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Der Omega-Punkt: Roman (German Edition)

Der Omega-Punkt: Roman (German Edition)

Titel: Der Omega-Punkt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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zum Anschauen und Kartieren und Bedenken.
    Ich fragte ihn, ob er im Irak gewesen sei. Er musste über die Frage nachdenken. Ich wollte nicht, dass er glaubte, ich würde die Antwort kennen und mich nur deshalb erkundigen, um die Weite seiner Erfahrung infrage zu stellen. Ich kannte die Antwort nicht.
    Er sagte: »Ich hasse Gewalt. Ich fürchte den Gedanken daran, mag keine Gewaltfilme anschauen, wende mich ab bei Nachrichtensendungen im Fernsehen, die Tote oder Verwundete zeigen. Ich hatte einen Kampf, als Kind, und kriegte einen Krampf«, sagte er. »Bei Gewalt gefriert mir das Blut.«
    Er erzählte mir, er habe umfassende Freigabe gehabt, Zugang zu jedem heiklen Fitzelchen militärischen Geheimmaterials. Ich wusste, dass das nicht stimmte. Das drückten seine Stimme und sein Gesicht aus, etwas bitter Sehnsüchtiges darin, und ich begriff natürlich, dass er mir, nur weil ich hier war, Dinge erzählte, wahr oder nicht, weil wir beide hier waren, abgeschieden, trinkend. Ich war sein Vertrauter in Ermangelung eines besseren, der junge Mann, dem er die Einzelheiten seiner Pseudo-Wirklichkeit anvertraute.
    »Einmal sprach ich mit ihnen über den Krieg. Irak ist ein Flüstern, sagte ich zu ihnen. Unsere nuklearen Flirts mit dieser oder jener Regierung. Leises Flüstern«, sagte er, »ich sage Ihnen, das wird sich ändern. Irgendetwas kommt auf uns zu. Aber wollen wir das nicht? Ist das nicht die Last des Bewusstseins? Wir sind völlig ausgespielt. Die Materie möchte ihre Befangenheit verlieren, das Bewusstsein ihrer selbst. Wir sind Geist und Herz, zu denen die Materie geworden ist. Es ist Zeit, das alles dichtzumachen. Das treibt uns jetzt an.«
    Er schenkte sein Glas wieder voll und gab mir die Flasche. Mir machte das Spaß gerade.
    »Wir wollen die tote Materie sein, die wir früher waren. Wir sind die letzte Milliardstelsekunde in der Evolution der Materie. Als ich Student war, suchte ich nach radikalen Ideen. Wissenschaftler, Theologen, ich las die Texte von Mystikern quer durch die Jahrhunderte, ich war ein hungriger Geist, ein reiner Geist. Ich füllte Notizbücher mit meinen Versionen der Weltphilosophie. Und wie stehen wir jetzt da. Wir erfinden die ganze Zeit Volksmärchen vom Ende. Grassierende Tierkrankheiten, übertragbarer Krebs. Was noch?«
    »Das Klima«, sagte ich.
    »Das Klima.«
    »Der Asteroid«, sagte ich.
    »Der Asteroid, der Meteorit. Was noch?«
    »Hunger, weltweit.«
    »Hunger«, sagte er. »Was noch?«
    »Einen Moment.«
    »Lassen Sie mal. Das interessiert mich gar nicht. Ich kann das nicht gebrauchen. Wir müssen darüber hinaus denken.«
    Ich wollte nicht, dass er aufhörte. Wir saßen, still trinkend, und ich versuchte mir weitere plausible Aussichten für das Ende des menschlichen Lebens auf Erden auszudenken.
    »Ich war Student. Ich aß zu Mittag und studierte. Ich studierte die Schriften von Teilhard de Chardin«, sagte er. »Er ging nach China, ein Außenseiterpriester, nach China, in die Mongolei, grub Knochen aus. Ich aß mein Essen über aufgeschlagenen Büchern. Ich brauchte kein Tablett. Die Tabletts standen gestapelt am Anfang der Schlange in der Cafeteria. Er sagte, das menschliche Denken sei lebendig, es kreise. Und die Sphäre des kollektiven menschlichen Denkens, die nähere sich ihrer letzten Frist, dem letzten Flackern. Es gab einmal ein nordamerikanisches Kamel. Wo ist es jetzt?«
    Beinahe hätte ich gesagt, in Saudi-Arabien. Stattdessen gab ich ihm die Flasche zurück.
    »Sie haben denen einiges gesagt. Waren das Sitzungen zur politischen Strategie? Wer war da?«, fragte ich. »Leute auf Kabinettsebene? Militärs?«
    »Wer immer da war. Der war da.«
    Ich mochte diese Antwort. Sie sagte alles. Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer schien alles.
    Er sagte: »Materie. Alle Stadien, vom subatomischen Format bis zu Atomen und anorganischen Molekülen. Wir expandieren, wir fliegen nach außen, das ist das Wesen des Lebens von der Zelle an. Die Zelle war eine Revolution. Überlegen Sie mal. Protozoen, Pflanzen, Insekten, was noch?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wirbeltiere.«
    »Wirbeltiere«, sagte ich.
    »Und dann irgendwann die Ausformungen. Das Kriechen und Krabbeln, die Zweifüßer-Hocke, das bewusste Wesen, das seiner selbst bewusste Wesen. Rohe Materie wird zu analytischem menschlichem Denken. Zu unserer wunderschönen geistigen Komplexität.«
    Er pausierte, trank und pausierte wieder.
    »Was sind wir?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wir sind eine Menge, ein Schwarm.

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