Der Neue im Sportinternat
eingetrichtert, immer dran zu denken! Nett wie er ist, hält sich Hakan dran. Gemeinsam gehen sie die Treppe runter. Leon erzählt ihm, dass sie zum Hausmeister müssen, weil der die Fahrräder ausgibt und bei der Rückgabe auf Schäden überprüft. Leon ist gespannt, wie Hakan auf Mateo reagieren wird.
Mateo sitzt draußen vor dem Schloss auf einem Klappstuhl mit einer Zigarette in der Hand und sonnt sich. Auf dem Boden neben dem Stuhl ist eine 1,5 Liter Flasche Cola abgestellt. Leon freut sich, dass er nach Mateo nicht lange suchen muss.
»Die Fleischmütze ist der Hausmeister?« Hakan fühlt sich leicht verarscht. »Bist du dir sicher? Jeder Irrtum ausgeschlossen?«
»Jeder!«
»Mann! Der Hausmeister sieht aus wie ein Nazi auf einem Sonnendeck! Hab irgendwie 'n verschrobenen Alten erwartet und kein Skinhead. Äy, das ist voll krass, Alder! Isch mein, guckst du die Fleischmütze an, fragst du disch: Ist das hier ein 1-Euro-Job für Leudde wie der Arschloch da vorn?« Hakan macht auf Türkdeutsch und ist saukomisch.
Leon schmunzelt und findet, dass Hakan einfach nur süß ist! Ein Mann mit Humor vertreibt die grauen Herbststunden, die sich sogar im Hochsommer heimlich ins Herz schleichen können. Mit jemandem wie Hakan lässt es sich bestimmt gut durchs Leben gehen, weil er Seele hat. Das kann Leon in Hakans Augen sehen. Ein Mann mit Seele macht die Liebe erst schön!, behauptet Leons Großmutter. Solche Männer leben, was sie fühlen! Erfahren wie Leons Großmutter ist, wird sie wissen, wovon sie spricht!
»Na, du!«, grüßt Mateo Leon. Er greift zum Becher, trinkt einen Schluck Cola. »Ich glaub, ich brauch heut was mit mehr Umdrehungen! Und? Seilen wir uns in nen abgefahrenen Zappelbunker ab, grooven 'ne Runde, chillen mit 'ner fetten Tüte und haben/««? Wenns dann Zeit wird für ordentlich Zickenalarm, fahren wir zu mir. Du stellst dich hinters Fenster, und ich füttere den Aufmerksamkeitsjun-kie in dir. Du weißt schon wie und womit!« Er zwinkert Leon zu, grinst für zwei.
»Haha! Witzig, witzig!« Leon setzt alles daran, eine spürbare Präsenz zu zeigen. Er will die Situation nicht nur im Griff haben, sondern regelrecht ausfüllen - mit seiner Persönlichkeit, seinem Charme und seinem Esprit. Dabei will er sich nicht offenbaren und zumindest ein gutes Stück weit ein Rätsel bleiben, das anziehend wirkt und das den Ansporn weckt, es ergründen zu wollen. Selbstverständlich hat Leons Verhalten nur einen Hintergrund: Er will Hakan so richtig gut gefallen und neugierig machen. Hakan soll denken: Wow! Was für ein Junge! In seinem Plan hat Leon sich alles ganz genau ausgedacht. Während Hakan ihn ergründet, kann er gar nicht anders und verliebt sich! Das sind die kleinen Tricks, so was wie sinnliche Diebe der Herzen. Darauf kann man nicht verzichten, unmöglich! Das weiß Leon von seiner Großmutter. Sie hat alles fein säuberlich in ihr Tagebuch geschrieben; ihr persönlicher Pannenreport, wie sie es gern nennt.
»Heil-o!« Hakan nimmt Haltung an, schlägt die Hacken aneinander und findet, dass Mateo gefälligst auch von ihm Notiz nehmen könnte. Eine politische Anspielung, die auf Mateos Äußerem basiert, kann er sich nicht verkneifen.
Mateo sieht Hakan unfreundlich an. »Du wirfst 'n Schatten, Sohn vom Bosporus!« Mit der Hand gibt er Hakan zu verstehen, dass er ein wenig zur Seite gehen soll. »Will dein Freund Ali ne Döner-Bude auf dem Schlossgelände eröffnen? In Fronberg wollen die ihn nicht, richtig?«, fragt Mateo Leon und ignoriert Hakan.
»Deutsche Bratkartoffeln sind dir lieber, wie?«, kontert Hakan.
»Haste unsere Verabredung zum Schwimmen vergessen?« Mateo behandelt Hakan wie Luft und beachtet nur Leon.
»Welche Verabredung?« Leon verschränkt die Arme ineinander. Auf keinen Fall will er sich in ein Gespräch verwickeln lassen, denn dafür ist die Stimmung zu sehr angeheizt. Hakan und Mateo können sich offensichtlich nicht riechen. Keine große Überraschung, oder? Leon will nur noch die Fahrräder und fragt Mateo danach.
Mateo überreicht Leon den Schlüssel für den Raum, wo die Fahrräder untergestellt sind. Er betont, dass er Leon vertraut, und durchbohrt Hakan mit Blicken, die provozierend und aufstachelnd sind.
Leon schaut in Mateos Gesicht, bedankt sich für den Schlüssel und denkt: Wer bist du wirklich? Für den Bruchteil einer Sekunde berührt er Hakans Hand, sagt ihm damit wortlos: Komm!
»Sympathischer Mensch!«, spottet Hakan laut genug, damit Mateo ihn
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