Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
Vom Netzwerk:
genau, um was es sich dabei gehandelt hatte, der Schall erreichte sie schon lange nicht mehr. Nur ein dunkles Flirren zersplitterter Strukturen. Offenbar hatte das Objekt in der Ideallinie ihrer Flucht gelegen. »Was…?«, fragte Latil und zog gleich darauf die Luft ein, weil das Schiff noch einmal beschleunigte. Mörderisch. Das Plasma hatte seine Farbe gewechselt, es war jetzt bläulich weiß. Latil stand der kalte Schweiß auf der Stirn.
    »Passage englouti…«, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
    »Hyperfluenz«, antwortete das Schiff, und Latil wusste nicht, was es damit meinte.
    Es knackte. Es schien zu knacken. Vielleicht war das ja ihr brechender Schädel. Ah, nein. Der Suspensorsessel ging in Notreserve, für außergewöhnliche Beschleunigungen. Sie hatte davon gehört, dass es so etwas gab, aber sie hatte noch nie davon gehört, dass ein Sessel tatsächlich in den Reservemodus gegangen war. Erstaunlich, wenn man bedachte, was für ein Dreck in manchen Kaschemmen erzählt wurde.
    »Eintritt in den Opal.«
    Eintritt, dachte Latil. Was für ein widersinniger Begriff in diesem Zusammenhang. Einstich, Einschuss, Einflug. Das Schiff beschleunigte immer noch. Es wollte so schnell wie möglich an die Mündungsgeschwindigkeit herankommen, ohne sie zu töten, erst bei dieser Geschwindigkeit konnte es tunneln.
    »Hyperfluenz?«, fragte Latil keuchend.
    »Später, Latil, später«, sagte das Schiff mit seiner beruhigendsten Stimme.
    Die Außenschirme zeigten die blasse funkendurchzogene Bläue des Opals, des Milchtintenuniversums, das sich die Taan geschaffen hatten und in dem sie selber nun ein Funken geworden waren. In das sie nun hineinstachen wie eine heiße Nadel und aus dem sie in ein paar Sekunden fliehen würden. Latil fragte sich nicht, wohin sie fliehen sollten. Nur raus hier. Der G-Druck ließ plötzlich nach, sie fühlte sich, als löse sich ihr Rücken ab.
    »Mündungsgeschwindigkeit«, sagte das Schiff.
    Latil wartete ein paar Sekunden darauf, dass die Schirme die typischen Spiral- und Interferenzmuster am Anfang des Tunnelprozesses zeigen würden, aber sie kamen nicht. Immer noch die blasse Bläue.
    »Was ist los?«, fragte sie schwer atmend.
    Peinliche Stille.
    »Ich kann nicht tunneln«, sagte das Schiff.
    »Was kaputt?«
    »Nein. Alles überprüft.«
    »Du Miststück«, sagte Latil. Ihr Puls war immer noch nicht normal. »Wie schnell sind wir?«
    »Eins zu 10 hoch 4.«
    Ein Zehntausendstel der Lichtgeschwindigkeit. In einem gasgefüllten Medium.
    »Wie schnell ist die Echo ?«
    »Viel schneller«, sagte das Schiff leise. »Du kannst jetzt den Steuerknüppel loslassen.«
     
    Es war sehr heiß. Abkühlendes Metall strahlte seine Wärmeenergie in die Umgebung ab. Latil stand mit singenden Knochen und Muskeln auf, sie konnte nicht gleich wieder gehen und stützte sich am Rahmen des Suspensorsessels auf. Der Steuerknüppel wurde elegant eingezogen, der Sessel nahm seine Ruheposition wieder ein. Latil führte die schlechte Sicht auf ihre flatternden Lider zurück. Die Wirklichkeit sah aus, als sei sie mit ein paar Bildern zu wenig pro Sekunde aufgezeichnet worden. Sie wusste, was zu tun war. Sie hatte nicht die geringste Lust dazu. Es tat ihr Leid um Haku. Es tat ihr Leid um sich selbst, denn wie wichtig sie für die Taan auch sein mochte, das würden sie ihr nicht durchgehen lassen. Domale Make würde sich sehr freuen. Als sie an Domale Make dachte, wurde ihr übel, aber sie hatte keine Zeit für diese Übelkeit, weil sie ihren Muskeln den schmerzhaften Befehl geben musste, sich in Bewegung zu setzen, um Haku und Eytarri von den Wänden zu kratzen. Sie wusste nicht einmal genau, wie sie das anstellen würde. Insgeheim hoffte sie, die Passage englouti würde die Sauerei schon beseitigt haben.
    »Latil«, sagte das Schiff in einem sehr zerknirschten Tonfall, »ich weiß nicht, was sie mit mir gemacht haben. Ich war mir so sicher. Alles war x-fach trockengetestet. Eigentlich müsste ich tunneln können, aber ich kann es nicht. Meine Generatoren – «
    »Halt’s Maul«, sagte Latil knapp, ihre Muskeln sangen und zuckten. Sie schleppte sich mühsam vorwärts. Ich kann kein Blut sehen, dachte sie.
    »Es waren diese Funken«, fing das Schiff wieder an. »Erinnerst du dich? Diese Funken, als sie mich übernommen haben. Unglaublich viel Information. Unglaublich. Alles auf mich übertragen. Aber ich dachte, ich hätte alles abgearbeitet. Die Funken machen mir Kopfweh.«
    »Sei endlich still«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher