Der Orden
erstaunlich – wie etwas Natürliches, ein Wasserfall oder ein Gewitter. Es war ein verblüffender Gedanke, dass dieses mächtige Schauspiel von Menschenhand gemacht war.
Wir brachen beide in Jubel und Applaus aus und umarmten einander.
Als uns die Jubelrufe ausgingen, hörte ich ferneren Lärm, eine Art Knistern wie sehr weit entfernten Donner oder sogar Gewehrfeuer. Es hätte das Geräusch jubelnder Menschen entlang der Küste sein können, oder das Geräusch des Aufstiegs der Fähre. Als sie weiter emporstieg, verbreitete sich ihr Licht über das Meer, und hundert gespiegelte Funken glitten über die sanft wogende Wasserfläche und folgten dem aufsteigenden Raumschiff.
Im fernen Raketenlicht war das Gesicht von Michael Poole Bazalget wie eine nach oben gewandte Münze, aber er hatte einen entschlossenen Zug um den Mund, und seine Augen lagen im Schatten. Ich war auf unerklärliche Weise beunruhigt. Ich fragte mich, was dieses Kind und seine Kinder nach ihm mit der Welt machen würden.
13
Die kleine Gruppe von Flüchtlingen bog von der Straße ab und schleppte sich den Hang hinauf.
Das Gehöft war nicht mehr als eine chaotische Ansammlung von Gebäuden, die sich auf der ausladenden Hügelflanke verloren. Nirgends brannte Licht. Regina sah die gähnenden Löcher unverglaster Fenster, verfallene Dächer, von Trockenmauern umgrenzte, aber unkrautüberwucherte Felder. Hinter den Gebäuden bedeckte ein dichter, dunkler Wald den oberen Teil des Hangs.
Das Gehöft war verlassen.
Sie waren zu fünft – Regina, Cartumandua und Severus, Marina, Carausias –, und sie standen dicht beieinander. Die Dunkelheit brach bereits herein, und die Kälte senkte sich herab. Sie waren fast schon einen Monat unterwegs, seit Verulamium niedergebrannt war, einen Monat, in dem sie stetig nach Westen gegangen waren. Sie mussten genauso verloren und hilflos aussehen wie die Gebäude selbst, dachte Regina.
»Sie haben gesagt, sie würden warten«, klagte Carausias. »Arcadius war ein Freund meines Bruders – ein enger Freund. Sie haben gesagt, sie würden auf uns warten.«
Severus löste sich aus der Gruppe. »Auf dem ganzen Weg von Verulamium hierher habe ich nichts als dein Gejammer und deine Ausreden gehört, alter Mann«, knurrte er verächtlich.
»Severus«, sagte Carta müde, »wir sind alle erschöpft.«
»Und wegen der sentimentalen Dummheit dieses alten Narren sind wir nun auf diesem Hang gestrandet. Ich habe dir ja gesagt, wir hätten nach Londinium gehen sollen.«
»Das haben wir doch schon besprochen. In Londinium war für uns nichts zu holen.«
»Arcadius hat gesagt, er würde warten«, wiederholte Carausias. Er nestelte unter seinem Umhang. »Ich habe die Briefe, die Briefe…«
Severus ging mit großen Schritten über den dunkler werdenden Hang davon.
»Severus, bitte«, rief Marina ihm ängstlich nach.
Carta hielt sie zurück. »Lass ihn gehen. Hier würde er uns nichts nützen.«
»Aber was sollen wir tun?«
Darauf hatte Carta keine Antwort. Carausias lief ziellos umher; er humpelte seit dem ersten Tag, trotz der Verbände, die seine Füße in den Lederschuhen umschlossen. Es schien, als wären sie alle nur mit sich selbst beschäftigt.
Regina hockte sich hin, umschloss ihre Knie mit den Armen und drückte sie an ihren Bauch. Immerhin blieb sie von den Krämpfen verschont, unter denen sie seit ihrem Aufbruch aus Verulamium nahezu ununterbrochen gelitten hatte.
Arcadius war ein Freund der Familie, der hier, tief im Herzen des Landes im Westen, ein Gehöft besaß. Arcadius und Carausias hatten immer schon vorgehabt, ihre Mittel zusammenzulegen und gemeinsam nach Armorica überzusetzen. Dank Amator war Carausias’ Geld fort, und er gab zu, dass sein letzter Kontakt mit Arcadius wegen der gegenwärtigen Unzuverlässigkeit der Post schon ein Jahr oder länger zurücklag. Aber er war sicher gewesen, dass Arcadius auf ihn warten und ihn in seinem Heim aufnehmen würde.
Dieses Versprechen hatte ihnen in jener ersten, schrecklichen Nacht der Flucht aus dem brennenden Verulamium Kraft gegeben – in den ersten trostlosen Stunden, als sie im Freien zu schlafen versuchten und sich vom Strom der Flüchtlinge, den weinenden Kindern und hinkenden Invaliden, den Betrunkenen fern hielten –, und es hatte ihnen geholfen, die Tage und Nächte ihres unablässigen Marsches nach Westen durchzustehen, während Carausias und Severus ihr letztes Geld für ein wenig Nahrung, Wasser und einen Schlafplatz in
Weitere Kostenlose Bücher