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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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verhandeln.«
    »Trotzdem müssen wir es versuchen. Das Leben vieler Menschen steht auf dem Spiel.«
    »Niemandem wird etwas geschehen. Herrgott noch mal, George, ich bin doch kein mordgieriger Irrer. Aber ich werde die Krypta öffnen. Sie freilegen, damit alle Welt sie sieht.«
    »Aber vielleicht brauchst du das Risiko gar nicht erst einzugehen. Warum versuchen wir es nicht?« Ich verstummte und wartete, um eine Reaktion zu erzwingen. Alter Managementtrick.
    Schließlich antwortete er. »Okay. Weil du es bist.«
    Ich stieß den Atem aus, den ich angehalten hatte, ohne es zu merken.
    »Rosa«, zischte er. »Sie ist der Schlüssel. Die anderen sind hier geboren, bei denen ist Hopfen und Malz verloren. Aber Rosa könnte es verstehen. Sie hat eine breitere Perspektive, ein Ichbewusstsein, das man in diesem Termitenhügel eigentlich nicht haben soll. Vielleicht kannst du sie dazu bringen, dass sie sieht, was sie ist. Aber, George – du musst sie von den anderen trennen und allein mit ihr reden. Sonst gelingt es dir garantiert nicht, sie wachzurütteln.«
    »Ich werd’s versuchen.«
    Ich ging zu Rosa. Ihre Augen wurden schmal, während sie darauf wartete, dass ich etwas sagte. Auf einmal hatte ich Macht, erkannte ich, aber es war eine Macht, die ich nicht wollte. »Er wird reden. Aber nur, wenn alles so läuft, wie ich es sage, Rosa.« Ich warf einen Blick auf die Drohnen, die weiterhin ineffektiv hinter ihr herumzappelten. »Schick diese Leute fort.«
    Rosa erbebte richtiggehend. Ich sah, dass der Gedanke, allein zu sein, abgeschnitten vom Rest des Ordens und den subtilen Fingerzeigen anderer Drohnen, sie zutiefst beunruhigte. Aber sie gehorchte. Die Drohnen flatterten davon und verschwanden hinter der Biegung des Korridors.
    »Und hol Lucia her«, blaffte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »George, die Ärzte…«
    »Mach schon. Und ihr Baby. Sonst gehe ich weg.«
    Wir standen uns gegenüber. Doch ebenso, wie ich Peter zu einer Reaktion gezwungen hatte, zwang ich auch sie zum Wegsehen.
    Schließlich gab sie nach. »Na gut.« Sie entfernte sich ein Stück, holte ein Handy aus der Tasche und tätigte einen Anruf.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis Lucia kam. Sie trug einen schlichten Kittel und hatte ein kleines, in Decken gehülltes Bündel dabei. Sie war barfuß, und sie ging langsam und unsicher; ich sah Betreuerinnen, vielleicht aus den Räumen der mamme-nonne, die sich hinter der Biegung des Korridors herumtrieben. Als Lucia mich sah, kam sie auf mich zugelaufen. »Mr. Poole – o Mr. Poole!«
    »Geht es dir gut?«
    Ihr Gesicht war bleich, sah ich, mit eingefallenen Wangen und wässrigen Augen. Ihre Haare waren frisiert, sahen aber leblos aus. Sie war abgemagert; ihre Schulterblätter zeichneten sich unter dem Kittel ab, und ihre Hand- und Fußgelenke bestanden nur aus Haut und Knochen. Ich hätte nie geglaubt, dass sie nach wie vor erst sechzehn war. Aber sie lächelte, und sie hob mir ihr Baby entgegen – ihr zweites Baby, rief ich mir ins Gedächtnis. Sie ging jedoch ungeschickt mit dem Baby um. »Sie mussten sie aus der Krippe holen… Ich sehe sie zum ersten Mal seit ihrer Geburt. Ist sie nicht schön?«
    Das Baby hatte ein kleines, verschrumpeltes Gesicht, und es schlief; aber als es die Augen öffnete, waren sie perlmuttgrau. Es wirkte ein bisschen aufgeregt; fremde Hände, hätte meine Mutter gesagt. Lucia tat mir Leid.
    »Ja, sie ist hübsch.«
    Lucia rieb sich den Bauch. »Wie geht es Daniel?«
    »Er ist bei seinen Eltern.«
    »Ich denke oft an ihn.«
    »Was ist mit deinem Bauch?… Oh. Du bist wieder schwanger.«
    Sie wandte den Blick ab.
    Ich fasste sie am Arm und suchte ihr einen Platz, wo sie sich hinsetzen konnte, eine Bank, die aus der Steinwand gehauen war.
    »Wie habt ihr sie aus diesem amerikanischen Krankenhaus rausgeholt, Rosa?«
    Rosa zuckte die Achseln. »Willst du wirklich die Einzelheiten wissen? Nun, das Entscheidende war, dass sie von dort weg wollte, trotz allem, was sie sagt. Stimmt’s nicht, mein Kind?«
    Lucia beugte sich über ihr Baby und verbarg ihr Gesicht.
    »Ich habe getan, worum du mich gebeten hast, George«, sagte Rosa. »Kann ich jetzt mit ihm reden?«
    »Nur zu.«
    Sie drehte sich zu der Steinwand und hob die Stimme. »Ich weiß nicht, warum Sie das tun wollen, Peter McLachlan. Was haben wir Ihnen getan – oder sonst jemandem? Wir sind ein alter religiöser Orden. Wir haben uns der Anbetung Gottes durch Maria, die Mutter seines Sohnes, verschrieben. Wir wurden zu

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