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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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unabdingbarer werden sie sein, wenn du weit fort sein willst, bevor Tsarong Rinpoche eure Verfolgung aufnimmt. Übrigens: Wenn der ein Rinpoche ist, bin ich der Hintern von einem Yak.« Die Alte kicherte. Sie nahm es auch mit ihrer Schutzbefohlenen auf, selbst wenn die eine Inkarnation der Göttin Tara war.
    »Die Lage ist ernst, Ama-la. Wir können nicht länger warten. Bestimmt kennst du einen Weg nach draußen, einen, den nicht einmal ich kenne. Einen Geheimgang durch die Felsen vielleicht. Hast du nicht einmal so etwas erwähnt …?«
    »Erwähnt? Was soll ich denn erwähnt haben? Ich habe nichts erwähnt!« Sönams Miene verfinsterte sich. Ihre Äuglein standen jetzt keinen Moment mehr still. Sie konnte Chindamani nicht ins Gesicht sehen. Sie wusste, worum die sie gleich bitten würde.
    »Bitte, liebe gute Sönam, denk nach«, drang Chindamani in sie. »Vor vielen Jahren, als ich noch ein kleines Mädchen war, hast du mir von einem Gang erzählt, der angelegt wurde, als Dorje-la noch im Bau war, einem Geheimgang, der das Kloster mit dem Pass verbindet. Der laufe durch den ganzen Berg, hast du gesagt. Ist das wahr? Gibt es einen solchen Gang?«
    Die alte Frau erschauerte.
    »Nein«, sagte sie. »So einen Gang gibt es nicht. Ich habe damals geflunkert, mir Geschichten für dich ausgedacht. Du darfst nicht alles glauben, was deine alte Ama-la dir erzählt.«
    Aber Chindamani kannte ihre Amme zu gut, um sich von ihr hinters Licht führen zu lassen.
    »Ama-la, bitte, jetzt flunkerst du. Damals hast du mir die Wahrheit gesagt, das höre ich an deiner Stimme. Lüg mich nicht an. Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wo ist dieser Gang? Wie kann ich dorthingelangen?«
    Sönam griff nach Chindamanis Hand und spielte mit ihren Fingern. Angst sprach aus ihrem Blick.
    »Ich habe geschworen, es niemandem zu sagen«, stammelte sie dann. »Dein letzter Körper hat es mir eröffnet. Ich weiß nicht, woher sie es hatte.«
    Die kleine Frau atmete schwer. Ihr Puls raste, und Schweißperlen traten ihr auf die Stirn.
    »Es gibt so einen Gang unter dem Gön-kang «, flüsterte sie. Chindamani musste sich ganz zu ihr hinunterbeugen. Samdup kam herbei und setzte sich dazu. William beobachtete die Szene von seinem Platz an der Wand. Zu gern hätte er gewusst, worüber die drei redeten. Er spürte die Angst und die Erregung in ihren Stimmen, konnte aber kein Wort verstehen.
    »Der Gang ist etwa einhundert Meter lang. Dann kommt man an eine Treppe, die in den Felsen gehauen wurde. Man nennt sie die Yama-Treppe, warum, weiß ich nicht. Sie führt bis zu einem Ort unterhalb des Passes, der vom Kloster nicht eingesehen werden kann. Man hat sie in der Zeit des alten Königs geschaffen. Das ist tausend Jahre her.«
    Chindamani vermutete, mit dem »alten König« sei Lang Darma gemeint. Die Stufen wurden sicher als Fluchtweg aus dem Gompa angelegt, damit der Abt sich bei einem Angriff der königlichen Truppen zurückziehen konnte. Das war vor Hunderten von Jahren, als der buddhistische Glaube in Gefahr war, überall im Lande ausgerottet zu werden.
    Samdup klatschte begeistert in die Hände.
    »Das ist genial!«, rief er. »Chindamani kennt viele geheime Wege zum Gön-kang . Wir müssen sie nur benutzen, dann sind wir in Sicherheit. Sie werden nie erfahren, wie wir von hier entkommen sind.«
    Aber die alte Frau schüttelte zornig den Kopf. Sie tat es so heftig, dass Chindamani befürchtete, er könnte abfallen und ihr in den Schoß rollen.
    »Nein, mein Herr, nein!«, rief sie. »Sie dürfen diesen Gang nicht benutzen! Ich habe noch nicht alles gesagt.« Sie verstummte, als müsse sie erst Mut fassen, um weiterzusprechen.
    »Vor Hunderten von Jahren«, hub sie an, »als der erste Chöje hierherkam, brachte er aus Lhasa einen großen Schatzmit – Gold, Silber und Edelsteine, mit denen seine Tanzkostüme geschmückt werden sollten. Ihr habt ihn bereits im Lhakang tanzen sehen, wenn er in den heiligen Zustand gerät und die Götter aus ihm sprechen.«
    Der Chöje war das Orakel von Dorje-la. Wenn er bei seinen rituellen Tänzen in mystische Trance geriet, konnte er mit Geistern und selbst Göttern in Kontakt treten und anderen Menschen ihre Botschaften vermitteln. Die Zeremonie, bei der er auftrat, fand nur dreimal im Jahr statt, war aber stets das aufregendste Ereignis im Klosterkalender.
    Das Ornat, das er dafür benutzte, war in der Tat eindrucksvoll – der große Hut, so schwer, dass ihn zwei Männer halten mussten, bis der Chöje in Trance

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