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Der neutrale Planet

Der neutrale Planet

Titel: Der neutrale Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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geworden war, leuchtete das Lämpchen der Sprechanlage auf. Er schaltete ein und hörte Stebers Stimme sagen: »Sir, der alte Priester ist da. Er möchte sich bei Ihnen für alles entschuldigen. Er trägt Feiertagskleidung und hat uns eine Friedensgabe gebracht.«
    »Sagen Sie ihm, ich käme sofort, und rufen Sie die Leute zusammen. Einschließlich Dudley. Vor allem Dudley. Ich möchte, daß er das sieht.«
    Er zog die verschwitzte Jacke aus und nahm eine frische heraus. Als er sich im Spiegel sah, nickte er befriedigt. So, so, dachte er. Der Junge hat es also überstanden. Das ist gut.
    Aber er wußte, daß das Schicksal von Paul Leonards von Anfang an bedeutungslos gewesen war, außer auf einer rein persönlichen Grundlage. Was zählte, war die umfassendere Bedeutung.
    Zum erstenmal hatte die Erde eine konkrete Demonstration der Doktrin geliefert, alles intelligente Leben sei gleich, die sie die ganze Zeit predigte. Er hatte gezeigt, daß er die Markinschen Gesetze in dem Sinne achtete, den sie für die Bewohner dieses Planeten hatten, und sich damit die Zuneigung einer Rasse erworben. Daß der Junge gesund und wohlbehalten zurückgekehrt war, mußte man als unverdiente Zugabe bewerten.
    Aber der Präzedenzfall war geschaffen. Und beim nächsten Mal, auf einer anderen Welt, vielleicht, mochte der Ausgang nicht so erfreulich sein. Manche Kulturen hatten ziemlich üble Methoden, Verbrecher zu Tode zu bringen.
    Er begriff, daß die Bürde, mit der sich die Forschungsteams der Erde abplagten, noch um vieles schwerer geworden war – daß die Menschen nun den Gesetzen der Planeten unterworfen sein würden, auf denen sie zu Gast waren, und daß keine ahnungslosen botanischen Ausflüge in heilige Gärten mehr geduldet werden würden. Aber das konnte nur zum Guten sein, dachte er. Wir haben ihnen gezeigt, daß wir keine Oberherren sind, und daß die meisten von uns keine Oberherren sein wollen. Und jetzt wird sich der Daumen auf uns herabsenken.
    Er öffnete die Tür und trat hinaus. Die Männer hatten sich versammelt, und der alte Priester kniete demütig vor den Stufen, mit einer Art emailliertem Behälter als Geschenk. Devall lächelte und erwiderte die Verbeugung, dann hob er den Alten vorsichtig auf die Füße.
    Von jetzt an müssen wir uns wirklich gut benehmen, dachte er. Wir werden sehr aufpassen müssen. Aber das wird sich lohnen.

 
Schocktherapie
    Der Vsiir kam durch Zufall an Bord des Raumschiffs mit Ziel Erde. Er hatte keinesfalls die Absicht gehabt, auf einem nassen, rußigen Planeten wie der Erde Ferien zu machen. Aber er befand sich gerade in seinem Metamorphosenstadium, der Phase ungeregelter Veränderung, die mit Eintritt des Winters einsetzte, und hatte sich im Spektrum so weit nach oben verschoben, daß irdische Augen ihn nicht sehen konnten. Nun, ein wirklich geschulter Beobachter hätte gelegentlich ein glitschig-kleines purpurnes Flackern beobachten können, oder eine Art Schnarchen, wenn der Vsiir kurz aus dem ultravioletten Bereich herabsank, aber er hätte wissen müssen, wo und wann er aufpassen mußte. Das Besatzungsmitglied, das dafür verantwortlich war, daß der Vsiir ins Schiff kam, dachte nicht einmal an die Möglichkeit, daß auf einer der Frachtkisten, die ins Schiff gehievt wurden, etwas Unsichtbares schlafen könnte. Er ging einfach die Reihe entlang, klatschte auf jede Kiste einen Schwebeknoten und schickte sie den Schwerkraftschacht hinauf zur offenen Luke. Die fünfte Kiste, die hineinglitt, war jene, auf der ein Schläfchen zu machen der Vsiir sich entschlossen hatte. Der Raumfahrer wußte nicht, daß er ungewollt einem fremden Organismus eine Freifahrt zur Erde spendiert hatte. Der Vsiir wußte es auch nicht, bis die Luke verschlossen wurde und eine Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre aus den Ventilen zischte. Der Vsiir atmete diese Gase gewöhnlich nicht, aber weil er sich in der Metamorphose befand, vermochte er sich schnell anzupassen und mit den säuerlichen, prickelnden Dämpfen auszukommen, die in seine Metabolismuszellen drangen. Der nächste Schritt bestand darin, einen Satz Vollspektrum-Sinnesorgane zu schaffen und sich über die Umgebung zu informieren. Binnen weniger Minuten nahm der Vsiir wahr, – daß er sich an einem großen, dunklen Ort befand, der viele Kisten mit verschiedenen mineralischen und pflanzlichen Produkten seiner Welt enthielt, vorwiegend Zweige des Grünfeuerbaums, aber auch an dere Dinge ohne begreifbaren Wert für einen Vsiir daß eine Doppelwand

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