Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Titel: Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bruton
Vom Netzwerk:
etwas zu sagen, aber Tante Karen kommt ihr zuvor. Sie nimmt Omas Hand und hält sie fest.
    »Schick sie bloß weg«, höre ich Jed flüstern.
    Aber Oma bekommt ihre Hand nicht frei, und Opa kommt um den Wagen herum. Er fuchtelt mit den Armen und ruft etwas. Trotzdem hält Tante Karen Omas Hand fest, sie scheint sie geradezu anzuflehen. Oma sieht aus, als würde sie am liebsten losheulen.
    Opa brüllt Tante Karen an und versucht, sie wegzustoßen, aber Oma ist diejenige, die strauchelt und hinfällt. Tante Karen versucht ihr aufzuhelfen, aber Opa versperrt ihr den Weg.
    Er brüllt jetzt richtig laut, und wir können ihn verstehen: »Jetzt sieh nur, was du angerichtet hast!« und »Hast du unserer Familie nicht schon genug angetan?«
    Tante Karen tritt beiseite, während Opa Oma ins Haus hilft. »Es tut mir leid!«, ruft sie, oder zumindest glaube ich das.
    »Verschwinde einfach und lass uns in Ruhe!«, brüllt Opa und knallt ihr die Tür vor der Nase zu.
    Jed zuckt zusammen.
    »Wow!«, sagt Priti. »Dein Opa kann sie offenbar echt nicht leiden!«
    »Er will mich nur beschützen.«
    »Was wird sie jetzt wohl machen?«, fragt Priti. Sie lässt Tante Karen nicht aus den Augen. »Ich wette, sie schmeißt sich aufs Gras und fängt an zu weinen. Oder sie kettet sich an die Tür, und die Polizei muss kommen und sie losschneiden. Das wäre cool! Na ja, nicht gerade cool, aber …« Sie sieht Jed an, der auf den Boden starrt. »Ich meine, das ist supertraurig, und es tut mir total leid für sie – und für dich –, aber –«
    »Lass es einfach«, unterbricht Jed sie.
    »Ich denke nur, an ihrer Stelle würde ich nicht kampflos abziehen«, sagt Priti.
    Aber Tante Karen bricht nicht weinend zusammen, und sie kettet sich auch nirgendwo an. Sie nimmt nur ihre Tasche und holt etwas heraus, etwas Kleines, Weißes – vielleicht einen Briefumschlag. Dann blickt sie am Haus der Muhammeds hoch genau zu dem Fenster, von dem aus wir zuschauen. Wir ducken uns alle schnell unter die Fensterbank.
    »Hat sie uns gesehen?«, fragt Jed.
    »Keine Ahnung.« Ich spähe durchs Fenster und ducke mich sofort wieder. »Sie guckt immer noch zu uns hoch.«
    »Was macht sie jetzt?«, fragt Jed.
    Ich hebe meinen Kopf ein wenig und beobachte, wie sich Tante Karen bückt und den Umschlag unter einen Busch legt, wo er nur von uns aus gesehen werden kann – aber nicht von Omas und Opas Haus. Sie blickt wieder zum Fenster hoch. Jed hat den Kopf ein bisschen gehoben und beobachtet sie ebenfalls, und als sie sich zum Gehen wendet, haucht sie ihm einen Kuss zu.
    »Sie hat uns also gesehen«, sagt Priti, während wir Tante Karen nachschauen, wie sie zum Ausgang der Sackgasse geht.
    Ich nicke. Jed sagt nichts. Er sieht nur seiner Mum nach. Einmal dreht sie sich um und blickt zum Haus zurück. Priti und ich ducken uns, aber Jed bleibt aufrecht stehen und sieht zu ihr. Einen Moment lang glaube ich schon, er winkt gleich, doch er tut es nicht.
    Aber den Brief geht er holen. Besser gesagt, er schickt mich vor, damit ich ihn hole. Priti möchte, dass er ihn hier und jetzt öffnet, doch Jed weigert sich. Er sagt, er werde ihn gar nicht öffnen, sondern in den Müll werfen, und dass er ihn nur haben wollte, um zu verhindern, dass irgendjemand in seinen Angelegenheiten herumschnüffelt.
    Wir gehen wieder nach Hause, und Opa macht Essen, weil Oma sich bei ihrem Sturz die Hand verletzt hat. Opa macht uns nicht sehr oft Essen, und er sagt, dass Jed und ich helfen müssen. Ausnahmsweise ist Jed sehr hilfsbereit und räumt den Tisch ab und spült das Geschirr ohne einen Mucks. Niemand spricht von Tante Karen, aber alles ist merkwürdig und anders als sonst.
    Nach dem Essen gehe ich nach oben in unser Zimmer, um zu zeichnen. Ich setze mich auf mein Bett und überlege, wie der Bombenjäger-Comicstrip weitergehen soll, aber irgendwiewill mir nichts einfallen. Ich starre durch den Raum, und da fällt mir auf, dass etwas unter Jeds Kissen hervorguckt. Es ist der Brief von seiner Mum – er hat ihn doch nicht weggeworfen. Ob er ihn gelesen hat?
    Ich muss sofort an meine eigene Mutter denken, und an die Postkarten, und daran, dass sie nicht anruft, und all das andere Zeug, an das ich die ganze Zeit nicht zu denken versuche.
    Gedanken, die ich mir über meine Mum mache
Wie ist es – das Krankenhaus, in dem sie liegt? Ist es überhaupt wie ein Krankenhaus mit Betten oder mehr wie ein Hotel mit Krankenschwestern? Liegt sie den ganzen Tag im Bett, oder kann sie herumgehen und lesen,

Weitere Kostenlose Bücher