Der Neue im Sportinternat
von Adrians Lächeln und jede einzelne Muskelbewegung, die im Ansatz als solches gewertet werden könnte. Maurice ist wie versteinert. Sein Gesicht verfinstert sich und wird zum Zerrbild von Eifersucht und Missgunst. Wenn Blicke töten könnten!
Auf Leon prasseln die unterschiedlichsten Wahrnehmungen nieder und jede Einzelne ist von einer beispiellosen Intensität. Sympathie, Antipathie, Anerkennung, Ablehnung, Interesse, Desinteresse, Neugierde, Ignoranz - das reinste Kaleidoskop der Empfindungen!
»Ab mit dir ins Wasser und zeig mir, was du drauf hast!«, fordert Adrian Leon mit einem optimistischen Lächeln auf.
Leon nickt. Er will Adrian eine Demonstration seines Talents geben und nicht nur ihm! Das ist die Chance, um alle Zweifel zu beseitigen und die eigene Position in der Gruppe zu festigen. Wenn es Leon gelingt von Anfang an zumindest sein Selbstbewusstsein als Sporüer zum Ausdruck zu bringen, dann schafft er sich damit ein Fundament und gewinnt an Bedeutsamkeit. Ein starker Schwimmer, ein echtes Talent, ist ein Zugewinn für das Sportinternat. Schloss Drachenfels schmückt sich schließlich mit der Elite, und Leon weiß, dass er sich in die sportlichen Auslese einreihen kann - wenn er will!
Leon steht am Beckenrand. Die Blicke der anderen kann er förmlich auf der Haut spüren. Die Situation ist ähnlich wie jene, als er zum ersten Mal den Speisesaal betreten hat. Allerdings fühlt er sich diesmal nicht so unangenehm ausgeliefert, weil das Überraschungsmoment auf seiner Seite ist! Leon konzentriert sich, ist mental ganz bei sich in der Mitte. Er streckt die Arme über den Kopf hinweg und springt kopfüber ins Wasser. Wie ein Pfeil durchbricht er die Oberfläche und wird eins mit dem nassen Element. Leon beginnt zu kraulen. Durch den wechselseitigen Armzug in Kombination mit dem ebenfalls wechselseitigen kraftvollen Abwärts-Beinschlag erzeugt er einen Antrieb ohne Unterbrechung. Dadurch entsteht eine optimale rückstoßfreie Vortriebswirkung. Leons Gesicht befindet sich im Wasser und nach mehreren Armzügen dreht er es seitwärts, um Luft holen zu können. Den Körper hält er in der Horizontalen. Leon gewinnt schnell an Geschwindigkeit! Als er das Ende der Bahn erreicht, vollführt er eine bilderbuchmäßige Rollwende und stößt sich mit den Füßen von der Wand ab.
Ohne jede innere Anspannung krault Leon Bahn um Bahn. Wie sehr hat er das Training vermisst! Er spürt seinen Körper, nahezu jeden Muskel. Gedanklich ist er weit weg von all dem, das ihn traurig und unglücklich macht. Im Wasser ist er mit sich allein und genießt diesen Zustand. Wann immer Leon trainiert, begleitet ihn ein inneres Lächeln.
Adrian ist begeistert. Leon übertrifft haushoch seine Erwartungen. »Was du mir eben gezeigt hast, hat Spitzenniveau! Unglaublich! Mensch, Leon! Da schwimmt ein zukünftiger Weltmeister!, habe ich gedacht. Ganz große Klasse, ehrlich!«, lobt Adrian Leon und ist begeistert. Aus dieser Begeisterung heraus legt er den Arm um ihn und drückt ihn kurz an sich. »Ich freue mich, dass ich mit dir arbeiten darf! Wir sollten dich fix auf die nächsten Wettbewerbe vorbereiten. Nachher werde ich auf jeden Fall mit Herrn Winkler sprechen. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht ein-, zweimal pro Woche einzeln mit dir trainieren. Meiner Meinung nach ist das sinnvoll. Ich mache mich gern stark für dich, damit du optimal gefördert wirst.«
»Danke!«, lächelt Leon zufrieden. Er weiß, dass er bei der Demonstration seines Könnens richtig gut war. Leon genießt das Lob. Es ist ermunternd und ebenso aufbauend. Mit Adrian hat er nicht nur einen netten Trainer gefunden, sondern auch einen, der offenbar gewillt ist, sich zu engagieren!
Adrian will, dass Leon mit Sandro trainiert. Sandro ist ebenfalls ein vielversprechendes Talent. Adrian lässt es sich nicht nehmen zu erwähnen, dass Sandro gern zu Übertreibungen neigt und sich dadurch des Öfteren verletzt. »Er will grundsätzlich eine gute Figur machen«, grinst Adrian schelmisch und wirkt dabei sehr erotisch. »Manchmal verwechselt Sandro das Wasser mit dem Laufsteg.«
Sandro lächelt wie ein Sieger, weil er sich dank Adrians Bemerkung als Mister Handsome bestätigt fühlt. Leon schwimmt zu ihm rüber. Beide folgen Adrians ausführlicher Trainingsanweisung. Für wenige Sekunde ist Leon abgelenkt, weil er beobachtet, wie Maurice das Schwimmbecken verlässt und ihn unvermindert mit Killerblicken bombardiert.
Adrian wendet sich seinen anderen
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