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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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Wagen zurechtkommt. Der fährt sich wie ’n 16-Tonner. Wie dem auch sei, der Notdienst sollte heute vorbeikommen. Meinst du, du kannst zurück nach Hause gehen und dem Mechaniker den Schlüssel aushändigen?«
    »Und was ist mit meinem Meeting?«, fragt er. Den ganzen lieben langen Tag sitzt er zu Hause in seinem Arbeitszimmer rum, aber wenn ich ihn mal brauche, hat er ein »Meeting«.
    »Wie lange dauert das denn?«, frage ich.
    »Keine Ahnung. Vielleicht ’ne Stunde. So was weiß man doch vorher nie –«
    »Okay, ich muss Schluss machen. Hier jagt ein Termin den anderen.«
    Ich klappe mein Handy zu. Vielleicht könnte Pamela sich ein Taxi nehmen und bei uns zu Hause auf den Mechaniker warten? Nein, dafür hat sie hier zu viel Arbeit. Kann mir jetzt auch nicht länger den Kopf wegen des blöden Autos zerbrechen. Hab zu viel zu tun. Von einer Sitzung in die nächste.
    Das letzte Meeting war ein harter Brocken. Bin froh, dass es vorbei ist. Wieder mal war die Rationalisierung Thema – und die drohenden Entlassungen. Teilnehmer: Ich, David Fenwick und Barbara Kipps – Kippsy, wie sie sich gern nennen lässt, aber ich kann mich irgendwie nicht dazu durchringen. »Warum müssen wir die Kündigungen eigentlich ausgerechnet an einem Freitag aussprechen?«, hat sie gefragt. Ich hab sie nur verständnislos angesehen. »Das erscheint mir so grausam«, fuhr sie fort. Tut mir leid, aber Entlassungen sind nun mal grausam. Finden Sie sich damit ab. Die zweiundzwanzig Mitarbeiter, die es morgen treffen wird, werden das nicht anders sehen. Doch für alle Fälle werde ich einen Jobberater und einen Anwalt bereitstellen – das zählt alles zum Service, den Personalabteilungen heutzutage bieten.
    »Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Kippsy«, sagte David. »Zweiundzwanzig Kündigungen an einem Freitag bedeuten zweiundzwanzig ruinierte Wochenenden.« Die ganze Sitzung über versuchte er, sie bei Laune zu halten. Wie die meisten Leute in ihrem Dunstkreis.
    »Genau, David«, sagte sie.
    »Wir könnten die Sache auf kommenden Montag verlegen«, schlug er vor. »Dann kommt es ihnen ein bisschen so vor, alshätten wir ihnen den Rest der Woche freigegeben. Könnte die Sache ein bisschen entschärfen.«
    Ist das sein Ernst?, hab ich mich gefragt. Wer weiß. Barbara jedenfalls hat es ihm abgekauft. »Was für eine gute Idee«, sagte sie. »Können wir das Ganze nicht auf kommenden Montag verschieben, Kate?«
    Was fragt sie mich?, dachte ich. Schließlich ist sie die einzige Seniorpartnerin hier.
    »Na ja … schon möglich«, sagte ich.
    »Nein, lasst uns die Sache wie geplant morgen über die Bühne bringen«, sagte sie, nachdem sie offenbar wieder zur Vernunft gekommen war. »Ich bin Montag bei Gericht. Wenn wir die Sache jetzt vertagen, müssten zu viele Leute jede Menge Termine über den Haufen werfen.
    Ja, allen voran ich, dachte ich. Hab mir schließlich extra den Freitag freigeschaufelt dafür. Hab Pam erzählt, ich hätte ein Seminar bei der Anwaltskammer. Wollte nicht, dass sie Verdacht schöpft. Ich halte sie zwar für ziemlich diskret, aber bei so was kann man nicht vorsichtig genug sein.
    Wie dem auch sei, die Sache ist beschlossen. Ich hab die Liste bei mir. In einem Aktenordner. Zweiundzwanzig Vorgänge, zweiundzwanzig Namen. Dazu Gehaltslisten, Abfindungen, ein Sozialplan – kurz: alles, was mit einer Massenentlassung zusammenhängt. Dynamit, mit anderen Worten, das unter Verschluss gehört.
    Als ich Pamelas Schreibtisch vor meinem Büro erreiche, meldet sich mein Handy. Der Akku ist fast leer. Die Technik lässt mich heute ganz schön im Stich.
    Pam : Ich beende das Telefonat, als Kate an meinem Schreibtisch erscheint. Sie hat ’ne Laufmasche in der Strumpfhose. Zwar nur ’ne kleine, aber ich weiß nicht, ob ich sie darauf hinweisen soll. Nein, besser nicht; sie wird das Malheur vermutlich längst bemerkt haben. Würde nicht zu ihr passen, so was zu übersehen.Vor ein paar Wochen trug sie ein paar Schuhe, auf die kleine Glasdinger gestickt waren. Winzige, nein, mikroskopisch kleine Strasssteinchen. Vielleicht auch echte Steinchen; bei Kate kann man das nie so genau wissen. Jedenfalls hatte sich eines dieser Splitterchen gelöst und fiel ab. Nicht, dass es irgendwem aufgefallen wäre. Die Dinger sind so winzig, dass selbst der Typ, der sie seinerzeit an den Schuhen befestigt hat, das Fehlen eines einzelnen Steinchens nicht bemerkt hätte. Nicht so Kate. Kate hat es bemerkt und ist schier ausgeflippt. Und so

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