Der Omega-Punkt: Roman (German Edition)
Wir denken in Gruppen, reisen in Armeen. Armeen tragen das Gen der Selbstzerstörung in sich. Eine Bombe ist nie genug. Im Nebel der Technologie, genau dort hecken die Orakel ihre Kriege aus. Denn jetzt kommt die Introversion, Pater Teilhard kannte das, der Omega-Punkt. Ein Sprung aus unserer Biologie hinaus. Stellen Sie sich mal diese Frage. Müssen wir für immer menschlich bleiben? Das Bewusstsein hat sich erschöpft. Zurück zu inorganischer Materie, na los. Das wollen wir. Wir wollen Steine auf dem Feld sein.«
Ich ging hinein, um Eiswürfel zu holen. Als ich zurückkam, pisste er von der Terrasse hinunter, auf Zehenspitzen, damit der Strahl nicht das Geländer traf. Dann setzten wir uns wieder und lauschten den Tierschreien irgendwo im Dickicht, und wir erinnerten uns daran, wo wir waren, und sagten eine Weile nichts, nachdem die Laute verstummt waren. Er sagte, er wäre am liebsten Student geblieben, in die Mongolei gegangen, in wahre Abgeschiedenheit, um dort zu leben, zu arbeiten und zu denken. Er nannte mich Jimmy.
»Sie bekommen jede Gelegenheit, über all das zu sprechen«, sagte ich. »Sprechen, pausieren, denken, sprechen. Ihr Gesicht«, sagte ich, »wer Sie sind, was Sie glauben. Andere Denker, Schriftsteller, Künstler, keiner hat so einen Film gemacht, nichts wird geplant, nichts geprobt, kein ausgefeiltes Szenario, keine Schlussfolgerungen vorab, das ist irgendwie völlig unverhüllt, ungeschnitten.«
Ich sprach diese Sätze in einem Whiskylallen, halb im Wissen, dass ich all das schon früher gesagt hatte, und ich hörte einen tiefen Atemzug und dann seine Stimme, ruhig und beherrscht, ja traurig.
»Was Sie wollen, mein Freund, ob Ihnen das bewusst ist oder nicht, ist eine öffentliche Beichte.«
Das konnte nicht stimmen. Absolut nicht, sagte ich ihm. Ich sagte ihm, ich hätte keinerlei Absicht, irgendetwas in dieser Richtung zu machen.
»Bekehrung auf dem Totenbett. Das wollen Sie. Die Narretei, die Eitelkeit des Intellektuellen. Die blinde Eitelkeit, die Anbetung der Macht. Vergib mir, sprich mich frei.«
Ich wehrte diese Vorstellung ab, innerlich, und erklärte ihm, ich hätte keine speziellen Ideen abgesehen von dem, was ich bereits beschrieben hätte.
»Sie wollen einen Mann beim Zusammenbruch filmen«, sagte er. »Das verstehe ich. Was wäre sonst der Sinn?«
Einen Mann, der mit dem Krieg verschmilzt. Einen Mann, der immer noch an die Rechtschaffenheit des Krieges glaubt, seines Krieges. Wie würde er auf Zelluloid aussehen und klingen, in einem Kino, auf einer Leinwand irgendwo, wenn er über einen Haiku-Krieg sprach? Hatte ich darüber nachgedacht? Ich hatte über die Wand nachgedacht, die Farbe und Textur der Wand, und ich hatte über das Gesicht des Mannes nachgedacht, die Züge, die stark waren, aber auch erschütterbar im Vorführen der grausamen Wahrheiten, die ihm womöglich in die Augen schwappen würden, und dann dachte ich an die Nahaufnahme von Jerry Lewis 1952, von Jerry, der seinen Schlips herunterriss, während er irgendeine tränenselige Broadway-Ballade sang.
Bevor er ins Haus ging, drückte mir Elster die Schulter, zur Beruhigung, wie es schien, und ich blieb noch einige Zeit auf der Terrasse, zu tief in meinem Stuhl versunken, ja in der Nacht, um nach der Scotch-Flasche zu greifen. Hinter mir ging das Licht in seinem Schlafzimmer aus, wodurch der Himmel heller aussah, und wie merkwürdig das wirkte, als das halbe Firmament näher kam, all diese funkelnden Massen, die immer zahlreicher wurden, die Sterne und Konstellationen, nur weil in einem Haus in der Wüste jemand ein Licht ausschaltet, und ich bedauerte, dass er nicht hier war und ich ihm nicht zuhören konnte, wie er davon sprach, vom Nah und Fern, von dem, was wir zu sehen glauben, wenn wir es nicht sehen.
Ich fragte mich, ob wir dabei waren, eine Familie zu werden, nicht seltsamer als die meisten, nur dass wir nichts zu tun hatten und nirgendwo hinwollten, aber das ist auch nicht so seltsam, Vater, Tochter und Was-immer-ich-war.
Es gab noch so etwas, das sie mal sagte, meine Frau, freundlich darauf Bezug nehmend, wie ich das Leben einerseits und den Film andererseits betrachtete.
»Warum ist es so schwer, ernst zu sein, und so leicht, zu ernst zu sein?«
Die Badezimmertür stand offen, mittags, und Jessie war drin, barfuß, in T-Shirt und Shorts, Kopf über dem Waschbecken, und wusch sich das Gesicht. Ich hielt an der Tür inne. Ich war mir nicht sicher, ob ich wollte, dass sie mich dort sah. Ich
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