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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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geriet, war ein ganzer Berg von Rubinen, Smaragden und Amethysten. Der Orakelthron, auf dem er saß, war mit Gemmen aller Arten besetzt, und sein Gestell bestand aus reinem Gold. Der große Prophezeiungsspiegel, den er auf der Brust trug, bestand aus Silber und war mit feinsten Edelsteinen eingefasst. »Habt ihr euch niemals gefragt«, fuhr die Ama-la fort, »wo diese wertvollen Sachen bleiben, wenn er sie nicht benutzt? Wolltet ihr sie nicht einmal aus der Nähe betrachten?«
    Chindamani schüttelte den Kopf. Die Vorstellungen des Orakels in der weihrauchgeschwängerten Düsternis des Lhakang hatten sie immer erschauern lassen, und sie wollte nie mit der finsteren, unbegreiflichen Welt in engeren Kontakt kommen, die sie repräsentierten.
    »Das Geheimnis kennen nur ganz wenige«, flüsterte die alte Frau. »Der C höje selbst, seine Helfer und der Abt. Dazu ich, was natürlich keiner weiß.«
    Chindamani unterbrach sie.
    »Ich dachte immer, der Chöje bewahrt sie in seinem eigenen Raum auf. Oder in der alten Tempelhalle, wo er gewöhnlich meditiert.«
    Sönam schüttelte den Kopf.
    »Das glauben alle. Aber sie liegen an einem ganz anderen Ort. In einer kleinen Kammer unter dem Gön-kang .«
    Sie starrte Chindamani in die Augen. Die sah blanke Angst im Blick der Amme, die sie fest an der Hand gepackt hielt. Diese Angst, nackt und spürbar, übertrug sich auch auf sie.
    »Wenn man den Gang erreichen will, der zu der Treppe führt«, sagte die Ama-la, »muss man durch den Raum, wo die Orakelschätze aufbewahrt werden. Verstehst du? Ihr müsst durch die Kammer des Chöje hindurch.«
    »Ich verstehe nicht, Ama-la«, sagte Chindamani. »Was ist dabei, durch eine solche Kammer zu gehen? Wir rühren die Schätze des Chöje doch nicht an. Wir lassen sie, wo sie sind. Wir werden sie nicht einmal aus der Nähe betrachten. Die Götter werden uns nicht zürnen. Was soll uns passieren, wenn wir durch diese Kammer gehen?«
    Die alte Frau zitterte. Chindamani lief eine Gänsehaut über den Rücken. Was ängstigte sie nur so sehr?
    »Versteh doch!«, jammerte Sönam in weinerlichem Ton. Ihre Stimme bebte jetzt vor Angst. »Sie haben einen Wächter da unten. Er bewacht die Schätze, seit sie dort untergebracht wurden. Das war vor über fünfhundert Jahren. Er ist immer noch da.«

35
    »Was für ein Wächter?«, fragte Chindamani und suchte die Übelkeit zu unterdrücken, die aus ihrem Magen aufstieg.
    »Das weiß ich nicht!«, sagte Sönam. Die alte Frau war völlig außer sich. So hatte Chindamani sie noch nie gesehen. »Es ist auch gleichgültig! Er ist dort, was immer es sein mag!«
    »Aber wie kommt dann der Chöje an seine Sachen? Er musssie dreimal im Jahr von dort holen! Warum tut dieser Wächter ihm und seinen Helfern nichts?«
    »Woher soll ich das wissen? Der Chöje muss Macht über ihn haben. Er hat magische Kräfte. Mehr als du, meine Herrin. Und auch mehr als dieser Tsarong Rinpoche.«
    »Ich habe überhaupt keine magischen Kräfte, Ama-la. Das habe ich dir oft genug gesagt.«
    Chindamani glaubte auch nicht, dass ein anderer solche Kräfte besaß. Aber das behielt sie für sich.
    »Sag mir, Sönam«, fuhr sie fort, »weiß irgendjemand, was das für ein Wächter ist?«
    Die alte Frau prustete empört.
    »Natürlich. Der Chöje weiß es. Der Abt weiß es. Zumindest …« Sie hielt inne, denn ihr fiel ein, was Chindamani ihr gerade gesagt hatte. »Zumindest wusste er es. Und die Helfer des Chöje wissen es auch. Aber sonst niemand. Da bin ich sicher.«
    Chindamani seufzte. Sie wollte die alte Frau nicht noch mehr ängstigen, aber sie hatte die Leiche des Chöje und seiner drei Helfer in Thondrup Chophels Raum von der Decke hängen sehen.
    Sie fasste einen Entschluss.
    »Wir müssen es riskieren«, sagte sie. »Wenn der Chöje und seine Helfer dort hineingehen, ohne Schaden zu nehmen, dann können wir das auch.«
    Die alte Frau barg das Gesicht in den Händen, beugte sich vor und zurück und stöhnte laut.
    »Bitte, Ama-la«, flehte Chindamani. »Dafür ist jetzt keine Zeit. Vertraue mir. Göttin Tara wird mich beschützen.«
    Aber die alte Frau war nicht zu beruhigen. Sie stöhnte immer lauter. Offenbar vermischte sich bei ihr die reale Situation mit Fantasien von den übernatürlichen Schrecken der Welt, in der sie immer gelebt hatte.
    Chindamani wandte sich an Samdup.
    »Samdup«, sagte sie, »kümmere dich bitte um den Pee-ling -Jungen. Versuche, ihm klarzumachen, dass er keine Furcht haben muss. Und hab auch ein Auge

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