Der neunte Buddha - Thriller
grauen Rauch in Kringeln zur Decke aufsteigen.
»Was bedeutet, dass Sie andere die Schmutzarbeit für sich erledigen lassen.«
»Was bedeutet, dass ich bevollmächtigt bin, mit Vertreternausländischer Mächte zu verhandeln. Ich bin in die Mongolei gekommen, um Ihnen im Namen der britischen Krone ein konkretes Angebot finanzieller und militärischer Hilfe vorzulegen.«
Eine Augenbraue des Generals hob sich leicht.
»Tatsächlich? Ich gehe davon aus, dass Sie dafür eine Legitimation bei sich führen.«
»Natürlich.« Winterpole griff in die Innentasche seiner Jacke.
»Im Moment ist das nicht nötig, Major. Ich würde aber schon gern wissen, weshalb Sie mich so überhastet aufsuchen. Das ist doch nicht das normale Prozedere, das Sie natürlich kennen.«
Winterpole verzog den Mund ein wenig. Es sollte ein Lächeln sein.
»Heute bin ich hier, um Ihnen eine Nachricht zu bringen. Ich nehme an, sie ist wichtig für Sie. Sie betrifft einen Jungen. Zwei Jungen, genauer gesagt.«
Er sah sofort, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Ungern-Sternbergs Arroganz war auf der Stelle verflogen. Er fuhr zusammen, als hätte der Engländer gerade die Hand gehoben, um ihm einen Schlag zu versetzen.
»Fahren Sie fort«, sagte er. Mit zitternden Fingern drückte er die Zigarette aus und zündete sich eine neue an.
»Ich weiß, wo Sie sie finden können, … wenn Sie rasch handeln. Ich kann Sie noch heute Abend dorthin führen. Wenn Sie Glück haben, geht Ihnen dabei zugleich der Hauptagent der Komintern in dieser Region ins Netz. Und vielleicht einige seiner mongolischen Mitverschworenen.«
Ungern-Sternberg hielt den Atem an. Wenn der Engländer die Wahrheit sagte …
»Und Sie«, sagte er hastig, »was wollen Sie als Gegenleistung für diese Information?«
»Ihre Kooperation. Für unsere militärische und finanzielle Hilfe. Großbritannien erkennt Sie oder wen Sie ernennen als das Staatsoberhaupt der Mongolei an. Wir sind gewillt, Sie hier an der Grenze Russlands zu etablieren, damit Sie, wenn die Stunde kommt, dorthin zurückkehren und das Ihre einfordern können. Die Information, die ich Ihnen gerade bringe, ist nur ein Anfang, ein Beweis für unsere guten Absichten sozusagen. Sie können sie entgegennehmen oder auch nicht, das hängt von Ihnen ab.«
»Wo sind die Jungen?«
»In Ta Chure. In einem Viertel zwei Straßen vom Tokchin-Tempel entfernt. In einer großen Jurte, die die Mongolen, so viel ich weiß, eine Zwölfer-Chana nennen. Dahinter steht ein Sommerhäuschen.«
Ungern-Sternberg blickte an Winterpole vorbei.
»Wissen Sie, wo das ist, Sepailow?«
»Jawohl, General. Wir beobachten den Ort schon eine ganze Weile. Das klingt sehr plausibel.«
»Gut. Dann schicken Sie sofort einen Trupp Männer dorthin. Sie sollen alle, deren sie habhaft werden können, lebend festnehmen, außer den beiden Jungen. Die sind auf der Stelle zu erschießen. Damit sich niemand etwas Dummes einfallen lässt. Am besten, Sie setzen Russen für diesen Auftrag ein.«
»Sehr gut, General. Ich kümmere mich unverzüglich darum.« Er salutierte und wandte sich zum Gehen.
»Oberst!«
Sepailow drehte sich um.
»Bevor Sie gehen, nehmen Sie diesen Mann mit und erschießen ihn sofort. Erledigen Sie das möglichst selbst.«
Winterpole fuhr zusammen, dann richtete er sich hoch auf.
»Darf ich fragen, was das bedeutet? Ich bin ein Vertreterder Regierung Seiner Majestät. Ich besitze diplomatische Immunität. Ihr Verhalten ist höchst unangebracht, General.«
Ungern-Sternberg erhob sich und beugte sich über seinen Schreibtisch. Winterpole fuhr zurück. Jetzt befand er sich mitten unter seinen gläsernen Figuren und war selbst so spröde und verletzlich wie sie.
»Sie sind kein Diplomat, Major. Sie sind nach ihren eigenen Angaben ein Geheimdienstagent. Ob sie nun selbst Spion sind oder Spione aussenden, darüber habe ich nicht zu befinden. Meine Aufgabe hier ist es, drei Gruppen zu eliminieren: Bolschewiken, Juden und ausländische Agenten.«
»Um Gottes willen, General! Wir stehen auf der gleichen Seite!«
»Nicht mehr«, erklärte Ungern-Sternberg.
»Was meinen Sie damit?«
»Genau, was ich sage. Ihre Regierung hat gerade ein Handelsabkommen mit den Sowjets unterzeichnet. Das war im März. Sie können doch nicht behaupten, dass Sie das nicht wussten.«
»Ich versichere Ihnen, ich …«
»Ihr Mr. Lloyd George hat zusammen mit dem sowjetischen Vertreter Krassin am 16. März seine Unterschrift geleistet. Die russische
Weitere Kostenlose Bücher