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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schleim in eine Stahlschüssel zu spucken, konnte man wahrlich nicht als Großtat ansehen.
    Der Junge war ihm durchs Netz geschlüpft. Aus Berichten, die er erhalten hatte, ging hervor, dass er und der Mann, mit dem er reiste, die riesigen Ebenen zwischen Uljassutai und Urga durchquert hatten und höchstwahrscheinlich bereits in der Stadt waren. Unerkannt waren sie in der Menge verschwunden, hielten sich an einem verborgenen Ort versteckt und schlichen vielleicht nachts durch die dunklen Gassen.
    Zwar hatte man ihm Dutzende Kinderköpfe geschickt, genug, um zehn Kupferbehälter zu füllen, doch der des Jungen war nicht darunter. Sie trafen täglich, in Leder oder Sackleinen gehüllt und mit klebrigem Blut beschmiert, bei ihm ein. Aber nach wie vor gab es Berichte, er sei hier und da, meist in verstreuten Jurten weitab von Pisten und Wegen, gesichtet worden. Alle seine Bemühungen, ihn zu fassen, waren fehlgeschlagen. Jetzt schickte er sich an, ihn hier im Herzen seines Königreiches herauszufordern. Es wurde Zeit, dass er den Hutuktu sprach und ihn vor den Folgen warnte, wenn der Junge in den nächsten achtundvierzig Stunden nicht gefasst wurde.
    Als vor seiner Jurte Schritte ertönten, warf er rasch ein Tuch über die Schale. Er hörte, wie der Posten an der Tür salutierte und eine Stimme ihm befahl, bequem zu stehen. Der Türvorhang öffnete sich, und zwei Männer traten ein – Sepailow und ein Europäer in weißem Anzug. Warum fertigte der Oberst den nicht selber ab? Er wusste, dass er keine Genehmigung brauchte, um einen Mann auspeitschen oder gar hängen zu lassen.
    Sepailow grüßte. Das tat er neuerdings recht salopp, dachte Ungern-Sternberg bei sich. Die Uniform des Obersten war fleckig und hatte aufgeplatzte Nähte. Allein dafür gehörte er erschossen. Ungern-Sternberg hasste die Russen, besonders die Militärs. Da verließ er sich lieber auf seine Burjaten und Tschaharen, Tataren und Kalmücken. Der Rest konnte sich zur Hölle scheren, wenn es nach ihm ging. Das waren alles nur Trittbrettfahrer, und einige bezahlten nicht einmal dafür.
    »Was gibt’s, Oberst Sepailow?«, fragte er. »Wer ist dieser Mann? Warum bringen Sie ihn zu mir?«
    Sepailow schluckte heftig. Er erspähte die Schale auf dem Tisch neben einem Stapel Papiere, die er dem Baron zur Unterschrift vorgelegt hatte. Ungern-Sternberg glaubte, niemand außer ihm selbst und dem Lagerarzt kenne sein Leiden. Aber Sepailow wusste, wie es um ihn stand. Auch, dass Ungern-Sternberg, wenn er Blut spuckte, noch unberechenbarer war als sonst.
    Winterpole wartete nicht ab, bis der Oberst ihn vorstellte.
    »Mein Name ist Major Simon Winterpole vom britischen Militärgeheimdienst. Sie erinnern sich vielleicht an mich, General. Ich habe Sie vor über einem Jahr in Daurien besucht. Damals war ich in offizieller Mission bei Ataman Semjonow. Wir haben Ihre Leuten im gemeinsamen Kampf gegen die Bolschewiken unterstützt.«
    »Sie werden verzeihen, Major, aber ich kann mich nicht erinnern. In Daurien ist es hoch hergegangen. Ich habe jeden Tag Dutzende Besucher empfangen. Sie vertraten mehrere ausländische Mächte. Jetzt sollten Sie mir aber erklären, was ein Agent des britischen Militärgeheimdienstes zur Zeit in Urga tut. Ohne Genehmigung.«
    »Ich habe Ihnen vor fast zwei Wochen ein Telegramm geschickt. Sie müssten also wissen, dass ich hier eintreffe.«
    Ungern-Sternberg schüttelte den Kopf.
    »Nein, Sir, ich habe kein Telegramm von Ihnen oder sonst wem im britischen Geheimdienst erhalten.«
    Er griff in seine Innentasche und zückte ein silbernes Zigarettenetui. Sein Familienmonogramm war schon sehr abgewetzt, stellte er dabei fest. Das hatte wohl kaum Bedeutung, denn Nachkommen würde er ohnehin keine haben. Er nahm eine Zigarette heraus und steckte sie an. Das tat er rasch, damit man nicht sah, wie seine Hand zitterte.
    »So ist das also.« Winterpole fragte sich bereits, ob es klug von ihm gewesen war, Ungern-Sternberg persönlich aufzusuchen.
    »Also? Ich erwarte eine Erklärung von Ihnen. Ich bin sehr beschäftigt, Major. Von Ihnen weiß ich bis jetzt nur, dass Sie ein selbsternannter Spion sind, der seit einer noch nicht exakt festgestellten Zeit in einer Gegend operiert, die meiner Jurisdiktion untersteht. Das müssen Sie nun wirklich erklären.«
    »Ich versichere Ihnen, General, dass ich nicht mit einem Spionageauftrag unterwegs bin. Ich nehme im militärischen Geheimdienst eine rein administrative Stellung ein.«
    Ungern-Sternberg ließ

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