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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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selbstständig machte. Er hat Aufträge übernommen, die andere als zu gefährlich abgelehnt hätten. Davon ist er reich geworden. Nach einigen erfolgreichen Jahren in Russland hat er seinen Horizont erweitert.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Nach Westeuropa. Er spricht mehrere Sprachen und besitzt aus seiner Zeit beim KGB verschiedene Pässe.«
    »Wo lebt er?«
    »Wer weiß? Ich wette, dass nicht einmal die berühmte Olga Suchowa ihn finden wird. Ich rate Ihnen sogar dringend, die Finger davon zu lassen. Damit riskieren Sie Kopf und Kragen.«
    »Offenbar bietet er seine Dienste weiter auf dem freien Markt an.«
    »Richtig, das habe ich gehört. Und wie man ebenfalls hört, ist sein Honorar in schwindelerregende Höhen gestiegen. Nur Männer wie Iwan Charkow können sich ihn noch leisten.«
    »Und Sie, Wiktor.«
    »Ich habe nie mit solchen Methoden gearbeitet.«
    »Das wirft Ihnen auch niemand vor. Aber nehmen wir einmal an, jemand möchte die Dienste dieses Mannes in Anspruch nehmen. Wie würde man Verbindung mit ihm aufnehmen? Wohin müsste man sich wenden?«
    Orlow verfiel in Schweigen. Er war Russe – und hatte wie alle Russen stets den Verdacht, belauscht zu werden. Diesmal sogar zu Recht. Einen Augenblick lang fürchteten die zwei Männer im MI5-Überwachungswagen, ihr Informant sei nicht bereit, den letzten Schritt zu tun. Doch dann hörten sie ein einzelnes Wort, das keine Übersetzung erforderte. » Genf. «
     
    Dort gebe es einen Mann, sagte Orlow. Einen Sicherheitsberater reicher Russen. Einen Makler. Einen Mittelsmann.
    »Er heißt Tschernow, glaube ich. Ja, so heißt er. Tschernow.«
    »Hat er auch einen Vornamen?«
    »Ich glaube, Wladimir.«
    »Wissen Sie zufällig, wo er sein Büro hat?«
    »In einer Seitenstraße der Rue du Mont-Blanc. Ich denke, dass ich irgendwo die genaue Adresse habe.«
    »Sie haben nicht auch zufällig seine Telefonnummer?«
    »Vielleicht habe ich sogar seine Handynummer.«
     
    Unter gewöhnlichen Umständen hätte sich Gabriel nie die Mühe gemacht, den Namen und die Handynummer aufzuschreiben. Aber jetzt, nachdem Chiara in Iwan Charkows Händen war, traute er seinem normalerweise unfehlbaren Gedächtnis nicht mehr. Als er sich beides notiert hatte, schlüpfte Olga bereits durch Orlows schmiedeeisernes Tor. Ein Taxi gabelte sie auf und fuhr mit ihr um die Ecke zu den Cheyne Gardens. Dort übernahm Gabriel das Taxi und fuhr zum London-City-Airport weiter, wo eine von den Amerikanern bereitgestellte Gulfstream-G500 wartete. Der Rest seines Teams, zu dem jetzt auch Sarah Bancroft gehörte, war bereits an Bord. Die Startkladde des Towers würde später zeigen, dass die Maschine um 22.18 Uhr gestartet war. Aus nie geklärten Gründen war ihr Zielflughafen nicht vermerkt worden.

43 K ING S AUL B OULEVARD , T EL A VIV
    Die Informationen mochten spärlich wirken – ein Name, eine Geschäftsadresse, eine Telefonnummer –, aber in den Händen einer hoch effizienten Organisation, wie der Dienst es war, reichten sie aus, um jeden Mann garantiert zu enttarnen. Schamron leitete sie an die Bluthunde von der Forschungsabteilung weiter und jagte sie auch über den Atlantik nach Langley. Dann fuhr er mit Rami an seiner Seite nach Tiberias zurück.
    Es war nach Mitternacht, als er dort ankam. Er zog sich im Dunkeln aus und schlüpfte leise unter die Bettdecke, um Gilah nicht zu wecken. Aber er machte die Augen gar nicht erst zu. Er schlief ohnehin schlecht – und unter den gegenwärtigen Umständen erst recht nicht. Stattdessen durchlebte er jede Minute der vergangenen zwei Tage nochmals und erforschte die fernsten Regionen seiner Vergangenheit. Und er fragte sich, wann er die Gelegenheit bekäme, etwas Nützliches zu tun, statt überall nur lästig zu sein oder lediglich eine Meldung aus London entgegenzunehmen. Und er kämpfte mit zwei Fragen: Wo steckte Iwan Charkow? Und warum hatten sie noch nichts von ihm gehört?
    Zufälligerweise grübelte Schamron über eben diese Frage nach, als um 4.13 Uhr das Telefon auf seinem Nachttisch klingelte. Die genaue Uhrzeit registrierte er, weil er aus alter Gewohnheit auf seine Armbanduhr sah, bevor er den Hörer abnahm. Da er wieder eine Todesnachricht fürchtete, hielt er den Hörer sekundenlang nur ans Ohr, bevor er seinen Namen knurrte. Die Stimme, die sich meldete, erkannte er sofort. Es war die Stimme eines alten Rivalen. Die Stimme eines gelegentlichen Verbündeten. Dieser wollte Schamron unter vier Augen sprechen. Er fragte, ob Schamron Zeit

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