Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
die Wangen schießt, deshalb starre ich ganz fest auf den Ball, den er gleich schießen wird.
»Ich glaube, ich würde es genauso machen«, fährt Jed fort. »Ich würde lieber durch den Sturz aus dem Fenster sterben, als lebendig zu verbrennen. Dann hätte man es ihnen wenigstens noch einmal gezeigt. Und als Erster zu springen wäre ziemlich cool. Was meinst du?« Er sieht mich an.
»Ich weiß es nicht«, sage ich. In meinem Kopf zuckt ein riesiger Boxhandschuh an einer Spiralfeder hervor und trifft ihn genau aufs Kinn.
»Also, mein Dad hat sich den Fallenden Mann immer wieder angeguckt, und er sagt, das ist eindeutig Onkel Andrew. Ich glaube das auch.«
Ich blicke auf. »Sieht er denn aus wie mein Dad?«, frage ich.
»Klar!«, sagt Jed.
Ich zögere und sage dann: »Also erinnerst du dich an ihn? Wie er aussah und alles?«
»Klar. Du nicht?«
Jetzt sehe ich einen Zwerg mit einem riesigen Hammer, der ihn auf den Kopfhaut.
»Doch, schon«, sage ich. Aber ich habe den Blick vom Ball abgewandt, und Jed tritt ihn hart, und er geht direkt an mir vorbei ins Blumenbeet.
»Tor!«, jubelt Jed.
Ein gigantischer Amboss fällt vom Himmel und macht ihn platt.
Was ich schon immer über die Männer wissen wollte, die die Flugzeuge in die Twin Towers gelenkt und meinen Dad ermordet haben
Wie sahen sie aus?
Sind sie allein auf die Idee gekommen, oder hat es sich jemand anderer ausgedacht, und sie haben sich nur bereit erklärt, den Plan auszuführen?
Hatten sie Brüder und Schwestern und Frauen und Kinder und ein Zuhause und so was? Und haben sie den Leuten in den Flugzeugen gesagt, was sie vorhatten?
Hatten sie Angst vor dem Tod? Oder gefiel es ihnen nicht, am Leben zu sein? War ihr Leben so mies, dass ihnen das Sterben nichts ausmachte?
Und wenn es nicht so war, wie kam es schließlich dazu, dass sie ausgesucht wurden, um es zu tun?
Was haben sie an dem Tag gemacht, bevor es geschah?
Hatten sie je Zweifel an dem, was sie tun würden?
Haben sie meinen Vater und die vielen Menschen in den Twin Towers gehasst, als sie es taten?
Haben sie auch die Kinder wie mich gehasst, die Väter und Mütter hatten, die in den Twin Towers waren?
Sind sie wirklich in den Himmel gekommen, oder was immer sie glaubten, wohin sie kommen würden? Und wenn nicht, haben sie je bereut, was sie getan haben?
Jed wird den ganzen Sommer hierbleiben. Onkel Ian muss arbeiten, und Jed kann die Ferien nicht bei seiner Mutter verbringen (»aus offensichtlichen Gründen«, sagt Jed und rollt dabei mit den Augen). Also bleibt Oma und Opa keine andere Wahl, als Ja zu sagen. Oma sagt, das wäre, als hätte sie ihre beiden Jungen wieder. Opa sagt, es wird »verflucht unruhig« werden, und ich glaube, er hat recht.
Jed und ich teilen uns das Zimmer, und es dauert keine fünf Minuten, und überall liegt Jeds Zeug herum, und er klettert auf allen Möbeln herum. Ich merke, dass es ihm nicht passt, hierbleiben zu müssen.
»Ich weiß überhaupt nicht, weshalb ich herkommen musste. Ich hätte schon selbst auf mich aufgepasst«, sagt er. »Das tue ich sowieso jeden Tag nach der Schule – manchmal kommt Dad erst sehr spät nach Hause.«
»Es wird Spaß machen«, sagt Oma fröhlich.
»Glaube ich kaum«, erwidert Jed und blickt finster unter seinem Haar hervor. »Ich bleibe eine Weile, aber wenn es langweilig wird, verdufte ich. Ich habe meinen eigenen Schlüssel.«
Wie sich herausstellt, langweilt sich Jed wirklich schnell, und Omas Vorstellung von Spaß teilt er überhaupt nicht. Meine auch nicht. Ich schlage Dinge vor, die wir tun könnten, aber für ihn ist das Kinderkram. Oma macht Vorschläge, doch er erwidert, das wäre was für Babys. Opa sagt, das wird ein langer Sommer.
Während Opa im Garten ist, geht Oma einen Anruf machen. Als sie zurückkommt, lächelt sie. »Du hast morgen eine Verabredung, Jed«, sagt sie fröhlich.
Jed blickt von unserem Leiterspiel auf. (Jed schummelt – ich bin mir ziemlich sicher, er weiß genau, dass ich es gemerkt habe –, aber keiner von uns hat etwas gesagt.)
»Vielleicht können wir dann auf dem Nachhauseweg etwas Nettes unternehmen«, schlägt Oma vor.
»Von mir aus!«, sagt Jed.
Dann klingelt es an der Tür, und draußen wartet Priti mit einem rosaroten Rüschenrock und einem T-Shirt, auf dem steht: Mein imaginärer Freund war’s.
»Kommst du rüber zum Spielen, Ben?«, fragt sie.
»Ich kann nicht. Mein Cousin ist hier.«
»Wer ist die Kleine?«, fragt Jed.
»Das ist Priti«, sage ich. »Sie wohnt
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