerlchen es wagen, ihm eine solche Entscheidung aufzubürden? Aber Salaman beherrschte sich.
Biterulve wartete. Hoffnungsvoll und furchtlos.
Er läßt mir keine Wahl, dachte Salaman bitter.
Schließlich sprach der König mit einem tiefen Seufzen: »Ich hätte es nie für möglich gehalten, Junge, daß dich die Lust nach Kämpfen packen würde. Aber ich erkenne, ich habe mich getäuscht in dir.« Er wandte den Blick ab und verabschiedete seinen Sohn mit einer brüsken Handbewegung. »Also – dann geh! Geh, mein Sohn! Mach dich marschbereit… wenn du es denn schon tun mußt.«
Biterulve grinste, klatschte und eilte aus dem Saal.
»Bring mir Athimin her!« befahl der König einem der Hoflakaien.
Als der Prinz sich einfand, sagte Salaman verdrossen zu ihm: »Biterulve hat mir soeben eröffnet, daß er mit uns in den Krieg ziehen will.«
Athimins Augen funkelten vor Überraschung. »Aber, das wirst du ihm doch sicher verbieten, Vater!«
»Nein. Ich habe es ihm gestattet. Er sagte, ich würde ihn entmannen, ein Weib aus ihm machen, wenn ich ihn zwingen sollte, daheimzubleiben. Nun, so sei es denn also. Aber du wirst sein Pädagoge und Beschützer sein, ist das klar? Wenn ihm auch nur ein Finger verletzt wird, lasse ich dir drei
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