Der neutrale Planet
unterbrach ihn Devall. »Ist das Ihre Meinung, Major?« Er funkelte den anderen an.
Dudley erwiderte ruhig seinen Blick.
»Im Grunde ja. Verdammt, Sir, schon seit der Hegarth-Expedition versuche ich Ihnen das begreiflich zu machen. Wir sind nicht unter den Sternen, um Schmetterlinge und Eichhörnchen zu fangen! Wir – «
»Das ist nicht nur eine militärische, sondern auch eine kulturelle Mission, Major«, sagte Devall kalt, »und solange ich das Kommando führe, bleibt sie in erster Linie kulturell.« Er war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. »Major Grey, kann ich Ihre Meinung hören?« fragte er.
Grey war der Astrogator des Raumschiffs; am Boden hatte er die Funktion, den Bau der Stützpunkte zu überwachen und Karten zu entwerfen. Er war ein drahtiger, ernster kleiner Mann mit stark hervortretenden Backenknochen und wettergegerbter Haut.
»Ich finde, daß wir vorsichtig sein müssen, Sir. Wenn wir Leonards übergeben, könnte das zu einem enormen Verlust an terranischem Prestige führen.«
»Verlust?« sagte Dudley aufgebracht. »Das würde uns verkrüppeln! Wir könnten in der Galaxis nie wieder ehrlich den Kopf hoch tragen, wenn – «
»Major Dudley, ich habe Ihnen das Wort entzogen«, sagte Devall ruhig. »Verlassen Sie den Raum. Über eine Herabsetzung Ihres Status spreche ich später mit Ihnen.« Er wandte sich Grey wieder zu und sagte: »Sie glauben nicht, daß ein solches Vorgehen in den Augen der Welten, die etwas unsicher auf die Erde blicken, einen gleichermaßen günstigen Effekt haben könnte, Major?«
»Das läßt sich im voraus sehr schwer bestimmen, Sir.«
»Nun gut.« Devall stand auf. »Den Vorschriften entsprechend habe ich die Angelegenheit den Behörden auf der Erde zur Kenntnis gebracht und auch meinen Offizieren zur offenen Diskussion dargelegt. Ich danke Ihnen, meine Herren.«
»Sir, wird über unser künftiges Vorgehen nicht abgestimmt?« fragte Hauptmann Marechal unsicher.
Devall grinste herablassend.
»Als Befehlshaber dieses Stützpunkts nehme ich die alleinige Verantwortung für die Entscheidung in dieser Sache auf mich. Für den Fall einer späteren Kriegsgerichtsverhandlung erleichtert das für uns einiges.«
Der einzige Weg, dachte er, als er in seinem Büro angespannt auf das Eintreffen des Hohepriesters wartete. Die Offiziere schienen im Namen des Prestiges von Terra klar gegen jedes Nachgeben eingestellt zu sein. Es wäre kaum gerecht gewesen, sie an der Verantwortung für eine Entscheidung zu beteiligen, die ihnen zuwider sein mochte.
Schade um Dudley, dachte Devall, aber ein Verhalten dieser Art konnte nicht geduldet werden. Dudley würde beim nächsten Flug ausscheiden müssen. Wenn es noch einen nächsten Flug gibt, dachte er.
An der Sprechanlage glühte ein Lämpchen.
»Ja.«
»Die Delegation der fremden Wesen ist hier«, sagte die Ordonnanz.
»Schicken Sie sie erst herein, wenn ich mich melde.« Er trat ans Fenster und schaute hinaus. Auf den ersten Blick schien das Gelände voller Fremdwesen zu sein. Tatsächlich war es nur ein Dutzend, sah er, aber man trug volle Tracht, grelles Rot und giftiges Grün, lange Gewänder, Speere und Schmuckschwerter. Ein halbes Dutzend Mannschaften beobachtete sie unsicher aus der Ferne, die Hände an den Strahlerpistolen.
Er wog die Möglichkeiten ein letztes Mal ab.
Wenn er Leonards übergab, würde der zeitweilige Zorn der fremden Wesen beschwichtigt sein – aber vielleicht auf lange Sicht zu Ungunsten des Prestiges der Erde. Devall hatte sich lange als im Grunde schwachen Menschen mit starkem Instinkt für Tarnung betrachtet – aber würde sein Nachgeben den fremden Wesen gegenüber dem Universum anzeigen, daß die ganze Erde schwach sei?
Und wenn er sich weigerte, Leonards auszuliefern? Er würde dann praktisch den Daumen des Oberherrn herabsinken lassen und dem Universum klarmachen, daß die Menschen der Erde nur sich selbst verantwortlich waren, nicht den Welten, die sie besuchten.
So oder so, das Ansehen der Erde in der Einschätzung der Galaxis würde leiden. Entweder würden die Menschen als nachgiebige Schwächlinge erscheinen oder als Tyrannen. Er erinnerte sich an eine Definition, die er einmal gelesen hatte: ›Richtig gegen Falsch gibt ein Melodram, Richtig gegen Richtig eine Tragödie.‹ Hier hatten beide Seiten recht. Wofür er sich auch entschied, es würde Schwierigkeiten geben.
Und dazu kam noch ein Faktor: der Junge. Wie, wenn man ihn hinrichtete? Familienrücksichten erschienen zwar
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