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Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Titel: Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bruton
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sagt Jed mit lauter Stimme, als er durch die Terrassentür rennt. Dabei springt er so hoch, dass er fast mit dem Kopf gegen den Rahmen knallt.
    »Nein, das stimmt nicht!« Ich wünschte mir, ich wäre mehr gewachsen. Und mein Haar wäre nicht so kurz.
    »Das sagt jedenfalls mein Dad. Er glaubt, dein Dad und er waren beide blöd genug, auf Frauen reinzufallen, die weich in der Birne sind.«
    »Meine Mutter ist nicht weich in der Birne, sie ist krank.«
    »Ja, klar, dass sie dir das sagen.«
    Jed hat einen Ball dabei und fängt an, Kopfbälle und Kickups zu machen. Er trägt eine Steppjacke, die ihm mehrere Nummern zu groß ist und ihm an den Schultern herunterhängt. Alle seine Klamotten hängen an ihm herunter, und nicht so sehr, weil er so drahtig ist, sondern weil er einfach zu cool für Klamotten ist. Wenn ich seine abgelegten Sachen bekomme, sehen sie an mir nie aus wie an ihm. Mum sagt, das liegt daran, dass ich immer alle Knöpfe zumache.
    Ich setze mich auf die Terrasse und zeichne einen Cartoon-Jed in einer riesigen Steppjacke, so groß, dass sie über den Boden schleift, während er seine Kick-ups macht.
    »Was ist denn mit deiner Mutter los?«, frage ich.
    »Sie ist ein Miststück«, antwortet Jed, und während er es sagt, tritt er den Ball ein letztes Mal hoch, fängt ihn mit den Händen und sieht mich direkt an. Es ist, als wollte er mich herausfordern, indem er ein schlimmes Wort benutzt.
    »Warum? Was hat sie getan?« Im Grunde weiß ich es schon, weil meine Mutter mir davon erzählt hat, aber ich frage trotzdem.
    »Sie hat versucht, mich meinem Dad wegzunehmen.«
    »Wie das denn?«
    »Sie hat ihn vor Gericht gebracht, aber er hat denen dort klargemacht, dass sie eine Schraube locker hat. Hat sie ja auch.« Jed tritt den Ball fest gegen den Zaun. »Ich will sie nicht mehr sehen«, sagt er.
    »Wieso?«
    »Ich will nicht auch eine weiche Birne kriegen. Schlimm genug, dass ich ihre Gene habe, da braucht sie nicht auch noch bei mir rumzuhängen und mir den Verstand kaputtzumachen.« Er wirft mir den Ball so schnell zu, dass ich ihn nicht kommen sehe und nicht fange. »Ich wette, du vermisst deine Mum, was?«, fragt er.
    »Nein«, sage ich schnell und hebe den Ball auf. Ich werde rot.
    »Ich wette, du sehnst dich nach ihr. Ich wette, du heulst dich jede Nacht in den Schlaf.« Er zuckt mit den Schultern. »Mach dir keine Gedanken deswegen. Ich habe das auch gemacht, aber jetzt bin ich abgehärtet. Komm, wir machen Elfmeterschießen.«
    Ich stehe im Tor und halte nicht sehr gut, aber ich merke schnell, dass es auch besser ist, wenn ich die Elfmeter nicht halte, denn jedes Mal, wenn es mir gelingt, wird Jed richtig sauer.
    »Mein Dad sagt, dein Dad war der Fallende Mann«, sagt Jed, nachdem er drei Tore hintereinander geschossen hat.
    »Was?« Ich stehe zwischen den Blumentöpfen, die Jed als Torpfosten aufgestellt hat, und vor mir sehe ich plötzlich dasBild eines Strichmännchens, das langsam, sich immer wieder im Kreis überschlagend, in die Tiefe stürzt, wie ein Blatt, das vom Baum fällt.
    »Der Fallende Mann«, wiederholt Jed. »Den musst du doch in der Glotze gesehen haben. Der Typ, der als Erster aus den Twin Towers gesprungen ist.« Er starrt mich an, als wäre ich bescheuert. »Bei Nine-Eleven, du weißt schon?«
    »Ja, ich weiß schon.«
    Er schweigt, starrt mich weiter an und grinst plötzlich. »Du hast es nicht gesehen, stimmt’s?«
    Ich spüre, wie ich wieder rot anlaufe. Ich hätte eigentlich überhaupt keine Nine-Eleven-Aufnahmen sehen dürfen – meine Mutter will nicht, dass ich sie sehe –, aber ich kenne sie natürlich trotzdem. Mein Freund Lukas hat mir auf seinem Laptop den Fallenden Mann gezeigt. Wir haben es uns immer wieder angeschaut. Danach habe ich das Daumenkino gebastelt.
    »Mann, Mütter sind so was von ätzend!«, ruft Jed. »Packen dich in Watte und halten dir die Augen zu. Okay, es geht darum: Nachdem die Flugzeuge eingeschlagen waren, herrschte in den Gebäuden ein einziges Inferno. Davon musst du doch Bilder gesehen haben?«
    »Natürlich habe ich das«, antworte ich eilig.
    »So, und einer hat entschieden, dass er lieber in den Tod springt, als bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Und man sieht, wie er rausspringt. Nur ein kleiner Mann, der durch die Luft fällt.«
    Ich sehe es wieder, das kleine Strichmännchen, das durch die Luft segelt. »Dann machen es andere nach, aber der Erste, der ist doch der Coolste, und das war dein Dad.«
    Ich merke, wie mir noch mehr Blut in

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