Der neunte Buddha - Thriller
nichts mit Handel zu tun. Ich möchte lediglich wissen, ob er etwas von Bedeutung von sich gegeben hat, während er in Ihrer Obhut war, oder ob Ihnen sonst etwas Besonderes an ihm aufgefallen ist.«
Der Missionar blickte Christopher durchdringend an.
»Was mag für Sie von Bedeutung sein? Wie soll ich das beurteilen? Ich habe über die Angelegenheit bereits an Mr. Frazer und an Norbhu Dzasa, den tibetischen Handelsvertreter am Ort, einen Bericht gegeben.«
»Aber vielleicht war da etwas, das Ihnen zunächst so trivial erschien, dass Sie es in Ihrem Bericht nicht erwähnt haben, das aber für mich von Interesse sein könnte. Ich möchte wissen, wie er nach Kalimpong gelangt ist, woher er kam und wen er hier aufsuchen wollte. Vielleicht können Sie mir Hinweise geben, die mir helfen, das herauszufinden.«
Carpenter nahm seine Brille ab und legte sie sorgfältig,einen Bügel nach dem anderen, zusammen, wie eine Gottesanbeterin ihr Opfer mit ihren feingegliederten Vorderbeinen bearbeitet. Für einen Augenblick schien sich der mildtätige Missionar in eine völlig andere Person zu verwandeln. Aber bereits eine Sekunde später hatte Carpenter sich wieder unter Kontrolle. Die nur kurz gelüftete Maske saß fest an ihrem Platz. So methodisch wie zuvor klappte er seine Brille auseinander und setzte sie sich erneut auf die Nase.
»Der Mann war dem Tode nahe, als man ihn uns brachte«, sagte er. »Er starb am nächsten Tag. Das steht alles in meinem Bericht. Wie froh wäre ich, wenn ich sagen könnte, ich hätte ihn in die Arme eines gnädigen Erlösers entlassen, aber das kann ich nicht. Im Delirium redete er von Dingen, die ich nicht verstanden habe. Ich spreche ein wenig Tibetisch, aber das reicht nur, um mich mit den Dzong-pöngs und den Shapés zu unterhalten, wenn sie mich besuchen.«
Christopher unterbrach ihn.
»Hat jemand von dieser Art Sie aufgesucht, während der Mönch hier lag? Vielleicht der tibetische Vertreter? Wie war doch gleich sein Name?«
»Norbhu Dzasa. Nein, Mr. Wylam, es gab keine Besucher, wenn ich Dr. Cormac nicht rechne. Dieser Tsewong ist unter Fremden gestorben, leider.«
»Sie sagten, er habe im Delirium geredet und Dinge gemurmelt, die Sie nicht verstanden. Hat er etwas von einer Nachricht gesagt? Kam vielleicht der Name Samjatin vor? Oder mein Name, Wylam?«
Christopher war sicher, dass die Fragen den Schotten betroffen machten. Er wurde rot und blass. Erneut schien die Maske sich für einen Augenblick zu heben, aber sofort hatte sich Carpenter wieder in der Gewalt.
»Nichts von alledem. Das hätte ich bemerkt, da bin ich sicher. Nein, es war nur Geschwafel von den Göttern undDämonen, die er in den Bergen zurückgelassen hatte. Sie wissen, wovon ich rede.«
Christopher nickte. Er glaubte dem Geistlichen kein Wort.
»Soso«, sagte er. »Haben Sie Tibeter unter Ihren Angestellten? Oder vielleicht unter den Waisenkindern?«
Carpenter stand abrupt auf.
»Mr. Wylam«, sagte er streng, »ich möchte wirklich wissen, worauf Sie mit Ihren Fragen hinauswollen. Sie werden langsam unverschämt. Ich will gern über alles sprechen, das mir vernünftig erscheint, aber Fragen nach meinen Mitarbeitern oder den Kindern, die mir anvertraut sind, überschreiten die Grenzen dessen, was mir schicklich und zulässig erscheint. Sie sind kein Polizist, nehme ich an. Und offenbar auch kein Regierungsbeamter. Ich möchte also wissen, woher Sie das Recht nehmen, Ihre Nase in meine Angelegenheiten und die dieser Einrichtung zu stecken. Ich denke, es ist das Beste, Sie gehen jetzt.«
Christopher blieb sitzen. Endlich war es ihm gelungen, den Mann aus der Fassung zu bringen.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte nicht unverschämt erscheinen. Nun bin ich Ihnen wohl eine Erklärung schuldig. Vor zwei Wochen wurde mein Sohn William entführt. Bisher weiß ich nicht, welches Motiv hinter dieser Tat steckt. Aber ich habe Grund zu der Annahme, dass er auf eine Anweisung hin gekidnappt wurde, die in einer von diesem Tsewong aus Tibet nach hier gebrachten Nachricht enthalten war. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen zu eröffnen, warum ich das glaube. Aber ich kann Ihnen versichern, ich habe sehr schwerwiegende Gründe für mein Handeln.«
Carpenter ließ sich langsam wieder in den Sessel sinken, als hätte man ihm einen schmerzhaften Stich versetzt. Er wirkte tief erschüttert.
»Wo genau, sagen Sie, wurde Ihr Sohn … äh … entführt?«
»Zu Hause in England.«
»Und das war vor zwei Wochen?«
»Am
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