Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
zum Reden zu bringen, aber er spielt nur mit seinem Kuchen herum und bläst mit dem Strohhalm in die Cola, was merkwürdig ist, weil er normalerweise alles verschlingt, was in Sichtweite ist (nur nicht dunkles Brot oder Obst und Gemüse), und er beschwert sich immer, dass es bei Oma keine Sprudelgetränke gibt. Ich sehe ihn von Zeit zu Zeit an und versuche herauszukriegen, was er denkt, aber er weicht meinem Blick aus.
Oma Brenda und meine Oma beginnen, über Frauenkram zu sprechen, also versuche ich mit Jed zu reden.
»Also bist du gar nicht krank«, flüstere ich.
»Nein, wieso sollte ich krank sein?«, erwidert er laut.
»Weil du diese vielen Termine hattest. Ich dachte, dir fehlt was.«
»Oma hat Opa erzählt, ich müsste dauernd zu diesem Kinderpsychologen, damit er nicht misstrauisch wird«, sagt Jed. »Wieso, hast du gedacht, ich liege im Sterben?« Er lacht.
»Nein«, sage ich schnell. »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
»Tja, tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«
»Priti dachte, du hättest Krebs«, sage ich. »Wir wollten mit dir nach Disneyland.«
»Na, dann ist es ja wirklich gut, dass ich nicht abkratze, denn ich finde den ganzen Micky-Maus-Scheiß zum Kotzen«, sagt er.
»Genau«, sage ich.
Dann rutscht er in seinen Stuhl, bis er praktisch liegt, und zerrt an der Kapuze, bis er sie sich so weit über die Stirn gezogen hat, dass sie sein Kinn berührt.
»Kann ich mir dein Spiel ansehen?«, frage ich.
»Wenn du willst.« Er schiebt es mir zu und fängt an, mit der Gabel in seinen Kuchen zu stechen, bis er nur noch Matsche ist. Mittlerweile ist sein Kopf auf Höhe der Tischplatte, und ich bemerke, dass die Leute an den anderen Tischen ihn anstarren.
»Sieht cool aus, das Spiel«, sage ich.
»Sie bringt mir immer Geschenke mit. Erwachsene glauben, sie könnten dich kaufen.« Er sagt es wieder ziemlich laut, aber Oma und Brenda sprechen gerade über Jeds Mutter, und ich vermute, dass sie nicht hinhören, denn dafür hätte Oma ihn bestimmt zurechtgewiesen.
»Wie geht es Karen?«, fragt Oma gerade.
Jed zerdrückt den Kuchen noch mehr und tut so, als würde er nicht zuhören.
»Sie freut sich immer, wenn sie von unseren kleinen Treffen hört«, sagt Oma Brenda, was mir keine direkte Antwort auf die Frage zu sein scheint. »Ich erzähle ihr alles, was passiert, gebe alle Neuigkeiten gleich weiter.« Sie schweigt kurz. »Du weißt, wie gern sie ihn wiedersehen würde.«
»Ja«, sagt meine Oma ruhig.
»Vielleicht könnte sie einmal – ich weiß nicht … – vielleicht für eine Minute oder zwei dazukommen, wenn wir uns hier treffen? Sie vermisst ihn so furchtbar.«
»Du weißt, dass ich das nicht machen kann«, erwidert meine Oma.
»Nur fünf Minuten, es würde ihr alles bedeuten.«
»Ich weiß, aber Ian wäre fuchsteufelswild, wenn er es erfährt. Ich fürchte mich schon vor dem, was er machen würde, wenn er von diesen Treffen erfährt.«
»Ich weiß wirklich zu schätzen, was du für mich tust.« Oma Brenda sieht Jed an. »Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es Jed genauso geht.«
Jed grunzt. Oma Brenda lächelt ein bisschen traurig.
»Du bist seine Großmutter. Du hast ein Recht, ihn zu sehen«, sagt meine Oma.
»Karen auch«, entgegnet Oma Brenda. »Sie ist seine Mutter.«
»Ich kann nicht gegen den Gerichtsbeschluss verstoßen«, erwidert meine Oma.
Oma Brenda hält inne und wirft einen Blick auf Jed. Dann fragt sie leise: »Du weißt aber, dass das Gericht ihr Besuchszeiten zugesprochen hat?«
Jed sieht auf.
Meine Oma ist verblüfft. »Ian hat mir gesagt, der Richter hätte entschieden, dass sie ihn nicht sehen darf.«
Jed sieht von einer Großmutter zur anderen.
»Ich wollte bisher nichts sagen, weil du so freundlich warst.« Oma Brenda blickt Jed an, doch er sieht nach unten. »Aber ich fürchte, das stimmt so nicht.«
Oma stammelt: »Aber Ian hat gesagt …« Sie verstummt.
»Wenn du mir nicht glaubst, dann frag Jed«, sagt Oma Brenda. »Er war dabei, als sie den Beschluss verkündeten, nicht wahr, Jed?
Jed sagt nichts.
»Darum geht es bei der neuen Anhörung – Karen möchte den Beschluss durchsetzen und Ian zwingen lassen, sich an die Besuchsregelung zu halten, die das Gericht festgesetzt hat.«
Meine Oma guckt Jed an. Sie wirkt richtig aufgeregt. »Vielleicht sollten wir uns einigen, darüber nicht zu sprechen«, sagt sie.
»Karen möchte nur ihren Sohn sehen«, sagt Oma Brenda.
»Aber ich will sie nicht sehen!« Jeds Stimme hallt laut durch dieses
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