Der neunte Buddha - Thriller
nirgendwohin. Sie waren wie Brüder geworden.
Erfolglos hatte Samjatin versucht, den einen oder den anderen für sich zu gewinnen. Er wusste, wenn William ihn akzeptierte, dann hatte er auch Samdup früher oder später in der Hand. Ohne diesen aber verlor seine ganze Aktion ihren Sinn. Natürlich gab es kommunistische Zellen in Urga und anderswo, denen er sich anschließen konnte. Aber er wusste, dass ein anderer Agent der Komintern, Sorokowikow, bereits im Lande war und die bestehenden revolutionären Gruppen unter der Führung eines Mannes namens Suche-Bator zur Mongolischen Volkspartei zusammengeschlossen hatte. Udinski hatte ihm berichtet, dass eine Delegation der MongolischenRevolutionären Volkspartei den Chef der Sektion der Völker des Ostens beim sibirischen Büro der Partei in Irkutsk aufgesucht hatte. Das war im letzten August gewesen. Danach war eine mongolisch-tibetische Sektion der Komintern gegründet worden. Der erste Kongress der mongolischen Partei hatte im März im russischen Kjachta stattgefunden. Der Vorsitzende des Sowjets der Fünften Armee, Pusorin, mobilisierte bereits seine Männer.
Die Entwicklung hatte Samjatin also überholt, während er in dem kleinen Kloster im Himalaja festsaß. Er spürte, wie die Zügel der Macht ihm aus den Händen glitten, bevor er überhaupt gelernt hatte, sie richtig zu gebrauchen. Mehr denn je hing jetzt alles von dem Jungen ab.
Der Sieg über Ungern-Sternberg, der Sturz des Hutuktu und Samjatins Aufstieg zum Vizekönig des Ostens. Mit Zellen, Parteien und Armeen sollten sich andere herumschlagen. Aber was konnten sie am Ende erreichen, wenn sie nicht die Unterstützung eines Erlöser-Kindes im Rücken hatten?
Wie er es erwartete, hatte diese Expedition ihm bereits erste Erfolge gebracht. Der Aufruhr in Uljassutai war nur ein Anfang. Samjatin hatte den Khan von Sain Noyon und einen der Fürsten seines Aimaks , einen Mann namens Damdinsuren getroffen und sie dem Jungen vorgestellt. Es war gelaufen, wie er es sich gedacht hatte: Beide Männer samt den Lamas ihrer Umgebung hatten Samdup als den neuen Hutuktu anerkannt, ihm moralische und militärische Unterstützung zugesagt. Sie gaben ihm Empfehlungsbriefe für andere Fürsten, die Khans von Tushetu und Setsen, sowie für die Äbte aller wichtigen Klöster mit.
Irgendwie – auf welche Weise, konnte er nicht erklären und gestand es sich selbst nicht einmal ganz ein – ging von dem Jungen ein Zauber aus, dem jeder erlag, der ihm begegnete.In Samjatins Augen spielte er eine Rolle, aber er spürte, dass da mehr war. Vielleicht lag es daran, dass Samdup sich sein Leben lang als Gott gefühlt hatte, so dass er auftrat, wie man es von einem Gott erwartete. Der Junge brauchte gar nicht zu spielen. Er glaubte selbst daran, dass er der Maidari Buddha war. Und die Mongolen waren es wie die Tibeter gewohnt, dass kleine Jungen wie Götter auftraten. Daher begegneten sie Samdup mit aufrichtigem Respekt.
Die Mongolei bestand aus mehreren großen Provinzen oder Aimaks , die wiederum in zahlreiche Hoshun aufgeteilt waren. Samjatin schätzte, dass er bereits zehn Hoshun fest hinter sich hatte, genauer gesagt, hinter dem Jungen, was für ihn auf das Gleiche hinauslief. Es würde weitere Erhebungen gegen den Hutuktu geben. Beim nächsten Mal wollte er dafür sorgen, dass die Aufrührer bewaffnet waren.
Jetzt musste er vor allem die Jungen in Bewegung halten. Die Sache war publik geworden. Und wenn das, was er über Ungern-Sternberg gehört hatte, auch nur teilweise zutraf, würde der Baron nicht ruhen, bis er die Rebellion niedergeschlagen hatte, die sich vor seiner Nase entwickelte. Jede Nacht verbrachten Samjatin und die Jungen nun in den Jurten einer anderen Sippe, bewegten sich im Zickzack durch das Land, um keinen klaren Kurs erkennen zu lassen, blieben nie lange genug an einem Ort, dass man sie aufspüren konnte.
Am nächsten Tag wollte er sich endgültig nach Urga auf den Weg machen. Der Khan von Sain Noyon hatte vor, im Westen und Norden des Landes mehrere Erhebungen zu organisieren, während Samjatin und sein junger Amtsanwärter in die Hauptstadt ritten. Wenn sie dort ankamen, würde Ungern-Sternberg anderswo beschäftigt sein. Mit Unterstützung einiger Sympathisanten wollten sie in die Stadt gelangen. Dort hatte Samjatin vor, Kontakt zu Suche-Bator undanderen Revolutionären aufzunehmen, ihnen zu erklären, was vorging, und sich selbst an die Spitze zu stellen.
Samdup war stehengeblieben und hatte sich am
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