Der Orden
sollte.
Artorius erhob sich. »Machen wir eine Pause. Essen, baden, schlafen – mit deiner freundlichen Erlaubnis, Ceawlin.« Der fette negotiator nickte. »Wir reden später weiter.«
Nachdem die Versammlung sich aufgelöst hatte, kam Artorius zu Regina und führte sie in eine ruhige Ecke von Ceawlins mit einem Säulengang umgebenen Hof, fern von den anderen. »Weshalb fällst du mir in den Rücken?«, verlangte er in scharfem Flüsterton zu wissen. »Ich habe dich in deinem elenden Hüttenlager auf dem Hügel gefunden und dich zu dem gemacht, was du bist. Ich habe dich zu dieser Ratsversammlung mitgenommen. Weshalb unterstützt du mich nicht vor den anderen?«
»Weil ich anderer Meinung bin als du«, sagte sie. »Das Abenteuer in Gallien, das du planst. Dein Versuch, den Purpur zu erringen.«
Seine Augen wurden schmal. »Hast du Angst, dass ich Constantius’ Fehler wiederholen und die Insel ihrer Kräfte berauben könnte?«
Sie versuchte, ihm ihre Empfindungen zu erklären. »Ja, einerseits. Aber es ist nicht nur das. Ich glaube, dass du – verführt wirst. Dein Krieg gegen die Sachsen ist gerechtfertigt, denn sie würden unweigerlich jeden von uns töten, wenn sie Gelegenheit dazu bekämen, und unsere Insel mit ihren eigenen plärrenden, blonden Bälgern füllen.
Aber jetzt sprichst du vom Kampf um des Kampfes willen. Ich glaube, für dich ist der Krieg ein Abenteuer, ein großes Spiel. Aber das ist kein ›Soldaten‹-Spiel, Artorius. Die Spielfiguren, die du verbrauchst, sind nicht aus Stein oder Glas. Es sind Menschen – Menschen mit einer Seele, einem Bewusstsein, das ebenso aufgeweckt und lebendig ist wie deins oder meins.«
Er sah sie verständnislos an. »Regina…«
»Deine Soldaten glauben, früher hätte es bessere Menschen gegeben«, sagte sie, »die Baumeister der gewaltigen Ruinen, die sie jetzt mit offenem Mund anstarren. Ich frage mich, ob die Menschen der Zukunft wieder besser sein werden. Vielleicht erkennen unsere fernen Enkelkinder dereinst, dass das Leben heilig ist, und vielleicht ist es für sie dann genauso unvorstellbar, über das Leben anderer zu verfügen, als wären sie nicht mehr als Steine, wie es für mich unvorstellbar ist, mir das eigene Herz herauszureißen.«
»Aber bis zu diesem glücklichen Tag müssen wir fehlerhaften Sterblichen uns durchschlagen, so gut wir können«, erwiderte Artorius trocken. »Was glaubst du, wie das Imperium errichtet wurde, wenn nicht durch Krieg? Was glaubst du, auf welche Weise sein Frieden so lange bewahrt wurde, wenn nicht durch unaufhörlichen Krieg?« Er grinste. »Und – Regina, wenn es ein Spiel ist, dann ist es ein großartiges Spiel. Die Welt ist eine Arena für die Ehrgeizigen, und der Siegespreis ist nicht die schäbige Gunst eines solchen Publikums. Wozu wäre das Leben sonst da?«
»Früher einmal hast du meine Charakterstärke gerühmt«, sagte sie. »Meinen Trotz.«
»Aber jetzt fängst du an, mich zu ärgern, meine Morrigan.« Er trat dicht an sie daran. Seine Miene war ruhig. »Stell dich mir morgen nicht entgegen.«
Als er fort war, blieb sie eine Weile im kühlen Schatten des Säulengangs stehen und durchdachte ihre Probleme. Artorius war entschlossen, seinen Kurs weiterzuverfolgen, einen Kurs, der ihn in die Katastrophe führen musste. Und dann war da Brica mit ihrem mondgesichtigen Barbarenjungen.
Für ihre beiden Probleme gab es eine gemeinsame Lösung.
Es ist so weit, sagte sie sich. Sie durfte nicht zum Dunon zurückkehren. Vielleicht hatte sie diese Entscheidung vorausgeahnt, denn schließlich hatte sie die matres eingepackt, das Herz ihres Heims. Nachdem die Entscheidung gefallen war, galt es nur noch herauszufinden, wie sie ihr neues Ziel erreichen konnte.
Und dennoch, als sie dort stand, fühlte sie sich auf einmal alt, schwach und müde. Musste sie das tun? Musste sie erneut ihre Wurzeln ausreißen, erneut ein anderes Leben aufbauen? Und würde sie dazu sogar gegen ihre eigene Tochter kämpfen müssen? Aber sie wusste, dass sie gar keine Wahl hatte. Nicht mehr.
Wie es sich traf, ergab sich vor der nächsten Sitzung des Rats eine Gelegenheit zu bekommen, was sie wollte.
Ceawlin suchte sie in ihrer kleinen Kammer auf. Er blieb im Eingang stehen, und sein massiger Leib schien den ganzen Raum auszufüllen.
»Ich habe die Spannung zwischen dir und dem riothamus bemerkt«, sagte er ruhig. »Wenn ich helfen kann…«
Sie musterte ihn abwägend und fragte sich, welche Motive ihn wohl zu ihr geführt
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