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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Glutglobulus betraten sie den Tunnel und erreichten rasch die Kreuzung, an der sich ihre Wege beim letzten Besuch unbeabsichtigt getrennt hatten.
    Ohne zu zögern, wandte sich Hippolit nach links.
    »Noch mal zurück zu diesem Ritual«, übertönte Jorge von hinten das Scheppern, mit dem der sperrige Kanister des Zerstörers bei jedem seiner Schritte gegen die raue Steindecke stieß. »Wenn in den zwölf Eimern tatsächlich die Herzen der ermordeten Orks lagen, müsste es doch theoretisch unser ghoulartiger Mörder gewesen sein, der den ganzen Kram dort aufgebaut hat, oder?«
    »Das ist der einzige Punkt, der mir noch nicht recht klar ist«, gab Hippolit zu. »Soviel ich weiß, sind Ghoule grundsätzlich nicht versiert. Ihre bemerkenswerte Fähigkeit zur Impersoni-Bkation von Toten wird gemeinhin biologischen Prozessen zugeschrieben, nicht thaumaturgischen. Darüber hinaus soll ihr Verstand kaum weiter entwickelt gewesen sein als der jener großen Affen, wie sie im Dschungel von Tribeka existieren. Ich glaube nicht, dass ein Ghoul in der Lage wäre, einen komplexen Versuchsaufbau zu rekonstruieren, geschweige denn, das zugehörige Ritual abzuhalten.«
    Ein leises Quieken, gedämpft durch eine dicke Schicht lederner Kleidung, erfüllte den Tunnel.
    »Pompom sagt, sie kennt da ein altes Trollsprichwort«, verkündete Jorge. »Es geht so: Wer sich einmal täuscht, was Ghoule angeht, der kann sich auch ein zweites Mal täuschen.«
    Hippolit erwiderte nichts, beschleunigte lediglich seine Schritte.
    Wenige Augenblicke später tauchte der Eingang des kleinen Gewölbes vor ihnen auf. Auf der Schwelle blieb Hippolit so ruckartig stehen, dass Jorge von hinten gegen ihn prallte.
    »Was ist los, M.H.?«, flüsterte er. »Soll ich meinen Zerstörer entsichern?«
    Hippolit bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu schweigen.
    In der Luft hingen thaumaturgische Energien, wie sie nur bei einem kürzlich durchgeführten Ritual freigesetzt worden sein konnten – in so großen Mengen, dass Hippolit sie sogar ohne Signaturprüfung körperlich spüren konnte!
    Ganz langsam machte er einen Schritt in den Raum hinein.
    Sofort erkannte er, dass hier seit seinem letzten Besuch einiges geschehen war: Auf dem Boden vor dem Sarkophag standen etliche Schüsseln und Behälter, manche auf Dreifüßen über Kohlebecken, andere in drehbaren Gestellen, die mit wenigen Handgriffen das Vermischen der darin enthaltenen Flüssigkeiten ermöglichten.
    Aus den Öffnungen der zwölf Urnengefäße, die nach wie vor in einem exakten Kreis standen, stiegen schwärzliche Rauchspiralen auf. In der Luft lag ein beißender Geruch nach Exkrementen, verbranntem Fleisch und fauligen Blumen.
    Die Steinplatte schließlich, die den Sarkophag verschlossen hatte, lag seitlich auf dem Boden; eine Ecke war gesplittert, als wäre der Deckel in großer Hast und mit enormer Kraft beiseitegestoßen worden.
    »Blaak«, stieß Hippolit hervor. »Wir kommen zu spät!«
    »Kannst du mir mal erklären, was das alles soll, M.H.P«, erkundigte sich Jorge und ging in die Hocke, um eine der Urnen zu untersuchen.
    Hippolit wollte etwas erwidern, als er plötzlich ein leises, rhythmisches Geräusch vernahm, entfernt und verzerrt durch das Echo gewundener Stollengänge, dennoch unverkennbar.
    »Schritte«, zischte er und deutete auf die Öffnung in der gegenüberliegenden Mauer. »Jemand flieht durch diesen Gang dort!«
    Mit raschen Sätzen durchquerte er den Raum.
    Jorge sprang vom Boden auf und hetzte hinter Hippolit und dem voranschwebenden Glutglobulus her. »Deine Theorie war übrigens richtig, M.H.«, verkündete er, als sie die Tunnelmündung erreichten. »In der Vase war so ein faustgroßes, verschrumpeltes Ding. Sah aus wie ein zu lang geschmortes Stück Braten.« Donnernd krachte der Kanister auf seinem Rücken gegen eine der eng stehenden Wände. »Ich habe oft genug Innereien gegessen, um mit ziemlicher Bestimmtheit sagen zu können, dass es sich um ein Herz gehandelt hat. Und es schwamm in so einer schlierigen grünen Pampe …«
    »Vermutlich eine thaumaturgisch aufgeladene Nährflüssigkeit, um es zu konservieren«, stieß Hippolit zwischen hektischen Atemzügen hervor. »Immerhin hat unser Orksammler mehr als eineinhalb Zenite gebraucht, bis er das benötigte Dutzend beisammen hatte.«
    Er bremste abrupt, als vor ihnen eine T-Kreuzung aus dem Dunkel auftauchte. Jorge schloss auf und starrte keuchend von einem der Gänge zum anderen. »Hörst du noch was?«, flüsterte

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