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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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kann schließlich alles Mögliche drauf sein, illegale Software, Viren, irgendwelcher Unfug eben. Und tatsächlich, das Diskettenlaufwerk war abgesperrt: Mit einem Stück Plastik, das im Schlitz steckte und gegen Herausziehen durch ein Schloss gesichert war, das ich mit einer Hand und ohne hinzusehen knackte.
    Ich loggte mich ein, und während allerhand bunte Bildchen nervend über den Bildschirm flimmerten, legte ich Reto Hungerbühls Diskette ein. Es hieß warten. Das war mir schon in den Computerkursen im Gefängnis aufgefallen: Jeder erzählte einem die tollsten Storys, um wie vieles schneller die neuesten Geräte seien, aber in Wirklichkeit wurden sie nur immer bunter, und von dem Moment an, in dem man sie einschaltete, dauerte es immer länger, bis man endlich anfangen konnte zu arbeiten.
    Endlich war es so weit. Ich musste ein bisschen herumsuchen, bis ich zurechtkam und mir anschauen konnte, was auf der Diskette war. Es war genau eine Datei, die den nahe liegenden Namen JAS.DOC trug. Ich klickte sie an, ein Programm startete – und forderte mich zur Eingabe eines Passwortes auf.
    Skit, wie lästig. Hackerzeugs. Ich probierte ein bisschen mit den üblichen Passwörtern herum. Das häufigste Passwort überhaupt ist » password « , phantasievollere Menschen wählen ihren eigenen Nachnamen oder Vornamen, viele auch die Namen von Ehegatten, Kindern, Enkeln oder Haustieren. Dafür wusste ich nun natürlich zu wenig über das private Umfeld Reto Hungerbühls. Ich versuchte ein paar andere Passwörter, die mir in meiner Laufbahn besonders häufig aufgefallen sind – »geheim«, »topsecret«, »start«, »root«, »Admin« und so weiter –, doch das brachte alles nichts. Na schön, dann eben nicht. Ich brach das Programm ab und suchte nach einem anderen, einem Editor, der imstande war, Dateien ohne lästige Umwege direkt anzuzeigen. Ich fand auch einen, aber der Inhalt von JAS.DOC bestand nur aus Kauderwelsch. Die Datei war tatsächlich verschlüsselt und auf die Schnelle nicht zu knacken. Von mir schon gar nicht.
    Ich nahm die Diskette wieder an mich, loggte mich aus und ging. Der Typ in seinem Kabuff sah nicht mal hoch. Fünf Minuten später war ich auf der E20 und unterwegs nach Stuvsta.
    Der Laden dort, in dem ich in meinen guten Zeiten viel Geld gelassen hatte, lag an der Ecke eines Häuserblocks, hatte riesige Fenster und hätte sich so, wie er gebaut war, besser für ein Café oder dergleichen geeignet. Bedarf für Hobbyfunker und Elektronikbastler stand auf dem Firmenschild. Von der Straße aus waren nur Metallregale zu sehen, die bis zur Decke reichten und mit technischem Krimskrams so voll gestopft waren, dass fast kein Tageslicht ins Innere drang. Die Innenbeleuchtung brannte selbst im Sommer den ganzen Tag.
    Das Einzige, was sich geändert hatte, war der Inhaber. Der Sohn des alten Besitzers, den ich noch als rotzfrechen Teenager in Erinnerung hatte, stand verblüffend erwachsen und beflissen hinter der Theke. Immerhin erinnerte er sich an mich, denn als ich mich vorbeugte und ihm zuraunte, ich hätte besonderen Bedarf, nickte er, ohne eine Miene zu verziehen, in genau der gleichen Weise wie einst sein Vater und bat mich in die hinteren Räumlichkeiten.
    Die abgeschabten, abschließbaren Schränke dort waren auch noch die alten. Neu war nur der Videoschirm, mit dem er den Laden überwachte, während ich meine Wahl traf. Sein Vater hatte sich einzig auf sein Gehör verlassen.
    Eine halbe Stunde später verließ ich, etliche Tausend Kronen ärmer, den Laden mit einem großen, neutralen Karton und dem Gefühl, besser gerüstet zu sein gegen die übermächtigen Gefahren dieser Welt.
    Mein nächstes Ziel war eine Autowerkstatt mit eigener Lackiererei in Enskede, die ich mir beim Frühstück aus den Gelben Seiten herausgesucht hatte.
    Auf dem Weg dorthin hielt ich an Fotogeschäften, Copyshops und ähnlichen Läden, bis ich einen mit einem Automaten fand, der Visitenkarten druckte. Fünf Minuten später war ich im Besitz von zwanzig frisch gedruckten, erstaunlich gut aussehenden Karten, denen zufolge ich Mats Nilsson hieß und Production Designer einer Filmgesellschaft namens Columbia-Warner Entertainment mit Sitz in Beverly Hills, Los Angeles, war.
    »Das muss absolut vertraulich bleiben«, erklärte ich dem Chef der Automobilwerkstatt kurze Zeit später, nachdem ich ihm eine der Karten überreicht hatte. Meinem Tonfall war, so hoffte ich, eine gewisse drängende Eile anzumerken. »Wir drehen

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