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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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von euch in Kragen verwandeln?«
    »Sie werden nicht verwandelt, sondern so erzeugt… geboren, wenn du willst. In ihrem Jugendstadium sind sie Schiffssymbionten. Sie leben in der Haut und im Verdauungssystem unserer Schiffe, und wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, werden sie, nun ja, geerntet. Die Intelligenteren unter ihnen haben volles Bürgerrecht, wie zum Beispiel das Umweltkontrollsystem deines Zimmers.«
    Latil wurde bleich. »Du lügst mich an.«
    »Das darf ein Beauftragter nicht. Ich bin dein Beauftragter.«
    Latil schaute zum Funkenglas hinüber. Es sah aus, als sei es nie vom Tisch gestoßen worden. Sie hatte keine andere Wahl. Sie musste bis zum Beweis des Gegenteils annehmen, dass Haku ihr die Wahrheit erzählte. Wenn sie alles, was er behauptete, nur zurückwies, konnte sie sich eigentlich gleich in eine Ecke setzen und in den Psychosemodus verfallen.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte sie.
    »Welche?«
    »Warum? Warum gibt es die… die Symbionten, die ›Maschinen‹? Irgendjemand hat damit angefangen.«
    »Devolution.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Latil unwirsch.
    »Freiwillige Zurückentwicklung. Der Opal ist ein Versuch in Devolution. Es gibt ganze Philosophien darüber, warum wir Taan uns auf dieses Experiment eingelassen haben, und fast alle kommen zu sehr esoterischen Schlussfolgerungen. Aber das ist auch gleichgültig. Wir wollten den Opal, wir wollten ihn so, wie er heute ist, und einige von uns hatten begriffen, dass unsere Maschinen uns möglichst nah sein sollten. Sie durchliefen einen Prozess, den ihr als gentechnische Transformation beschreiben würdet, und spezialisierten sich auf eine bestimmte Aufgabe.«
    Latil wollte nicht mehr wissen, wie die Taan selbst diesen Prozess der Anpassung beschreiben würden, sie wusste ohnehin, dass die Erklärung den Begriff ›Treue‹ enthalten würde. ›Genetische Treue‹ oder ›Molekulare Treue‹. Oder was auch immer.
    »Man erzählt sich ja einiges über euch«, sagte Latil. »Aber ihr seid viel, viel perverser als diese Geschichten.«
    Haku blinzelte sie an. Einer der Bälle saß auf seiner Schulter.
    »Und natürlich ist dieses ganze Devolutionsgerede purer Unsinn. Ihr habt die beste Feldeffekttechnologie von allen. Der Opal könnte ohne sie gar nicht existieren. FET im planetaren Maßstab, das interessiert nicht einmal die Dolza, weil sie die Energie dazu nicht haben. Die Sayakh stehlen von euch, wo sie können, und die Sayakh sind nicht an Devolution interessiert, ganz bestimmt nicht. Also alles Quatsch.«
    »Mit Widersprüchen muss man leben«, sagte Haku lächelnd.
    Latil erwiderte: »Aber nicht mit Quatsch. Jedenfalls nicht mit zu viel Quatsch, Haku. Setz dich endlich!«, herrschte sie ihn an.
    Er gehorchte. Sein Mondo gehorchte.
    Latil sah ihn eine Weile an. Das lange, schmale Gesicht mit den großen Augen war schön, wie sie angeödet feststellte. Ein schöner Mann, der gerade einen runzligen braunen Ball von der Größe einer Kinderfaust an seinem Hals trug. Wie so oft, wenn sie durch einen verwirrenden Anblick von ihren eigenen Gedanken abgelenkt wurde, bekam ihre Intuition eine Chance. Es war immer dasselbe Gefühl. Als wachse einem kleinen Kristallisationskern eine große Schneeflocke an, in Sekundenschnelle, sich ausbreitend, in ihrem Inneren, kurz unterhalb ihres Brustbeins.
    »Ich bin auch ein Experiment in Devolution«, sagte sie. »Ihr nehmt mich, weil ich dem Clan nichts bedeute. Ihr nehmt mich, weil ich eine Null bin.«
    Die Schneeflocke wuchs weiter. Nächste Verzweigung.
    »Und der Clan schickt mich, weil er mich loswerden will. Ich habe keine Chance. Ich bin eine Fußnote in eurer wahnwitzigen Devolutionsphilosophie. Vom Clan aus gesehen seid ihr der perfekte Mülleimer für mich. Wahrscheinlich war euer Vorschuss immens. Was müssen die gelacht haben, dass ihr eine wie mich ankauft. Danke schön, danke schön, danke schön.«
    Die Schneeflocke hätte gerne noch einen weiteren Kristallring angesetzt, da war noch mehr, aber vorerst wurde die Intuition von einer so gallengrünen Bitterkeit verdrängt, dass Latil glaubte, sie müsse gleich kotzen.
    Haku legte seine Hände auf den Tisch.
    »Einer der Gründe, weswegen wir dich nehmen, ist die Tatsache, dass du gut bist. Du warst gut, du bist es immer noch. Grund zwei: Ein Taa darf keinen anderen töten. Das ist Gesetz. Der Opal hat beschlossen: Du sollst Eline umbringen, wenn wir ihn finden. Wenn dir das gelingt, schenken wir dir die Pseira.

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