Der Neue im Sportinternat
Tisch sitzt«, stellt Leon sachlich fest und macht sich Vorwürfe. »Wie kann man nur so ignorant sein?!«
»Mann, ist der vielleicht fett! Der hat ja richtige Titten!«, lästert Maurice und zeigt keinerlei Mitgefühl. »Täusch ich mich oder hat der Fettsack sich bekackt?«
Falko ist amüsiert und lacht. »Seitdem der Neue im Schloss ist, geht hier ordentlich die Post ab! Hey, Suppen-Farrell, im Mittelalter wärst du verbrannt worden!«
»Stimmt! Falko hat recht!« Maurice nutzt den günstigen Moment, um sich auf Falkos Seite zu schlagen und mit ihm gegen Leon zu wettern. »Alles war bestens, bis Farrell aufgekreuzt ist. Schon komisch! Was passiert als Nächstes?«
»Komm, lass uns sehen, ob wir helfen können!« Leon zieht Chocco am Arm. »Kommst du mit?«, fragt er Sandro.
Sandro nickt. Gemeinsam verlassen sie den Speisesaal.
»Nimm das bloß nicht persönlich!«, rät Sandro Leon. »Der Neue im Internat hat immer die Arschkarte! Ist n gefundenes Fressen für die, um dich fertig zu machen.«
»Schaffen die eh nicht!« Leon zeigt Kämpfergeist und versteckt seine Betroffenheit.
Am Schlosseingang treffen sie auf Mateo. Er steht im Türrahmen, raucht eine Zigarette und ist mit einem Besen bewaffnet. Es sieht so aus, als machte er eine Zigarettenpause. Leon, Chocco und Sandro wollen an Mateo vorbeilaufen, grüßen ihn dabei.
»Ey! Was rennt ihr wie Bekloppte? Langsam! Wenn ihr euch den Hals brecht, verklagen uns eure Alten!«, mault Mateo.
»Etwas Schreckliches ist passiert!«, ruft Chocco. »Komm mit, Mateo!«
Mateo fragt erst gar nicht, was genau geschehen ist. Er wirft die Zigarette weg und rennt mit Chocco mit. Leon bleibt zurück, um die Zigarettenkippe an sich zu nehmen. Er wirft einen flüchtigen Blick auf den Filter, um zu sehen, welche Zigarettenmarke Mateo raucht. West! Damit führt eine erste heiße Spur zu Mateo. Was für eine Überraschung! Leon lässt sich nichts anmerken und rennt nach draußen.
Adrian hat Nils losgebunden. Nils hat einen Kreislaufkollaps erlitten. Gemeinsam mit Mateo trägt Adrian Nils in die Schlosshalle. Lori nimmt ihr Handy und ruft einen Krankenwagen. Adrian kümmert sich um Nils, leistet erste Hilfe. Mateo assistiert ihm dabei. Chocco nimmt Loris Hand, hält sie fest in seiner. Leon steht da, beobachtet die Szene und würde am liebsten laut aufschreien.
»Wer hat das nur getan?«, fragt Lori immer wieder und hält die Papptüte mit der Aufschrift ANTIMENSCH in der Hand. Vom Regen ist sie pitschnass wie all die anderen auch. »Nils ist so ein netter Junge!«
Leon seufzt. Er kämpft mit sich. Er könnte preisgeben, was er gesehen und gehört hat. Ob man ihm glauben würde, bezweifelt er. Seine Worte wären nicht mehr als Anschuldigungen ohne Beweise. Außerdem würde es nach den Äußerungen von Falko und Maurice so aussehen, als würde er sich nicht nur reinwaschen wollen, sondern auch rächen.
Nils liegt auf dem Boden und ist noch immer nicht bei Bewusstsein. In der Gemeinschaft allein zu sein und das Gefühl zu haben, alles mit sich selbst ausmachen zu müssen, ist die Hölle! Einsamkeit zermürbt die Seele.
niemand hat's g esehen
Den Täter decken, indem man nichts sagt und sich hinter einer Mauer des Schweigens versteckt. Solange man nicht selbst zum Opfer wird und es einen anderen trifft, wird das Unrecht hingenommen. Damit wird man zum Komplizen! Feigheit verschluckt das Mitgefühl und eliminiert jede Regung der Menschlichkeit. Was für eine Welt ist das? Was kann man von einer Gesellschaft voller Feiglinge erwarten? Elende Feiglinge! Leon kann nicht glauben, dass sich ein eisiges Schweigen hinter den Schlossmauern ausgebreitet hat. Niemand will etwas gesehen haben! Eine Lüge! Die Courage ist krepiert, bevor sie überhaupt Form angenommen hat!
Eine knappe Woche ist seit dem Vorfall mit Nils vergangen. Konsequenzen wird es nicht geben. Eine Unglaublichkeit, die zum Himmel schreit. Leon möchte aus der Haut fahren! Als Internatsleiter betreibt Armin Winkler eine Führung, die sehr fragwürdig ist. Positives trägt er in die Welt des Sports und lässt die lokale Presse eifrig und ganz in seinem Sinne Bericht erstatten. Wogegen Negatives mit einer verbalen Brachialgewalt unter den Teppich gekehrt wird. Winkler verpasst jedem einen Maulkorb, schüchtert ein und droht mit Konsequenzen.
Adrian Tomlin hat getobt und wollte Gerechtigkeit für Nils. Er hat darauf bestanden, dass der Vorfall ohne Rücksicht auf Verluste aufgeklärt wird. Unterstützt wurde er dabei
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