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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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mittlerweile über die Vorgeschichte der Katakomben und ihre zeitweiligen Untermieter wissen. Aber was ist mit diesem zweiten, kleineren Schatten, der uns gestern begegnet ist?« Er wies in den Abgrund, dessen Boden Schritt für Schritt näher kam. »Glaubst du etwa, unser Ghoul hat einen menschlichen Komplizen?«
    »Nun, ich hatte in der letzten Zeit recht wenig mit Ghoulen zu tun«, gab Jorge weltmännisch zurück. »Ich bin mir daher nicht ganz sicher, wie sie so drauf sind. Aber …«
    »Schon gut, vergiss es!«
    Schweigend nahmen sie Treppenwindung um Treppenwindung. Hippolit spürte, wie die Anspannung in seinem Innern mit jeder Stufe wuchs. Er hasste es, nicht zu wissen, was vor ihm lag.
    Instinktiv suchten seine Hände nach den thaumaturgischen Hilfsmitteln, die strategisch geschickt im Innern seines Gewandes deponiert waren: dem Hexalyt, der nahezu jedes Ritual verstärken würde; dem Dutzend Silberkugeln, die er in der Pension mit einem Beschleuniger höchster Stufe belegt hatte und die sich mittels einer einzigen Silbe in tödliche Geschosse verwandeln ließen; einem Amulett, über das er eine Besinnung mittlerer Stärke gewirkt hatte, für den Fall, dass Jorge oder er selbst im Kampf das Bewusstsein verlören; und nicht zuletzt nach seiner bewährten, schmerzverstärkten Klinge, deren Intensität er auf ein Höchstmaß gesteigert und die er zusätzlich mit einem Effektverzögerer versehen hatte. Jede Wunde, die er nun mit der bläulich glimmenden Klinge schlug, würde sich über einen langen Zeitraum nicht schließen und dem Opfer dauerhaft Schmerzen verursachen, als stecke die Waffe noch in seinem Fleisch.
    Im Grunde war er bestens gerüstet, fand Hippolit. Hinzu kamen Jorges Fäuste und der geborgte Zerstörer. Kein Grund also, sich Sorgen zu machen.
    Ein schrilles Fiepen riss Hippolit aus seinen Gedanken. Er schrak zusammen und wühlte instinktiv in seinen Taschen nach Silberkugeln und Klinge. Erst als er Jorges Stimme dicht hinter sich vernahm, dämmerte ihm, woher das Geräusch gekommen war, und er entspannte sich wieder.
    »Pompom wüsste gern, was du vorhin über den Sarg vor dich hingenuschelt hast, den du gestern da unten entdeckt hast.«
    »Wie bitte?«
    »Hast du nicht gesagt, dir wäre zwischenzeitlich der Zweck all dieses thaumaturgischen Gerumpels klar geworden?«
    »Ach, das.« Mit einer gewissen Erleichterung erreichte Hippolit das Ende der Treppe und betrat den Grund des Treppenschachtes. Gleichzeitig ließ er den Glutglobulus so grell aufflammen, dass die Stollenmündung auf der gegenüberliegenden Seite, die in den von Ghoulen angelegten Teil des Stollenlabyrinthes führte, weithin ausgeleuchtet wurde.
    Niemand versteckte sich diesmal dort.
    »Ich denke tatsächlich, dass ich weiß, zu welchem Zweck Sarkophag und Urnen dort aufgebaut wurden.«
    Die Eingebung war Hippolit um die Mittagszeit herum gekommen, als er sich für wenige Stunden hingelegt hatte, um etwas Schlaf nachzuholen. Beim Eindösen war ihm endlich klar geworden, was der gedankliche Ratschlag seines alten Mentors, Meister Merthin, zu bedeuten hatte.
    »Gegen Ende des Ersten Zyklus lebte in Pemil, einer kleinen Stadt nordwestlich von Nophelet, ein Thaumaturg von immensem Wissen und Talent«, hob Hippolit an, während er den Clutglobulus einige Armlängen über ihren Köpfen im Schacht fixierte. »Meister Behemal, so sein Name, hatte es sich in den Kopf gesetzt, die nekromantischen Forschungen Pogorschals fortzuführen, eines Thaumaturgen, der sich gut zweitausend Jahre zuvor an der Wiedererweckung toten Lebens versucht hatte.«
    »Der Name klingt irgendwie vertraut«, verkündete Jorge, der ebenfalls den Boden des Schachts erreicht hatte und mit konzentriertem Blick am Rohr des Zerstörers herumfummelte.
    »Dass du dich daran erinnerst!« Hippolit warf seinem Assistenten einen überraschten Blick zu. »Meister Pogorschal gilt als Erfinder des Rituals der Finalen Stunde, das die Erinnerungen eines Toten an die letzten Augenblicke seiner Existenz in das Hirn eines Lebenden zu übertragen vermag.«
    Jorge verzog das Gesicht. »Kein Wort mehr, bei Batardos! Ich bin während unseres letzten Falles unmittelbarer mit dieser perversen Erfindung in Berührung gekommen, als mir lieb war. Das reicht mir für den Rest meines Erwischerlebens.«
    »Jener Meister Behemal wollte sich jedenfalls nicht mit der Unmöglichkeit abfinden, ein menschliches Wesen – die Gesamtheit seiner Erinnerungen, seiner Körperlichkeit und seines freien

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