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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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Schulter an. »Komm weiter. Das Beste hast du noch gar nicht gesehen.« Er ging voran, auf eine breite Öffnung am anderen Ende der Höhle zu. Tarō betrachtete im Vorübergehen die Wände  – er sah Tiger im Sprung, so lebhaft, als wollten sie gleich aus dem Stein hervorbrechen, und Apsara-Engel, die mit ihren zierlichen Schwertern aus hartem Granit Dämonen mit gewaltigen Hauern erschlugen.
    »Apsaras!«, sagte Heikō. »Das war einmal ein buddhistischer Tempel, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Shūsaku. »Nur haben die meisten Leute ihn längst vergessen. Diese Felsenbilder sind Meisterwerke. Aber ihr werdet später noch reichlich Zeit haben, sie zu betrachten.« Sie kamen an der Statue eines sitzenden Buddhas in einer großen Wandnische vorbei. Er war etwa vier Manneslängen hoch und vollständig mit Blattgold bedeckt.
    Heikō schnappte nach Luft. »Aber das ist einmalig! Die Leute sollten davon erfahren  –«
    »Aus einleuchtenden Gründen«, unterbrach Shūsaku sie, »wäre das keine gute Idee.«
    Sie erreichten die Höhlenöffnung am anderen Ende, und Tarō, Hirō, Heikō und Yukiko folgten Shūsaku in einen riesigen, dunklen Raum  – etwa dreißig Tatami-Matten breit. Tarō konnte gerade noch die Felsenklippe auf der anderen Seite erkennen. Rundherum ragte eine steile, hohe Felswand auf, mindestens so hoch wie drei Torii-Tore übereinander. Das vermittelte einem den Eindruck, als stünde man am Boden eines riesigen Brunnens. Hier war es merklich kühler als auf der Bergflanke draußen bei der kleinen Hütte, die den Eingang verbarg.
    Hirō deutete nach oben. »Schaut«, sagte er. Über ihnen leuchteten goldene Sterne und eine Mondsichel am Nachthimmel  – doch als Tarō genauer hinsah, merkte er, dass der Himmel gar nicht echt war, sondern irgendeine Illusion. Der echte Mond nahm zwar gerade ab, ja, aber die Sichel war noch lange nicht so schmal. Dieser dünne, eigenartig flache goldene Mond war nicht der echte. Den hatte Tarō erst vor einer Stunde gesehen, draußen vor der kleinen Hütte, und er ließ sich nicht täuschen. Er starrte angestrengt nach oben. Ja, die runde Öffnung oberhalb dieser schüsselförmigen Vertiefung wurde nicht vom Nachthimmel bedeckt, sondern von irgendeinem dunklen Stoff, der mit Sternenkonstellationen bemalt war. Während Tarō hinaufschaute, sah er, wie der Stoff sich leicht wellte und blähte, vermutlich vom Wind draußen. Er konnte ein Keuchen nicht unterdrücken.
    »Hält die Sonne ab«, erklärte Shūsaku. »Und den Regen, was ein Jammer für unsere paar Pflanzen ist. Wir haben ein Bewässerungssystem, das Quellwasser auf unsere wenigen Reisfelder und Gemüsegärten verteilt, aber sie wachsen nie so gut wie draußen. Es dringt auch nur trübes Sonnenlicht herein. Trotzdem  – das ist ein geringer Preis.« Er wies auf den künstlichen Nachthimmel. »Das beeindruckt Besucher immer sehr. Jedenfalls die wenigen, die wir empfangen.«
    »Wo sind wir?«, fragte Hirō.
    »Kannst du es nicht erraten? Wir stehen im Kessel eines erloschenen Vulkans. Willkommen in der Heimat meines Klans.«

Kapitel 36
    Tarō betrachtete noch einmal den glatten Kreis aus Fels, der sie umgab. Natürlich. Jetzt erkannte er, dass sie durch den Tunnel in ein verborgenes Tal gelangt waren  – einen Krater, der nur dann von außen sichtbar wäre, wenn jemand bis hinauf zum Kraterrand kletterte.
    Shūsaku schien seine Gedanken zu lesen. »Man braucht hier nur wenige Wachen. Wir postieren immer zwei oben auf dem Rand. Wir haben auch ein oder zwei Nicht-Vampire hier, die tagsüber hinaufgehen können. Hin und wieder kommt uns ein Bauer zu nahe  – auf der Suche nach einer Ziege beispielsweise. Dann arrangieren wir einen kleinen Sturz. Nichts allzu Schlimmes, nur ein paar gebrochene Knochen. Die Art Unfall, die nicht zu weiteren Erkundungen ermuntert.«
    Während er sprach, trat eine Frau in das Rund, scheinbar wie aus dem Nichts. Tarō kniff die Augen zusammen und erkannte, dass der dunkle Fleck hinter der Frau eine Höhle in der Felswand sein musste. Sie lächelte, als sie Shūsaku erblickte, und kam mit schwungvollen, geschmeidigen Schritten zu ihnen herüber  – doch dann sah sie Tarō und runzelte die Stirn. Sie verneigte sich vor Shūsaku. »Shūsaku. Es freut mich, dass Ihr zurückgekehrt seid.«
    »Kawabata-san«, sagte Shūsaku. »Ihr seht mit jedem Tag jünger aus. Euer Ehemann kann sich glücklich schätzen.«
    Die Frau verdrehte die Augen gen Himmel, und Tarō entschied auf

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