Der Neue im Sportinternat
ich die noch!« Leon steht in knapper Badehose vor Sawatzki, sieht ihn an und erkennt in Sawatzkis Blick Begierde. Er hat sich also nicht getäuscht!
»Als Trainer könnte ich dir unter die Arme greifen. Du bist gut!« Sawatzki nähert sich unter einem sportlichen Deckmantel an und ist dennoch Mann, auch wenn er das zu verstecken versucht. »Für den Nachwuchs tu ich einiges, und besondere Talente fördere ich persönlich! Du brauchst einen Trainer, der das Geschäft versteht und dich gezielt vorbereitet und aufbaut. Meld dich!«
»Werde ich!«
Sawatzki lächelt, dreht sich um und geht einen Schritt. Er bleibt stehen, macht kehrt und fragt: »Hat dich dein Freund noch mal belästigt? Oder hat er es kapiert und lässt dich in Ruhe?«
»Welcher Freund?« Leon hat ihn sehr gut verstanden. Aber auf Freund will er nicht reagieren, denn der Sachverhalt ist ein anderer.
»Na, der ungestüme Verehrer aus der Dusche!« Sawatzki grinst. Er ist nach wie vor davon überzeugt, dass Leons Schilderung nicht der Wahrheit entspricht und mutmaßt, dass Leon letztendlich der Mut zur Selbstbekenntnis abhanden gekommen ist.
»Das war kein Freund!«, betont Leon.
»Weißt du«, sagt Sawatzki und legt die Hand auf Leons Oberarm, »als Sportler muss man diskret vorgehen. Davon hängt eine mögliche Karriere ab! Deine Angst teilst du mit vielen. Aber ein bisschen Spaß gehört auch zum Sportlerleben! Mach dir keine Sorgen. Bei mir ist dein Geheimnis gut aufbewahrt! Und solltest du mal jemanden zum Reden brauchen, zögere nicht! Du kannst mich jederzeit anrufen.«
Hilfe! Leon bleibt die Luft weg, als hätte man ihn in ein viel zu enges Korsett gesteckt. Will Sawatzki es nicht verstehen? Er hat mit eigenen Augen gesehen, was in der Dusche geschehen ist. Wie kann er dermaßen blind sein? Leon schnallt das nicht! Lässt Sawatzki sich von seinem Wunschdenken davontragen und ignoriert die Realität, weil er in der Rückschau nach wie vor ein geiles Remmidemmi unter Jungs in der Gemeinschaftsdusche sieht? Es hat ihn erregt; der Ständer in seiner Hose war ein Beweis dafür! Leon versucht erst gar nicht mehr, den Sachverhalt zurechtzurücken. Sawatzki glaubt, was er glauben will. Die Wahrheit würde nur seine Fantasievorstellung wie ein Denkmal demontieren.
Adrian betritt die Schwimmhalle. Sawatzki sieht ihn, verabschiedet sich von Leon und lässt ihn noch wissen, dass die Pflicht ruft. Er muss mit Amerika telefonieren und einige Termine abklopfen, die für Saschas Schwimmkarriere Prioritätsstufe eins haben.
»Tut mir leid, hat ein bisschen länger gedauert«, entschuldigt sich Adrian bei Leon. »Lori, ich meine, Frau von Rothenbach und ich mussten einiges besprechen und abklären. Ich wollte dich bestimmt nicht vernachlässigen!«
»Schon in Ordnung!«
»Weshalb bist du nicht im Wasser?« Adrian lacht und mit einem liebevollen Schubser wirft er Leon ins Becken. Sein Handy klingelt! Er macht dicke Backen, deutet an, dass er genervt ist. »Entschuldige mich noch mal kurz!«, bittet er Leon und stellt sich an die Seite.
Leon beobachtet Adrian. Adrian freut sich über den Anruf; das verrät seine Mimik. Soll er ruhig noch eine Runde sabbeln! Leon weiß, was er zu tun hat! Um den Kopf leer zu kriegen, taucht Leon bis zum Grund. Für ihn ist das wie meditieren! Er wird eins mit dem nassen Element. Leon richtet sich auf, streckt die Arme zur Oberfläche, stößt sich mit den Füßen vom Grund ab und schießt nach oben, durchbricht wie ein Pfeil die Wasseroberfläche. Als würde ihm jemand zurufen, sieht er zur großen Fensterfront. Falko! Er steht draußen auf dem Rasen und starrt durchs Glas wie ein Zoobesucher, der ein Tier beobachtet. Falko ist nicht allein. Timo und Fynn haben ihn in die Mitte genommen, als würden sie ihrem Herrn Geleit geben. Ihre Gesichter sind düster. Leon fühlt eine Bedrohung. Falko bewegt den Mund, als wolle er zu Leon sprechen. Ich fick dich!, ist seinen Lippen deutlich abzulesen. Leon schwebt wie eine Feder im Wasser und starrt Falko an. In Leon krampft sich alles zusammen! Falkos Narbengesicht ist wie ein Magnet, und Leon ist wie eine Nadel. Er wird vom Narbengesicht angezogen, wehrt sich mit Händen und Füßen und kann nicht aufhören zu starren. Vielleicht weil Leon sich wünscht, dass das alles nur eine Illusion ist und seine Furcht ihn mit einem Trugbild, einer Fata Morgana, in die Irre führt. Aber dem ist nicht so! Das teuflische Trio steht draußen an der Fensterfront und betreibt Psychoterror.
Mit
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