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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Korowin runzelte die Stirn.
    »Lassen sie einen wenigstens noch Wodka trinken?«
    »Wenn man höflich darum bittet.«
    »Ich bin wie Sie, Ari. Ich bitte um nichts.« Er bestellte sich einen Wodka, dann sah er wieder zu Schamron hinüber. »Es war beruhigend, letzte Nacht Ihre Stimme zu hören. Ich hatte schon Angst, Sie seien tot. Das ist das Schlimmste am Alter – der Tod aller Freunde.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie welche haben.«
    »Freunde? Ein paar.« Er lächelte schwach. »Sie haben das Spiel immer gut gespielt, Ari. Sie hatten in Jasenewo viele Bewunderer. Wir haben Ihre Unternehmen studiert. Manchmal haben wir sogar etwas dazugelernt.«
    In Jasenewo stand das alte Dienstgebäude der oft als Zentrale Moskau bezeichneten Ersten Hauptverwaltung. Dort war jetzt der Auslandsnachrichtendienst SWR untergebracht.
    »Wo ist mein Dossier?«, fragte Schamron.
    »Sicher verwahrt, dort, wo es niemand findet. Anfangs habe ich befürchtet, unsere schmutzige Wäsche würde öffentlich gewaschen. Zum Glück hat das neue Regime damit Schluss gemacht. Unser Präsident versteht, dass, wer über die Geschichte herrscht, auch über die Zukunft herrscht. Er lobt die Errungenschaften der Sowjetunion, während er ihre vermeintlichen Missstände und Verbrechen herunterspielt.«
    »Und das finden Sie richtig?«
    »Natürlich. Russland hat keine demokratische Tradition. Demokratie in Russland wäre, als würde man in Israel die Scharia einführen. Sie verstehen, was ich meine, Ari?«
    »Doch, durchaus, Sergeij.«
    Ein Ober servierte den Wodka mit großer Zeremonie und zog sich gleich wieder zurück. Korowin trank sofort einen Schluck.
    »Also, Ari, nachdem wir jetzt allein sind …«
    »Sind wir das, Sergeij?«
    »Hier ist niemand außer meinen Leibwächtern.« Er machte eine Pause. »Und Ihre, Ari?«
    Schamron nickte zu Rami hinüber, der im Eingangsbereich des luxuriösen Salons saß und vorgab, die Herald Tribune zu lesen.
    »Nur einer?«
    »Glauben Sie mir, Sergeij, einer ist ausreichend.«
    »Nun ja, nicht immer. Wie ich höre, sind zwei Ihrer Jungs neulich Nacht erschossen worden, und die Italiener bemühen sich, den Fall für Sie zu vertuschen. Das wird übrigens nicht klappen. Meine Informanten sagen mir, dass morgen früh eine große italienische Zeitung die Meldung hinausposaunen wird.«
    »Tatsächlich? Und was wird sie schreiben?«
    »Dass zwei Agenten des Diensts bei einer Fahrt durch Umbrien ermordet worden sind.«
    »Aber nichts davon, dass ein Agent entführt worden ist?«
    »Nein.«
    »Und die Täter?«
    »Es wird Spekulationen über einen iranischen Auftragsmord geben.« Er machte eine Pause, dann sagte er: »Aber wir wissen beide, dass das nicht stimmt.«
    Korowin trank noch einen Schluck Wodka. Das Thema war angeschnitten. Beide Männer würden jetzt vorsichtig taktieren müssen. Schamron wusste, dass Korowin nicht allzu viel zugeben durfte. Aber das spielte keine Rolle. Der Russe konnte mit einer hochgezogenen Augenbraue mehr sagen als die meisten Männer mit langen Sätzen. Schamron machte den nächsten Zug.
    »Wir sind immer ehrlich zueinander gewesen, Sergeij.«
    »So ehrlich, wie zwei Männer in unserer Branche sein können.«
    »Also will ich Ihnen gegenüber offen sprechen. Wir glauben, dass unser Agent im Auftrag Iwan Charkows entführt worden ist. Wir gehen davon aus, dass das eine Vergeltungsmaßnahme für ein Unternehmen ist, das wir letzten Herbst gegen ihn durchgeführt haben.«
    »Ich weiß alles über Ihr Unternehmen, Ari. Die ganze Welt weiß darüber Bescheid. Aber Iwan Charkow hat absolut nichts mit dem Verschwinden dieser Frau zu tun.«
    Schamron achtete nicht weiter auf Korowins Antwort, bis auf ein einziges Wort – das Wort Frau. Mehr brauchte er nicht zu wissen. Der Russe hatte soeben seine Legitimation vorgewiesen. Jetzt konnte die Verhandlung beginnen. Sie würde nach sorgfältig festgelegten Regeln ablaufen und in erster Linie mit Lügen und Halbwahrheiten bestritten werden. Nichts würde zugegeben werden, und keine Seite würde jemals Forderungen stellen. Das war nicht nötig. Schamron und Korowin verstanden sich beide glänzend auf die Sprache der Unwahrheit.
    »Sind Sie sich sicher, Sergeij? Sind Sie sicher, dass Charkow saubere Hände hat?«
    »Ich habe selbst mit Vertrauten Charkows gesprochen.«
    Wieder eine Pause, dann: »Haben Sie irgendwas über die Verfassung dieser Frau gehört?«
    »Nur, dass sie lebt und gut behandelt wird.«
    »Freut mich zu hören, Sergeij. Wir wären

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